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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf S. Dietrich
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dir sein können.“
    Nachdem der Beamte das Gesicht verzogen und sich verabschiedet hatte, schlug der Hauptkommissar den Aktenordner auf. „Wenn man vom Teufel spricht ... Hier ist er schon.“
    „Christian Fedder?“
    Röverkamp nickte und überflog die wenigen Seiten. Als er aufsah, spiegelte sich eine Mischung aus Überraschung und Belustigung in seiner Miene. „Das ist eine tolle Geschichte. Du würdest sie nicht glauben, wenn sie nicht amtlich dokumentiert wäre. Und den Weg ins Restaurant Cap Cux kann ich mir auch sparen.“

    *

    Der junge Mann, den Christine Ostendorff gelegentlich für die Arbeit im Garten engagierte, hatte in diesen Tagen eher leichte Tätigkeiten zu verrichten, denn die sommerliche Trockenheit erlaubte keine größeren gärtnerischen Aktionen. Den weitläufigen Rasen hatte er schon am Abend zuvor gemäht; nun war er damit beschäftigt, Bäume und Sträucher zu wässern und die Rosenstöcke zu gießen. Tim hatte sein Hemd ausgezogen und über einen Ast gehängt und arbeitete in Shorts. Sein Oberkörper glänzte in der Sonne.
    Eigentlich sah er nicht aus wie ein Abiturient, der gerade die Schule hinter sich gebracht hatte. Eher wie ein junger Arbeiter, der es gewohnt war, zuzupacken und im Freien zu arbeiten. Allerdings besaß er trotz seines kräftigen Körperbaus ein fein geschnittenes Gesicht mit wachen blauen Augen und die Hände eines Klavierspielers.
    Christine beobachtete vom Fenster ihres Schlafzimmers aus das Spiel seiner Muskeln unter der gebräunten Haut, betrachtete dieses zugleich jugendliche und doch so männliche Wesen, das ihr plötzlich wie ein Wunder der Natur erschien, stellte sich für einen Moment vor, seine schmalen Hände würden über ihre Haut wandern und empfand plötzlich unendliche Sehnsucht nach Berührung.
    Um der Gefahr zu entgehen, in einen abenteuerlichen Traum zu versinken, schloss sie die Augen. Doch das machte es noch viel schlimmer. Sie sah Bilder, die nicht mit der gängigen Vorstellung von Anstand und Moral übereinstimmten und in jeder Hinsicht verboten waren.
    Rasch wandte sie sich um und widmete sich ihrer Garderobe. Für die bevorstehenden offiziellen Termine waren Entscheidungen zu treffen. Der 75. Geburtstag des Verkehrsvereins Stickenbüttel erforderte ein anderes Outfit als der Besuch des Theaterstücks „Das letzte Kleinod“ am Steubenhöft. Und über angemessene Kleidung beim Duhner Wattrennen sollte sie sich vielleicht auch schon mal Gedanken machen.
    Während sie ihre Kleider begutachtete, das eine oder andere anprobierte und mehr und mehr zu der Überzeugung kam, dass sie unbedingt nach Hamburg fahren müsste, um ihre Garderobe zu vervollständigen, machte sich in ihr das Gefühl breit, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie dachte nach und dann wusste sie es: Seit Julia und ihr Mann das Haus verlassen hatten, war Skipper nicht ein einziges Mal aufgetaucht. Gewöhnlich vergewisserte er sich regelmäßig, dass jemand von der Familie anwesend war.
    Christine trat ans Fenster. Tim hantierte mit dem Gartenschlauch und wandte ihr den Rücken zu. Skipper war nirgends zu sehen. Sie beugte sich hinaus, um nach ihm zu rufen. In dem Augenblick wurde ihr bewusst, dass sie unbekleidet am Fenster stand. Zu spät. Tim drehte sich um und sah mit großen Augen zu ihr hinauf.
    Erschreckt zurückzuspringen, erschien Christine lächerlich. Also blieb sie, wo sie war, und gab ihrer Stimme einen beiläufigen Ton. „Hast du Skipper gesehen, Tim?“
    Der Junge schüttelte den Kopf.
    „Kannst du mal schauen, wo er sich herumtreibt?“
    Tim nickte, legte den Wasserschlauch aus der Hand und lief über den Rasen zum hinteren Teil des Grundstücks. Dort unter den Bäumen und Büschen tauchten gelegentlich Kaninchen auf, denen Skipper gern nachstellte.
    Christine wandte sich wieder ihrer Garderobe zu. Zu ihrer eigenen Überraschung spürte sie weder Scham noch Reue. Stattdessen spiegelte ihr Lächeln ein gewisses Gefallen an dem Blick des jungen Mannes wider. Mit derart unverstelltem Begehren hatte sie lange niemand mehr angesehen. Die mühsam verdrängten Bilder kehrten zurück, und Christine spürte ein seltsames Vibrieren in ihrem Körper. Als hätte sich ihrer eine elektrische Spannung bemächtigt.
    In aufgeräumter Stimmung beendete sie ihre Kleiderschau und hängte alles zurück in die Schränke. Bis auf ein Bikinihöschen und ein seidenes Top. Für einen warmen Sommertag genau das Richtige. Und vielleicht nicht nur dafür .
    Auf der Terrasse ließ sie sich

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