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EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)

EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)

Titel: EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Korten
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auszustechen. Er wusste auch, wie: Mit einem Satz würde er bei ihm sein, ihn festhalten und laut auflachen, wenn die Spitze seines Messers zunächst Heptnas rechtes Auge traf. Er würde ihm den Mund zupressen, um seinen Schrei zu ersticken. Michail würde mit den Knien einsacken, und das Auge würde wie eine geplatzte rote Qualle auslaufen. Mit der anderen Hand würde er die Spitze des Eispickels weiter in die Tiefe drehen und den Schädelknochen durchbohren, und Blut und Knochensplitter würden aus der Höhle quellen, wo einst das Auge gewesen war.
    Erst wenn die Spitze des Eispickels das Gehirn durchdringt, lockere ich meinen Griff. Erst das rechte, dann das linke Auge. Und dann blase ich ihm eine Ladung Schrotkugeln ins Gesicht und lasse ihn liegen.
    Er dachte an Florenz und beschwor das Bild des Gemüsehändlers mit seinem wütenden Blick herauf. Sein Herz raste. Mit einer Hand zog er den Kopf des alten Mannes an den Haaren hoch, mit der anderen hielt er den Eispickel. Machtgier durchströmte ihn warm und schwer wie dunkler Wein. Er sah zu Andrej. „ Ty jeste ś gotowy? Bist du so weit?“
    Andrej Heptna sah weg.
    „Sieh gefälligst hierher, oder soll ich mit dir anfangen?“
    Andrej gehorchte. „Ja, jestem gotowy. Ich bin so weit.“
    Wenig später präsentierte er Andrej den Augapfel seines Vaters und verabreichte ihm erneut einen heftigen Schlag auf den Kopf.
    Der Pole zitterte und stieß einen gellenden Schrei aus. „Wyk ł ujcie im oczy!“
    Er legte einige Schnipsel der Krasinski-Akte auf den Küchentisch, ein kleiner Hinweis, ein Rätsel, das gelöst werden wollte. An die Tür des Kühlschranks heftete er eine Notiz.
    Rozprujcie im brzuchy! Schlitzt sie auf! Wyk ł ujcie im oczy! Stecht ihre Augen aus!
    Genau so war er mit dem alten Mann verfahren. Mit Andrej Heptna hatte er indes noch etwas Besonderes vor.
    Er schulterte den bewusstlosen Körper und trug ihn aus der Wohnung.
    „ Zabij go. Auftrag erledigt.“
    ***
    Er hätte nicht gewusst, wie das Märchen von den zwei auf einer Insel lebenden dummen Fröschen besser umzusetzen gewesen wäre, als es ihm mit den Heptnas gelungen war. Die beiden Frösche aus Japan hatten sich auf dem Weg gemacht, um zu erfahren, was wohl hinter dem Berg war, der ihnen die Sicht versperrte. Keiner von ihnen hatte eine Vorstellung, was dort sein könnte, aber die Neugier leitete sie. Der eine kam von der Flussseite, der andere von der Stadt auf der entgegengesetzten Seite des Berges. Oben angekommen, trafen sie sich. Sie erzählten sich ihre Wünsche, sagten einander, es würde sich nicht lohnen weiterzugehen, es gäbe nichts Außergewöhnliches auf der anderen Seite des Berges. Und somit ging jeder wieder seinen Weg zurück, ohne jemals zu erfahren, ob die Stadt oder der Fluss nicht doch ein Ort zum Träumen war.
    Seine Mutter Ludmilla hatte ihm die Geschichte erzählt, damit er immer mit beiden Beinen auf dem Boden blieb, sein Ziel immer im Auge behielt und sich durch nichts und niemand davon abhalten ließ, es auch zu erreichen.
    Sie waren arm und stolz. Wenn die einfache Landarbeiterin körperlich erschöpft nach Hause kam, vergaß sie nie, Pawel etwas mitzubringen: einen Apfel, eine Birne oder Erdbeeren. Die liebte er besonders. Er hatte nie einen Vater gehabt, der sie ernährte. Großmutter Dónya kümmerte sich um ihn, wenn seine Mutter in den frühen Morgenstunden das Haus verließ. Doch mit ihrem Tod verloren sie ihr Zuhause; wenig später verlor seine Mutter ihre Arbeit. Kurz darauf starb sie im Moskauer Armenhaus.
    Seine Mutter ließ ein für sein Alter erstaunlich erwachsenes Kind im Waisenhaus zurück. Als die anderen Kinder dort ihn das erste Mal sahen, waren sie mächtig beeindruckt von ihm: Inmitten der quakenden Kakophonie war er ein Fels der Stille, und er spürte sofort, dass von ihm eine große Kraft ausging. Im Waisenhaus erreichte er den Gipfel der Zuversicht und eine gewisse Geborgenheit. Warum musste er gerade jetzt an jene Zeit denken? Weil einige dieser kleinen Frösche – diese aufgequollenen Dummgucker, die ihn damals im Waisenhaus angeglotzt hatten, als wollten ihre riesigen Augen beinahe ihren Kopf verschlucken – ihn später von seinem Platz zu verdrängen drohten, einem Platz, den er sich dort schwer hatte erkämpfen müssen, bevor niemand mehr es wagte, sich mit ihm zu messen.
    Als Michail und Andrej Heptna mit dem Gesicht auf dem Boden lagen, hätte er den beiden Fröschen liebend gern das Genick umgedreht, so dass ihre Augenhöhlen

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