Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
gibt’s in Frankfurt ein Mega-Einkaufszentrum mit ungefähr tausend tollen Geschäften. Vielleicht habt ihr mehr Lust auf Shoppen als auf alte Kirchen?«
    Â»Wir sind aber total pleite!« Louises Blicke wurden immer verzweifelter.
    Â»Jede von euch kriegt von mir zur Feier des Tages hundert Euro.«
    Â»Haben wir im Lotto gewonnen?«, wollte Sarah wissen. »Oder bist du schon wieder befördert worden?«
    Eine halbe Stunde später waren wir auf der Autobahn. Die Zwillinge hatten auf mein Bitten hin Jeans ohne Löcher angezogen. Heute waren ihre Fingernägel babyblau ohne Flitter, dafür jedoch mit irgendwelchen winzigen Abziehbildchen, für deren Applikation sie am Morgen über eine Stunde gebraucht hatten. Das Tattoo an Louises Hals war verschwunden.
    Sarah saß vorne und redete viel und aufgekratzt. Louise saß hinten und tippte eine ewig lange SMS.
    Â»Und wenn schon?«, fragte Konradin Fabricius streitlustig. »Und wenn ich tatsächlich Schmiergeld genommen hätte? Wen interessiert das jetzt noch?«
    Die Fahrt nach Frankfurt hatte ich nicht ganz ohne Hintergedankenvorgeschlagen. Erst hatte ich überlegt, Fabricius vorzuladen. Aber dann hatte ich beschlossen, ihn mit meinen Fragen zu überfallen. Fabricius war zu intelligent, um sich auf ein Gespräch nicht gründlich vorzubereiten, jede mögliche Frage abzuwägen und sich die passenden Antworten zurechtzulegen. Nun stand er unausgeschlafen vor mir und war von meinem Besuch völlig überrascht. Und er war absolut nicht erfreut, was ebenfalls zu meinem Plan gehörte.
    Â»Wollen Sie mich nicht hereinlassen?«, fragte ich liebenswürdig. »Oder legen Sie Wert darauf, dass das halbe Haus mithört?«
    Widerstrebend gab er die altersschwache Tür frei. Sein mondänes Fünf-Zimmer-Penthouse am Hang hatte der Jungbanker gegen eine triste Zweizimmer-Erdgeschosswohnung an der Ginnheimer Landstraße in Frankfurt-Bockenheim getauscht. Die Wohnung war hoffnungslos übermöbliert mit edlen Designerstücken, was die Trostlosigkeit des Drumherums nur betonte.
    Meine Töchter stellten inzwischen das MyZeil mit all seinen Boutiquen und Schuhgeschäften auf den Kopf und waren wild entschlossen, ihren unerwarteten Reichtum in Rekordzeit wieder loszuwerden.
    Â»Sie haben selbstverständlich recht«, sagte ich ruhig, als wir in Fabricius’ engem Wohnzimmer saßen, dessen einziges Fenster zur lauten Straße ging. »Die Schmiergelder, die Sie und Degenhardt kassiert haben, ist allein eine Sache zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber, den es nicht mehr gibt. Strafrechtlich dürfte da nichts zu holen sein.«
    Â»Sie sagen es.« Der ehemalige Bankangestellte grinste mir offen ins Gesicht. Er trug einen edlen, weinroten Bademantel über einem dunkelblauen Pyjama. Die solariumgebräunten Füße waren nackt. Er hatte kräftige, breite Zehen. »Sie haben die weite Reise leider ganz umsonst gemacht, Herr Kommissar.«
    Â»Kriminaloberrat, wenn es schon so förmlich sein muss. Es ist also richtig, dass Anita Bialas Sie erpresst hat?«
    Er hielt meinem Blick stand. Inzwischen war er wach und hatte sich von seiner Überraschung erholt. »Ja, hat sie, die Schlampe.«
    Â»Es ging um hunderttausend Euro?«
    Er nickte, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    Â»Und die hatten Sie einfach so auf dem Konto?«
    Â»Ist das seit Neuestem strafbar?«
    Â»Natürlich nicht. Wann war das?«
    Â»Letztes Jahr. Im März. Sie hat abends gewartet, bis die anderen weg waren. Dann kommt sie in mein Büro gelatscht, und mir war sofort klar, die führt was im Schilde.«
    Â»Wie genau ging der Deal?«
    Â»Sie hat ganz harmlos angefangen. Sie hätte was läuten hören von einer Abfindung, wenn man freiwillig kündigt. Die hat’s auch wirklich gegeben, aber die Höhe war natürlich abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem bisherigen Einkommen, den Umsätzen in den letzten zwei Jahren. Die Amerikaner hatten sich eine wunderbar komplizierte Formel einfallen lassen.«
    Â»Und Frau Bialas wollte natürlich möglichst viel.«
    Â»Wollte sie, logisch. Ich habe ihr vorgerechnet, dass sie mit maximal fünfzehntausend rechnen kann, bei ihrer Position, eher zehn. Das war ihr zu wenig. Sie hat ein bisschen bedröppelt geguckt, und dann ist sie allmählich zur Sache gekommen. Hat durchblicken lassen, dass sie was

Weitere Kostenlose Bücher