EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)
Aufnahmen der Opfer an, die er an der Pinnwand befestigt hatte, dann blätterte er die Obduktionsprotokolle der ersten drei Morde durch.
Todesursache: Verbluten. Übereinstimmendes Merkmal bei zwei Opfern: hervorgequollene Augen und Klebestreifenspuren am Hals. Der Mörder hatte ihnen also einen Plastikbeutel über den Kopf gezogen.
Hirschau nahm die Aufnahme von Mirko Selicz in die Hand. Er hat zugesehen, wie du stirbst, dachte er. Die Leichenflecke zeigten, dass er nach dem Eintritt des Todes noch etwa eine Stunde auf dem Rücken gelegen hatte. Aber gefunden wurde er in sitzender Position. Warum machte der Täter das nur?
Hirschau kritzelte einige Daten in sein Notizbuch, dann nahm er den Autoschlüssel aus seiner Schreibtischschublade und zog seine silbergraue Lederjacke über. Mit geschmeidigen Schritten verließ er das Gebäude.
Während er Richtung Autobahn fuhr, gingen ihm die Worte seines Vorgesetzten durch den Kopf.
„Suchen Sie Jerec Salomon in Berlin auf. Er wird Ihnen die notwendigen Hintergrundinformationen zur Malinka-Organisation und ihren Mitgliedern geben. Und er wird Ihnen etwas über Menschen wie Richter Kollmann erzählen.“
***
Starnberg
Um ein Uhr morgens wurde Max von einem Geräusch geweckt. Anna, die vor zwei Tagen aus der Klinik entlassen worden war, lag nicht neben ihm. Er stand auf und sah nach Katharina. Sie schlief tief und fest.
„Anna?“
Aus dem Badezimmer kam Licht, und er ging hinein. Der Duschvorhang war zugezogen. Vorsichtig schob er ihn beiseite. Die Wanne war mit roter und blauer Wachskreide vollgekritzelt. An den Wänden waren merkwürdige schwarze Zeichen angebracht. Er hörte seine Frau wimmern. Sie hockte in einer Ecke des Badezimmers und weinte.
„Verdammt noch mal! Schau, was du gemacht hast!“
„Das war ich nicht“, flüsterte sie. „Wieso starrst du mich denn so entsetzt an. Ich war das nicht!“
„Warum machst du so etwas, Anna?“, flüsterte er.
„Das war ich nicht.“
„Aber hier ist niemand, nur wir beide.“
Sie schluchzte heftig.
„Na schön, aber wenn du es nicht warst, wer denn dann?“
„Das war Katharina“, sagte sie leise.
„Katharina schläft, Anna. Du hast diese Schweinerei angerichtet“, schrie er. „Du! Und morgen gehst du zu einem anderen Arzt. Und wenn ich aus Warschau zurückkomme, reden wir über eine Einweisung in eine Klinik. Haben wir uns verstanden?“
Anna nickte.
Wortlos ging Max an ihr vorbei. Sie kam ihm nach ins Schlafzimmer.
„Verlässt du mich, Max? Lässt du mich im Stich?“
Er warf ihr einen wütenden Blick zu, knallte die Tür zu und verließ in einem Jogginganzug das Haus.
Kapitel 25
München, Samstagmorgen
Benedikt van Cleef wurde durch das schrille Läuten des Telefons unsanft aus dem Schlaf gerissen. Er griff zum Hörer und lauschte den Worten des Anrufers. Blinzelnd blieb er noch einen Moment im Dunkeln liegen, sammelte seine Gedanken und wehrte sich gegen den Drang, wieder einzuschlafen. Das Zifferblatt seines Weckers zeigte Viertel nach sechs.
Er blickte kurz zu Mathilda, die sich im Schlaf umdrehte, und küsste ihre Stirn. „Bleib liegen, mein Schatz“, flüsterte er.
Die vergangene Nacht hatte ihm nur fünf Stunden Schlaf beschert. Er holte tief Luft, nahm alle Kraft zusammen, schwang sich aus dem Bett, ging ins Badezimmer, klatschte sich Wasser ins Gesicht und zog sich an. Er trank zwei Tassen Kaffee, fand die Wagenschlüssel in der Tasche seiner Jeans und fuhr, vom Koffein inzwischen hellwach, durch den Berufsverkehr zum Tatort in der Eichkapellenstraße.
Christian Neumann wartete bereits in seinem Fahrzeug auf ihn. Van Cleef nahm seinen Regenschirm und lief durch den peitschenden Regen auf seinen Kollegen zu. Neumann hatte das Wagenfenster einen Spaltbreit geöffnet.
Van Cleef legte den Ellbogen aufs Dach, beugte sich zum offenen Fenster herab und fragte: „Und?“
„Wurde auch Zeit, dass du endlich kommst. Ich hoffe, du hast noch nicht gefrühstückt.“
„Toll. Das wollte ich hören.“
„Der bestehende Kanal in der Eichkapellenstraße wird zurzeit verlängert, um fünf Grundstücke an die städtische Kanalisation anzuschließen. Zudem erneuern die Stadtwerke Mühldorf in diesem Bauabschnitt die bestehende Wasserleitung sowie Hausanschlussleitungen. Bei einer Routineüberprüfung wurde die Leiche entdeckt. Es sieht dort drinnen ziemlich übel aus“, sagte Neumann.
Van Cleef trat zurück, als sein Kollege aus dem Wagen stieg. „Was haben wir denn?“
„Ein Mann,
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