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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf S. Dietrich
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Weg zum Arbeitsplatz zum ersten Mal bewusst. Eine seltsame Stimmung lag über dem Gelände. Während gewöhnlich laute Stimmen, Rufe und Gelächter den Weg zur Produktionshalle begleiteten, weil man sich über die Fußballergebnisse vom Vorabend oder das Fernsehprogramm auseinandersetzte und einige Männer mit anzüglichen Bemerkungen die Schlagfertigkeit der Frauen herausforderten, war heute nur gedämpftes Gemurmel zu vernehmen. Wahrscheinlich wogen die Kolleginnen und Kollegen die Chancen für Evers’ Plan ab.
    Im Büro waren die Sekretärinnen damit beschäftigt, den Arbeitstag vorzubereiten. Rodriguez grüßte und fragte nach Evers. Sie zuckten die Schultern. „Bei uns hat er sich noch nicht sehen lassen.“
    „Das verstehe ich nicht.“ Er deutete auf die Tür, die zum Büro des Betriebsratsvorsitzenden führte. „Vielleicht war er schon vor euch da. Sein Auto steht nämlich auf dem Parkplatz.“
    Nein, in seinem Büro ist er nicht, da hat Elvira gerade was reingelegt. Aber er muss schon hier gewesen sein. Es war nicht abgeschlossen. Und sein Handy liegt auf seinem Schreibtisch.“
    Rodriguez bedankte sich, verließ den Bürotrakt und ging rüber zum Lager. Die Tür zur Kühlhalle war ebenfalls unverschlossen. Aber sie ließ sich nur einen Spalt öffnen. Etwas drückte von innen dagegen. Mit der Schulter presste sich Rodriguez gegen den Widerstand. Aber die Tür gab keinen Zentimeter nach.
    Irgendetwas stimmt da nicht . Unwillkürlich sah er sich um. Aber es war niemand in der Nähe, der ihm hätte helfen können.
    Die Nottür auf der gegenüberliegenden Seite ließ sich nur von innen öffnen. Und bei den herrschenden Temperaturen das große Rolltor hochzufahren, verstieß gegen alle Regeln. Ohne triftigen Grund konnte er sich darüber nicht hinwegsetzen. Also musste er Brütt informieren. Sollte der Geschäftsführer entscheiden. Den Schlüssel konnte er schon mal holen. Rasch kehrte Rodriguez zu den Büros zurück.
    „Ich brauche den Schlüssel für das Rolltor!“, rief er den Sekretärinnen zu. Plötzlich stand Peter Brütt in der Tür. „Was haben Sie dort zu tun? Sollten Sie nicht drüben in der Produktion sein? Noch ist der Betrieb nicht stillgelegt.“
    Er ließ sich nur ganz kurz irritieren. „Die Tür der Kühlhalle“, stieß Rodriguez dann hervor. „Sie lässt sich nicht öffnen. Irgendwas liegt davor. Innen.“
    „Das beantwortet meine Frage nicht.“ Brütts Stimme bekam einen drohenden Unterton. „Außerdem ist Evers für die Hallen zuständig. Sprechen Sie mit ihm.“
    „Mann.“ Rodriguez stöhnte. „Das ist es ja gerade. Er ist nicht da. Nur sein Auto. Und die Tür zur Halle war nicht abgeschlossen. Aber man kommt nicht rein, weil ...“
    „Ich komme mit.“ Brütt wandte sich um und ging voraus. „Kann doch nicht sein, dass um diese Zeit schon jemand in der Halle ...“
    Carlos Rodriguez folgte ihm mit einem halben Schritt Abstand.

6
    Als Jan die Augen aufschlug, brauchte er einige Zeit, um sich zurechtzufinden. Er lag unter einem Federbett, das er weder in der Kaserne noch zu Hause benutzte. Die schmale Zimmerdecke über ihm wurde von zwei Dachbalken gestützt. Durch ein kleines quadratisches Fenster, das von geblümten Gardinen umrahmt wurde, fiel fahles Licht in die Kammer. Auf der gegenüberliegenden Seite hing ein Gemälde. Eine Winterlandschaft.
    Plötzlich stürzte die Erinnerung auf ihn ein. Die endlose Fahrt über verschneite Straßen, der Marsch durch Sturm und Schneetreiben, die Skatrunde. Das Spiel mit dem Feuer.
    Susanne.
    Ein zugleich wohliges und beängstigendes Gefühl durchströmte ihn. Er hatte mit ihr geschlafen. Genauer gesagt: sie mit ihm. Auf unerhört schamlose Weise. Die Erinnerung beschleunigte seinen Pulsschlag. Jan glaubte sein Blut in den Adern rauschen zu hören. Mehr als Knutschen und Petting hatte er zuvor noch nicht erlebt. Sein erster Versuch, es mit einer richtigen Frau zu machen, war kläglich gescheitert. Er war nach Hamburg gefahren und in der Herbertstraße auf Sankt Pauli mit einer Frau handelseinig geworden. Doch es hatte nicht geklappt. Die Frau hatte ihn trösten wollen, doch er war davongerannt.
    Aber jetzt war etwas Besonderes geschehen.
    Er warf das Federbett zur Seite und sprang auf. Rasch zog er den Vorhang zur Seite. Eisblumen zierten die Scheiben von innen, von außen waren sie fast vollständig mit Schnee bedeckt. Es war kalt in dem kleinen Zimmer. Hastig schlüpfte er in seine Kleidung. Er musste dringend zur Toilette. Und ins

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