Eiskalter Sommer
fürchtet politische Verwicklungen.“ Die letzten beiden Worte sprach Christiansen aus, als nähme er etwas Unanständiges in den Mund. „Offenbar treibt den Landtagsabgeordneten die Besorgnis um, sein Name könnte im Zusammenhang mit den Ermittlungen genannt werden. Ostendorff und Krebsfänger kennen sich. Sie spielen zusammen Golf. Außerdem hat der Abgeordnete seine Beziehungen zum Innenministerium ins Spiel gebracht. Und nun frage ich Sie: Gibt es überhaupt einen Anlass – geschweige denn einen Grund für seine Befürchtung?“
Konrad Röverkamp und Marie Janssen sahen sich an. Dann schüttelten sie synchron die Köpfe.
„Nicht im geringsten“, stellte der Hauptkommissar fest.
„Es sei denn“, warf seine Kollegin ein, „der Herr Abgeordnete weiß mehr als wir.“
Christiansen warf ihr einen anerkennenden Blick zu. „Das ist die eine Möglichkeit. Die andere wäre, dass sich der Herr Ostendorff für bedeutender und wichtiger hält, als er ist. Wie dem auch sei – ich gehe davon aus, dass Sie beide bei Ihren Ermittlungen ohnehin behutsam und diskret vorgehen. Niemand muss befürchten, zu Unrecht in einen ungünstigen Zusammenhang gebracht zu werden, auch kein Abgeordneter. Und an die Presse geben wir Informationen aus laufenden Ermittlungen ohnehin nicht.“
Bei den letzten Worten hatte er Marie angesehen, die erneut errötete. „Natürlich nicht“, bestätigte sie.
„Gut.“ Der Kriminaloberrat erhob sich. „Dann ist der Punkt für mich erledigt. Wir werden den Staatsanwalt wie üblich auf dem Laufenden halten und im Übrigen unsere Arbeit machen, ohne uns von Außenstehenden beeindrucken zu lassen.“ Er sah von einem zum anderen. „Haben Sie noch etwas auf dem Herzen?“
Der Hauptkommissar und seine Kollegin verneinten und verabschiedeten sich.
„Es juckt mich in den Fingern“, sagte Konrad Röverkamp, als sie wieder in ihrem Büro an den Schreibtischen saßen, „diesen Abgeordneten mal ein wenig abzuklopfen. Wenn der sich wirklich für unsere Arbeit interessieren würde, stünde das zuerst in der Zeitung. Abgeordneter fördert Polizeiarbeit. Es gäbe ein paar unverbindliche Versprechungen, ein Foto mit dem Chef für die Presse, und das wär’s.“
„Glaubst du wirklich, dass etwas dahintersteckt?“
Röverkamp hob die Schultern und breitete die Arme aus. „Auf jeden Fall ist es seltsam. Und darum möchte ich zumindest ein bisschen mehr über Ostendorff erfahren. Könntest du uns mal zusammenstellen, was so alles über ihn bekannt ist? Politiker sind ja sehr mitteilsam. Also: Internetseiten, Wahlkampfbroschüren, Zeitungen. Alle zugänglichen Informationen auswerten. Lebenslauf, Familie, Beruf, persönliche Vorlieben. Und dann schauen wir mal, an welchen Stellen es möglicherweise Berührungspunkte mit unseren Fällen gibt. Ich rechne zwar nicht damit, aber man kann nie wissen. Würdest du das übernehmen?“
„Mit Vergnügen. Mich ärgert es, wenn solche Leute meinen, sie hätten besondere Rechte. Wenn herauskommen sollte, dass dieser Herr wirklich etwas zu befürchten hat, möchte ich ihm sehr gern auf den Zahn fühlen. Schon wegen Krebsfänger.“
„Den Staatsanwalt“, grinste Röverkamp, „hast du wohl besonders in dein Herz geschlossen.“
„Den habe ich gefressen“, bestätigte seine Kollegin. „Und es wäre mir ein Vergnügen, wenn dessen großspuriges Gehabe mal einen kleinen Dämpfer bekäme.“
„Dann wünsche ich dir guten Erfolg, Marie. Während du dich mit den Recherchen beschäftigst, werde ich mich um unseren Freund Fedder kümmern. Und um seine Beziehung zum Chefkoch des Cap Cux.“
„Willst du ihn noch mal in die Mangel nehmen?“
Röverkamp schüttelte den Kopf. „Vorerst nicht. Ich werde mich in dem Restaurant umhören. Vielleicht weiß dort jemand, was Jensen mit Fedder zu tun hatte. Zu den Stammgästen dürfte er jedenfalls nicht gehört haben.“
„Fedder hat übrigens nicht nur eine Tochter, sondern auch einen Sohn. Der engagiert sich bei einer Initiative gegen die Elbvertiefung. Und er steht in unserem Computer. Wurde auch mal wegen Körperverletzung angeklagt. Ich habe seine Akte ebenfalls angefordert. Lässt leider auf sich warten.“
Es klopfte. Bevor einer von ihnen reagieren konnte, stand ein Kollege in der Tür. Er winkte mit einem Aktenordner. „Dieses ist fürs K 1 abgegeben worden. Der Chef meinte, ich sollte es euch gleich bringen.“
„Gute Idee“, bemerkte Röverkamp und streckte die Hand aus. „Hätte eigentlich auch von
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