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Eiskaltes Herz

Eiskaltes Herz

Titel: Eiskaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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Bittendes. Bat sie mich etwa still darum, ihr Techtelmechtel nicht zu verraten?
    Ich fing an zu lachen.
    Der Camouflage-Typ nahm jetzt seinen Arm herunter. »Hörst du schwer?«
    »Ich höre nicht schwer«, schnappte ich. »Ich bin auch nicht blind. Ich mag ja Psycho-Lena sein«, das galt Vanessa, »aber ich bin weder blind noch taub noch blöd. Weiß Leander, was du hier machst?«
    »Hau ab«, sagte der Typ. Vanessa sagte gar nichts.
    »Du hast ihn nicht verdient. Er ist viel zu gutmütig, um dich zu durchschauen. Aber ich weiß, was du bist, Vanessa. Eine falsche Schlange.« Ich redete mich warm. Endlich konnte ich ihr mal die Meinung sagen. »Ich hasse dich, weißt du das? Und irgendwann wird Leander dich auch hassen!«
    Der Typ fing an zu lachen. Es klang, als ob jemand Kieselsteine auf ein Blech fallen ließ.
    Warum lachte der so blöd? Warum sagte Vanessanichts? Sie starrte mich nur mit ihren rehbraunen Lügenaugen an.
    Meine Blase drückte wie verrückt. Ich drehte mich ohne ein weiteres Wort um und stolperte durch den Wald, hockte mich irgendwohin kippte beim Pinkeln beinahe vornüber, rappelte mich wieder hoch und begab mich zurück auf die Wiese mit dem Feuer. Wo waren die alle? Tine und Gregor steckten die Köpfe zusammen, Leander war weg, Nadine und Julia hatten irgendwelche Jungs aufgerissen, Julia lachte gerade künstlich und Nadine machte einen auf cool und überlegen. Ich stürzte mich daher einfach ins Gewühl – tanzte, lachte, trank noch mehr, suchte Leander mit den Augen und fand ihn nicht, Vanessa ebenso wenig. Waren sie nach Hause gegangen?
    »Da bist du ja wieder.« Vor mir stand der Teufel, allerdings mittlerweile ohne Hörner, dafür mit lauter Flecken auf dem roten Kostüm. Er wirkte jetzt völlig nüchtern, seine Augen huschten nervös hin und her, das schwammige Gesicht zierte ein böser roter Kratzer.
    »Willst du dich mit mir da hinten ans Feuer setzen?«
    »Mit dir?« Der schien irgendwie zu glauben, dass uns etwas verband. Das Band der Ungeliebten oder so. »Nee, danke.«
    »Warum nicht? Bin ich dir auch nicht gut genug?« Jemand stieß ihn von hinten, er prallte an mich und nutzte die Gelegenheit rasch, mich linkisch zu umarmen. Jetzt reichte es mir aber. »Hau ab!«
    »Drink?« Ich sah hoch. Der Camouflage-Typ. Jetzt war er ganz freundlich. »Sorry wegen vorhin«, sagte er nur.
    Der Teufel trollte sich endlich.
    »Bin manchmal ein bisschen ruppig.« Der Camouflage-Typ reichte mir einen Becher und ich konnte sehen, dass er einen tätowierten Finger hatte.
    Der Drink war warmer Weißwein, der schal und sauer schmeckte. Ich kippte ihn trotzdem runter und verzog kurz das Gesicht. Das würde mein letzter sein. Wahrscheinlich hatte ich sowieso schon zu viel intus, ich konnte kaum noch gerade laufen.
    »Was'n das?«, fragte ich und deutete auf die Tätowierung, irgendein Insekt. »Mistkäfer?« Ich lachte.
    Der Typ zog mich plötzlich an sich. »Ein Skarabäus«, flüsterte er in mein Ohr.
    Ich schob ihn irritiert weg und ging weiter. Fehlte noch, dass der mich auch noch anfasste. Ein Abend für die Tonne, warum war ich überhaupt hierhergekommen?
    Das große Feuer war mittlerweile fast runtergebrannt, jetzt fiel mir auf, wie dunkel das hier war. Die Bäume schienen immer näher zu rücken, die schwarzen Äste wie Arme ausgestreckt. Ich setzte mich alleine ins Gras, mir war ein bisschen übel. Ich hatte echt zu viel getrunken, viel zu viel. Und kalt war mir. Wahnsinnig kalt. Ich schleppte mich zum Feuer, um mich aufzuwärmen, und dachte gerade, dass ich jetzt einfach nach Hause gehen sollte, als ich sie sah. Zwei Hexen. Sie sahen schrecklich aus, mit widerlichen,wie von Säure verätzten Gesichtern. Das waren keine Masken. Das war echte Haut. Sie kamen aus dem Wald gekrochen, geradewegs auf mich zu. Mir brach trotz der Kälte der Schweiß aus. Was ging hier vor? Ich blinzelte, aber sie waren immer noch da. Mal schienen sie näher zu kommen, dann entfernten sie sich wieder. War ich denn total besoffen oder war das irgendein Partygag? Niemand sonst schien sie zu bemerken. Das machte mir Angst. Ich versteckte mich schnell hinter einem breiten Rücken, jemand sagte etwas zu mir, das ich nicht verstand, jemand prallte an mich, jemand schrie, offenbar hatten andere die Hexen jetzt auch entdeckt. Das hieß, sie waren echt. Ich hatte keine Ahnung, was Walpurgisnacht eigentlich war. Hatten wir die Hexen irgendwie heraufbeschworen? So ein Quatsch, rief eine kleine Stimme in mir, aber die Angst und

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