Eiskaltes Feuer
Tür. „Ich habe heute noch in London zu tun. Heute Abend reise ich zunächst nach Mailand und morgen weiter an den Comer See. Packen Sie Ihre Sachen. Oder nein …“, er musterte sie noch einmal kritisch, „… packen Sie lieber nichts ein. Wir besorgen Ihnen eine anständige Garderobe.“
Bevor Alicia empört etwas einwenden konnte, verschwand er mit den Worten: „Ich warte um Punkt sieben Uhr vor dem Haus auf Sie. Ich warte fünf Minuten, keine Sekunde länger. Überlegen Sie sich, ob Sie es wirklich wagen wollen, mein Angebot auszuschlagen.“
6. KAPITEL
Alicia stand an der Haustür, eine Hand am Türknauf, in der anderen ihre kleine Wochenendtasche. Von draußen drang das leise Surren des Motors zu ihr herein. Der Wagen war fast auf die Sekunde pünktlich vorgefahren, genau wie Dante gesagt hatte. Die Zeit lief. Alicia konnte die Uhr förmlich ticken hören.
Panik stieg in ihr auf. Am liebsten hätte sie die Tasche fallen lassen, sich ins Bett verkrochen und vor der ganzen Welt versteckt. Vor allem vor Dante D’Aquanni. Doch sie war noch einmal im Krankenhaus gewesen und hatte gesehen, wie glücklich Melanie und Paolo miteinander waren. Wie sehr sie sich auf ihr Leben in der Stadt freuten. Sie wusste, sie konnte keine andere Entscheidung treffen. Ihr Schicksal war besiegelt. Sie atmete tief durch und öffnete die Tür.
Im selben Moment schwoll das Brummen des Motors an, und sie dachte voller Entsetzen, sie sei zu spät gekommen. Dann wurde der Motor gedrosselt, und der Chauffeur stieg aus. Auf der Rückbank erkannte Alicia schemenhaft eine dunkle Männergestalt. Mit zitternden Knien ging sie auf den Wagen zu.
Dante musste sich mühsam beherrschen, nicht aus dem Wagen zu springen. Er war sicher gewesen, dass sie nicht mehr kommen würde. Noch nie hatte ihn eine Frau derart auf die Folter gespannt. Bebend vor Zorn hatte er den Chauffeur angewiesen zu fahren, gerade als die Haustür aufging. Ein Gefühl, das er nicht näher ergründen wollte, durchströmte ihn wie eine warme Welle.
Alicia sah blass und irgendwie verloren aus, als sie zu ihm in den Wagen stieg. Sie trug wieder ihren Schlabberlook, ihr Haar war straff zurückgebunden. Ihr Anblick machte Dante nervös.
„Sie haben die richtige Entscheidung getroffen.“
„Als hätte ich die Wahl gehabt.“ Die Tür schloss sich hinter ihr, und sie waren allein im dunklen Fond des Wagens. Dante zwang sich, den Blick von ihr abzuwenden und scheinbar unbeteiligt aus dem Fenster zu sehen.
„Heute übernachten wir in Mailand. Für morgen früh habe ich sie in einer Boutique angemeldet“, informierte er sie, als sie im Flugzeug saßen. „Wir haben nicht viel Zeit für Ihr neues Styling. In drei Tagen reisen die Gäste an.“
Alicia setzte sich kerzengerade auf. „Ihnen ist hoffentlich klar, dass ich mir keine komplette Garderobe leisten kann. Ich würde Jahre brauchen, um sie abzuzahlen.“
Sie sah ungeheuer stolz aus, wie eine kleine Prinzessin. Dante verspürte ein unwillkommenes Ziehen in der Brust.
„Machen Sie sich keine Gedanken über die Kosten.“
„Tue ich aber. Es ist Verschwendung!“ Ihre Miene verfinsterte sich, als sie an die teure Designermode dachte, die Dante D’Aquanni vermutlich vorschwebte. Er sah es und wunderte sich. Noch nie hatte er einer Frau neue Kleider aufdrängen müssen.
„Eine Freundin von mir wird Sie beraten.“
Alicia stieß einen verächtlichen Laut aus. Eine Freundin? Wohl eher eine verflossene Geliebte …
„Sie ist achtzig Jahre alt und hat einen messerscharfen Verstand. Ich weiß, wie Sie über meinem Ruf als Frauenheld denken, aber deshalb brauchen Sie nicht jedes Mal das Gesicht zu verziehen, wenn von einer anderen Frau die Rede ist.“
„Aber dass man mich für Ihr neues Spielzeug halten wird, finden Sie in Ordnung?“
„Nach der Show, die sie abgezogen haben, ist das nur fair.“
Sie fuhr zu ihm herum. „Darf ich Sie daran erinnern, dass der Kuss von Ihnen ausging, nicht von mir?“
Dante hatte das unbehagliche Gefühl, sich verteidigen zu müssen. „Sollte ich zulassen, dass Sie in die Welt hinausschreien, ich hätte meine schwangere Freundin sitzen lassen, die noch dazu schwer verletzt im Krankenhaus liegt? Ich musste Sie doch irgendwie zum Schweigen bringen!“
Er hatte tatsächlich nichts von Melanies Unfall gewusst, das musste Alicia zugeben. Doch es störte sie gewaltig, dass er sich wieder einmal im Recht fühlte. Und es gefiel ihr gar nicht, dass sein Kuss nur ein geschickt
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