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Eiskalte Versuche

Eiskalte Versuche

Titel: Eiskalte Versuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: McCall Dinah
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versuchte zu lachen. Heraus kam eher ein Schluchzen. Tief verzweifelt sank sie auf die Knie, schlug die Hände vor das Gesicht und weinte. Das Wasser prasselte auf ihren Kopf, lief über ihr Gesicht und vermischte sich mit den Tränen. Mit geschwollenen Augen und schmerzendem Kopf richtete sie sich endlich wieder auf und schrubbte ihre Haut, bis sie rot war. Noch während sie aus der Dusche trat, wurde ihr bewusst, dass ihre Handlung symbolisch gewesen war und weniger der Reinigung gedient hatte.
    Beim Abtrocknen hörte sie das Läuten des Telefons im Wohnzimmer. Sie wollte losgehen und abheben, dann dachte sie an Jack und änderte ihren Entschluss. Nach einer Weile hörte das Klingeln wieder auf. Sie rubbelte ihr Haar trocken, wickelte sich in einen Bademantel aus dickem Frottee und stieg in ihre Lieblingshausschuhe. Dann ging sie in die winzige Küche.
    Als sie Wasser zum Kaffeekochen aufsetzte, traf ein Windstoß das Fenster und rüttelte an den Läden. Isabella blickte nach draußen. Sie erschauerte. Die dunklen Wolken, die sich oben in den Bergen zusammengebraut hatten, waren herangenaht. Für Schneefall bis in die Täler war es noch zu früh, aber der Regen würde kalt sein. Morgen war mit schlechtem Wetter zu rechnen. Es passte gut zu ihrer Stimmung.
    Kurz vor Sonnenaufgang stand Wasili Rostow auf. Er wühlte in seinem Gepäck nach dem Telefon und warf einen Blick nach draußen zum heller werdenden Horizont, um die Uhrzeit zu schätzen. Dann zuckte er mit den Achseln. Es spielte keine Rolle, wie spät es in Montana war. Er wollte zu Hause anrufen und war inzwischen so lange fort, dass er den Zeitunterschied vergessen hatte.
    Er setzte sich aufs Bett, tastete eine Ziffernfolge ein und wartete, dass jemand abnahm. Zu seiner Erleichterung dauerte es nicht lange. Weil er verhindern wollte, dass man ihn in seiner Muttersprache reden hörte, sprach er mit gedämpfter Stimme.
    „Hier ist Rostow.“
    „Haben Sie Neuigkeiten?“
    Rostow räusperte sich. „Er ist tot.“
    Es folgte eine lange Pause – beredetes Schweigen, das seine Furcht nicht beschwichtigte.
    „Sind Sie noch da?“ fragte er.
    „Das wollten wir nicht hören.“
    Rostow seufzte. „Meinen Erwartungen hat es auch nicht entsprochen.“
    „Wie ist es passiert?“
    Wieder zögerte Rostow. Er war nicht sicher, wie er erklären sollte, was schief gegangen war. Schließlich entschied er sich für die Wahrheit.
    „Er hat sich umgebracht, als wir miteinander sprachen.“
    „Erklären Sie das!“
    Die Stimme seines Vorgesetzten bekam einen zornigen Beiklang, aber die große Entfernung verlieh Rostow einen gewissen Mut.
    „Er warf einen Blick in mein Gesicht und wusste Bescheid.“
    „Hat er Sie erkannt?“
    „Er begriff, in welcher Mission ich unterwegs war.“
    „Und deshalb hat er den Freitod gewählt?“
    „Er wusste, ich würde ihn nach Russland zurückbringen. Seine Entscheidung war, nicht mitzukommen. Ganz einfach.“
    „Wann ist das passiert?“
    „Vor einer Woche. Jetzt bin ich in der Stadt, in der er gelebt hat. Ich habe seine Wohnung durchsucht, aber außer der Tatsache, dass er ein alter sterbenskranker Mann war, nichts gefunden.“
    „Sterbenskrank? Ich dachte, Sie hätten gesagt, er sei tot.“
    „Ich habe Grund zu der Annahme, dass er Krebs hatte. In seinem Gepäck befanden sich entsprechende Medikamente. Deshalb bin ich zu dem Schluss gekommen, dass er lieber hier durch eigene Hand gestorben ist, statt sein Ende in einem Verhörzimmer in Russland zu finden.“
    „Hat er mit anderen Personen in einem Haushalt gelebt?“
    Rostows Puls überschlug sich. Die Frage konnte alles Mögliche beinhalten, doch eine Ahnung sagte ihm, dass sein Vorgesetzter nicht von einer Ehefrau sprach.
    „Es gibt dort ein etwas merkwürdiges Hotel, in dem die unterschiedlichsten Leute wohnen. Er hatte im obersten Stockwerk eine Suite für sich allein. Ich war dort und habe nichts von Bedeutung finden können.“
    „Dann ist die Sache abgeblasen. Sie wissen, was Sie als Nächstes zu tun haben?“
    „Ja“, antwortete er. „Das weiß ich.“
    „Nach Ihrer Rückkehr melden Sie sich in meinem Büro.“
    „Nach meiner Rückkehr“, wiederholte Rostow und war sich klar bewusst, dass dieser Fall nie eintreten würde. Er hatte versagt und das gewünschte Ergebnis nicht geliefert. Das würde ihm wenig Lorbeeren eintragen. Noch ein Grund, seinen eigenen Plan in die Tat umzusetzen. Er beendete das Gespräch und versteckte das Handy wieder in seinem Gepäck.

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