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EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)

EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)

Titel: EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Korten
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Kerzenlicht auf ihrem Rundgang über endlos lange Korridore. Es ist so kalt, so gruselig. Lukas liebt das schaurige Kerzenlicht. Er hat es mir erzählt.“
    Nein Anna, ich habe es dir erzählt.
    „Wann hat er es dir erzählt?“
    „Gestern Nacht.“
    „Was war gestern Nacht?“, fragte Kreiler.
    ***
    Lukas stieg unbemerkt aus dem Fenster seiner im Erdgeschoss liegenden Kammer, um sich von der Dunkelheit verschlucken zu lassen und zur Glastür des neben der Terrasse liegenden Zimmers zu huschen, in dem sie lag. Er nannte sie Dornröschen. Er sagte, er fühlte sich nicht als Prinz. Der Prinz war immer ein strahlender Mann und kein Krüppel. Aber der Prinz würde noch kommen, da war er sich sicher. Sie müsste nur warten. Aber bis dahin würde er sie beschützen.
    Lukas huschte zu ihrem Bett. „Hab keine Angst“, flüsterte er.
    „Wer bist du?“, fragte Anna.
    „Bobby. Ich bin dein Freund.“
    „Schön“, sagte Anna leise.
    Der Junge mit dem Teddy im Arm lächelte. „Reich mir deine Hand“, flüsterte er.
    Aber bevor sie sich aufrichtete, war er wieder in der Dunkelheit verschwunden.
    ***
    „In seiner Kammer weinte Lukas. Er weinte, weil er niemals mein Prinz sein konnte.“
    „Das hat er dir erzählt?“, fragte Kreiler leise.
    „Ja!“
    „Und du, was hast du ihm erzählt?“
    Anna runzelte die Stirn. „Ich habe etwas gesehen“, flüsterte sie. „Ein Mann ist über den Flur gehuscht. Er ist im Zimmer der Oberin verschwunden.“
    ***
    Das Mädchen rieb sich die Augen und erschrak, als es zur Seite blickte. Das Bett neben ihr war leer. Hatte der Junge ihre Freundin Sarah entführt? Sie war völlig verwirrt. Sollte sie der Oberin Meldung machen, deren Zimmer im ersten Stockwerk am Ende des Gangs lag? Sie stand auf, hastete den Gang hinunter, immer noch unschlüssig, was sie tun sollte, als sie plötzlich ein Geräusch zusammenzucken ließ. Es kam aus dem oberen Stockwerk. Sie schlich leise die Treppe hinauf und blieb vor dem Schlafzimmer der Oberin stehen. Zitternd öffnete sie die Tür einen Spaltbreit.
    Mit einem einzigen Blick registrierte sie alles: das offene Fenster, die wehenden Vorhänge, das Bett, das Kerzenlicht und einen nackten Mann, der Maria Luca dabei zuschaute, wie sie mit Peitschenhieben ihren entblößten Rücken erbarmungslos geißelte.
    Ihre Erstarrung löste sich. Das Mädchen flüchtete in Lukas’ Kammer, kroch neben dem Jungen unter die Bettdecke und rollte sich ein wie ein Embryo im Mutterleib.
    ***
    Anna schüttelte heftig den Kopf.
    „Nein“, beharrte sie und stützte sich auf die Ellbogen, während ihre Stimme vor Panik laut wurde.
    „Schsch … ist ja gut. Du bist jetzt bei mir.“
    Seine Stimme beruhigte sie. Langsam wich die Anspannung aus ihrem Körper und ihrem Kopf.
    „Nein, ich bin nicht dieses Mädchen!“, sagte sie trotzig.
    „Schsch …“
    Anna hatte sich immer mal wieder aufgesetzt und ihre Kleinmädchenbeine baumeln lassen, zu verängstigt, um ihn länger als einen Augenblick anzusehen, eine wunderschöne Frau, jetzt unter seiner Führung ein Kind mit glatten blonden Haaren und hellblauen, seelenvollen Augen, die viel zu viel wussten für jemanden in diesem Alter, Augen, die erahnen ließen, wie viel menschliche Grausamkeit sie in ihrem jungen Leben schon gesehen hatte. Maria Luca war längst tot, doch sie hatte erwachsenes, fremdes Wissen in ihr zurückgelassen. Das war der Grund, weshalb das Kind Anna sich während der Sitzung regelmäßig kleine Verletzungen zufügte und sich mit ihren Fingernägeln die Handgelenke aufkratzte, um zuzuschauen, wie das Blut hervorquoll. Er wusste: Eine Sechsjährige hatte keine Worte für das Grauen, den unaussprechlichen Schmerz und die Verzweiflung, wenn jemand in ihr innerstes Wesen eindrang und sie quälte. Sich mit eigener Hand zu verletzen bedeutete, eine Geschichte ohne Worte zu erzählen.
    „Ich möchte, dass du jetzt wieder zurückkehrst, Anna. Atme tief ein. Die Luft ist klar, das Wasser ist klar. Du gehst den Weg am Bach entlang, gehst über die Wiese. Du nimmst den Duft der Blumen auf. Ich zähle bis fünf. Eins … zwei … drei …“
    Wenig später reichte Kreiler ihr einen Kaffee und spielte ihr einige Ausschnitte der Aufzeichnung vor.
    „Ich verstehe das alles nicht, Jörg. Das soll ich gesehen haben? Niemals. Daran würde ich mich doch erinnern.“
    Stimmt! Du warst vollkommen weggetreten. Ich habe deine Erinnerung um diese Suggestion ergänzt. Du hast geglaubt, es wirklich gesehen zu haben, kreischte

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