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EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller

EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller

Titel: EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Korten
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ihnen vor und nannte seinen Namen: Max Gavaldo. Er hatte eine warme, klangvolle, tiefe Stimme.
    Als er seinen Blick auf Anna richtete, wurden die Anwesenden für sie zu bedeutungslosen Schemen.
    Er nahm ihre Hand und berührte sie sanft mit den Lippen.
    Beim Abendessen saßen sie sich gegenüber. Jedes Mal, wenn er den Kopf hob und in ihre Richtung schaute, trafen sich ihre Blicke, und Anna errötete. Er war höflich und zuvorkommend, schenkte ihnen Cola und Wasser ein und unterhielt sie mit Anekdoten aus seiner Heimat.
    Später am Abend, als sie im Schlafraum in ihren Betten lagen, sagte Anna träumerisch: „Ich habe das Gefühl, dass ich ihn schon mal gesehen habe, ihn sogar kenne. Er kommt mir so vertraut vor, obwohl wir uns noch nie begegnet sind.“
    „Du hast Gründe gesucht, dich nach dem Abendessen nicht verabschieden zu müssen. Ich konnte deine Gedanken lesen: Wie überstehe ich die Nacht und den nächsten Tag, ohne Max’ Stimme zu hören?“ Mathilda prustete vor Lachen.
    „Du bist gemein! Ich finde ihn sehr nett!“
    „Quatsch! Nett! Pah! Du bist verknallt. Ich habe euch beobachtet. Du hast ihn heimlich angestarrt. Das war schon fast peinlich.“
    Anna warf ihr ein Kissen an den Kopf.
    „Du bist erst vierzehn“, sagte Mathilda und sah sie liebevoll an. „Der ist doch viel zu alt mit seinen vierundzwanzig! Ein Opa!“
    Anna knipste das Licht aus. „Gute Nacht, Mathi. Schlaf gut!“
    „Gute Nacht.“
    „Mathi?“
    „Was?“
    „Meine Großmutter sagte mir mal, dass der erste Blick den Zauber der Liebe offenbart.“
    „Du liebe Güte, was kommt denn jetzt?“
    „Er hat mich verzaubert.“
    „In Ordnung, aber mach jetzt die Augen zu und halt den Mund.“
    ***
    Vierzehn Tage später begleitete Pater Mateo Anna und Mathilda zum Wagen, der sie zum Bahnhof bringen würde.
    Er sah sie liebevoll an. „Ihr seid hier immer willkommen. Vergesst das nicht. Möge Gott mit euch sein.“
    „Mathilda glaubt nicht an Gott.“
    „Aber dafür mag ich ihn “, sagte Mathilda, zeigte mit dem Finger auf Pater Mateo und streckte Anna die Zunge heraus.
    „Ihr könnt euch im Wagen weiter streiten. Der Zug wartet nicht“, sagte Mateo.
    „Sie werden uns fehlen, Pater“, sagte Anna und schubste Mathilda an.
    „Ja, ihr mir auch. Ganz ehrlich.“
    Mathilda stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Auch Anna umarmte den Pater und gab ihm einen Abschiedskuss.
    Während der Wagen die Auffahrt des Convento in Richtung Bahnhof verließ, schaute sie sich noch einmal um. Mateo stand mitten auf der Straße und winkte ihnen zu.
    „Er hat mir die Angst genommen, die ich nicht genau erklären konnte. Er sagte, die Angst ist ein Bestandteil der Trauer.“
    Mathilda legte ihren Arm um ihre Schultern. „Wenn die Angst dich wieder quält, sprichst du mit mir, und wir werden uns dann gemeinsam an den Jasminduft der Klostergärten erinnern, ja?“
    „Irgendetwas sagt mir, dass ich Pater Mateo wiedersehen werde.“
    Mathilda stieß sie lächelnd an. „Und was ist mit dem jungen Mann, den wir beim Abendessen kennengelernt haben?“
    „Was soll schon sein? Ich werde ihn heiraten!“
    Mathilda starrte ihre Freundin mit offenem Mund an, aber die grinste nur.
    „Mach den Mund zu, Mathilda. Es zieht!“

Teil II
Anna
    Wir stärken, solange wir jung sind,
    unsere Seelen mit Hoffnung;
    die Stärke, die wir so erwerben,
    Befähigt uns später, Verzweiflung zu ertragen.
    Thornton Wilder,
    Der achte Schöpfungstag. Prolog

Kapitel 20
    1999 – Brasilien
    Am Nachmittag gegen halb vier türmten sich am fahlen Himmel Sturmwolken wie Blöcke aus blaugrauem Eis. Die Mauer aus grüner Vegetation zu beiden Seiten des Flusses wurde düster und abweisend, ein Abbild seiner momentanen Stimmung.
    Jakob saß in seinem kleinen offenen Boot mit Behelfsmotor und unternahm eine Fahrt durch das riesige Labyrinth von Flüssen und Wäldern des Amazonas, um noch vor dem Sturm die abgelegene Hütte des Kautschuksammlers zu erreichen.
    Er kannte die Gegend sehr gut und versuchte, durch Abkürzungen Zeit zu gewinnen. Die niedrigen Ufer lagen drei bis vier Meter unter Wasser. So konnte er, solange es hell genug war, eine ganze Reihe von Flussbiegungen abschneiden, indem er zwischen den Bäumen hindurchfuhr. Das gefährliche Unterholz lag weit unter seinem Kiel. Mehrere Donnerschläge rings um ihn herum schüttelten die Blätter von den Bäumen, und dann senkten sich die Wolken so tief, dass er kaum zehn Meter weit sehen konnte und

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