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Eiskaltes Herz

Eiskaltes Herz

Titel: Eiskaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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Promi.
    Trophäenjäger wohl kaum. Nicht in Vanessas Zimmer und in meinem schon gar nicht. Leander und ich hatten von meinem Haus aus mit dem Handy Kontakt aufgenommen. Es war also naheliegend, dass es sich noch in meinem Haus befinden könnte. Wie es aussah, wollten M. und seine Freunde das Ding aus irgendeinem Grund brennend gern haben.
    Ein Auto fuhr draußen vor und an der Art, wie es quietschend bremste, erkannte ich, dass meine Mutter nach Hause gekommen war. Wenn ich ihr jetzt von dem Einbrecher erzählte, würde sie durchdrehen. Mich nicht mehr aus dem Haus lassen. Wieder den Typen von der Kripo anrufen. Was sollte ich nur tun? Ich stand wie gelähmt im Wohnzimmer.
    »Lena?«
    Jetzt war sie im Haus, sah offenbar in die Küche, klapperte mit irgendwas rum. »Bist du da?«
    Leander würde das Handy zur Polizei schaffen. Die würden das klären. Der Rest konnte mir egal sein, ich musste nichts damit zu tun haben. Ich wollte nichts damit zu tun haben. Endlich erwachte ich aus meiner Starre und huschte hoch in mein Zimmer. »Hallo, Mum«, rief ich dabei über die Schulterweg und versuchte, so normal wie möglich zu klingen.
    »Lena?«
    Meine Mutter stieg jetzt die Treppen zu meinem Zimmer hoch.
    »Ich komme gleich runter, du musst nicht …« Mist! Da stand sie schon im Türrahmen und schüttelte entsetzt den Kopf.
    »Also weißt du, Lena, du hast eine Menge durchgemacht in der letzten Zeit, das ist mir klar. Aber irgendwann muss das Leben normal weitergehen und dazu gehört, dass du diesen Saustall mal aufräumst. Du kriegst ja sonst noch Ratten hier drin!«
    »Ja«, sagte ich. »Mache ich.«
    Und Ratten hatte ich doch schon längst in meinem Zimmer.

21
Mai
    Leander wartete an der Bushaltestelle. Es gab mir einen Stich mitten ins Herz, wie er da so stand und wartete und etwas auf seinem Handy las. Fast wie früher. Wenn ich nur die Zeit hätte zurückdrehen können. Dann wären wir jetzt ins Kino gegangen. Aber es war nicht sein Handy, auf das er da starrte, sondern Vanessas, und mir wurde schmerzlich klar, dass er das hier nur wegen ihr machte, es hatte nicht das Geringste mit mir zu tun.
    »Bei mir war einer im Zimmer«, sagte ich anstatt einer Begrüßung. »Ein Einbrecher. Und ich glaube, ich weiß, was er gesucht hat.« Ich deutete auf das Handy. »Versprich mir, dass du morgen damit zur Polizei gehst. Ich habe keine Lust, jeden Abend irgendeinen Kerl in meinem Zimmer vorzufinden.«
    »Shit.« Leander blies entsetzt die Backen auf. »Was haben deine Eltern …?«
    »Die waren nicht da.« Ich gab mich betont ruppig und cool, als ob es mir nichts ausmachte, dabei zitterte ich innerlich immer noch vor Schock. Aber wenn ich das zugab, würde er das Ding alleine durchziehen und ich hätte ihn sofort wieder verloren.
    Wir liefen los, in Richtung Stadt.
    »Wir müssen den Bus und dann die Straßenbahn nehmen«, sagte Leander. »Ich habe nachgesehen.« Er stolperte.
    »Bist du okay?« Instinktiv hatte ich nach seinem Arm gegriffen, ließ ihn aber sofort wieder los. Er musste total fertig sein, wahrscheinlich hatte er seit Ewigkeiten nicht mehr richtig geschlafen. »Bist du sicher, dass du das machen willst?«
    »Was denn sonst? Zu Hause rumsitzen?«
    Dazu war nichts zu sagen und so liefen wir schweigend weiter, unterhielten uns im Bus leise über Nichtigkeiten und vermieden es, uns anzusehen. Dann stiegen wir in die Straßenbahn um. Ich fragte mich, was wäre, wenn uns jetzt jemand aus der Schule sehen würde. Wir beide zusammen abends unterwegs … Bestimmt würden sie denken, ich wollte mir Leander wieder schnappen. Unwillkürlich rückte ich weiter von ihm weg. Er merkte es.
    »Es tut mir leid, dass alle so fies zu dir waren«, sagte er plötzlich. »Ich glaube, das haben sie nicht so gemeint.«
    Oh doch, das hatten sie. »Ist schon okay.«
    »Wenn jemand … wenn so etwas Schreckliches passiert, wird immer erst mal ein Schuldiger gesucht, egal, ob es ihn gibt oder nicht«, fuhr er fort. »Erst kommt die Fassungslosigkeit. Es kann nicht sein. Es kann einfach nicht sein. Dann die Suche nach dem Schuldigen, denn irgendjemand muss doch verantwortlichdafür sein. Sonst wäre die Welt doch ungerecht.«
    »Die Welt ist ungerecht«, erwiderte ich, während ich mich anstrengte, nicht nach seiner Hand zu greifen und sie festzuhalten. »Und vielleicht gibt es ja auch wirklich einen Schuldigen?« Diese Überlegung setzte sich immer mehr in meinem Kopf fest, ließ sich nicht abschütteln, hockte da wie mit Saugnäpfen

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