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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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weiß.«
    Â»Hatte sie denn Beweise?«
    Â»Woher denn? Aber schon das Gerücht hätte gereicht, die Amis hellhörig zu machen. Die haben ja nicht viele Skrupel, was Mitarbeiterführung angeht. Sie dürfen Ihre Leute als Sklaven halten, Sie dürfen sie dreimal die Woche auspeitschen. Nur zwei Dinge dürfen Sie nicht: einer Frau im Büro an den Hintern fassen und Schmiergeld nehmen.«
    Â»Wie ging es weiter?«
    Â»Sie hat mich Stück für Stück hochgehandelt. Immer nett gelächelt dabei, das Flittchen, immer freundlich und harmlos und immer mit der Drohung im Hintergrund, dass ich erledigt bin, wenn ich mich nicht auf ihren Deal einlasse. Dann, als ihre Abfindung bei dreißigtausend stand, war sie anscheinend zufrieden. Damit sie die gekriegt hat, musste ich schon lügen, was das Zeug hielt. Aber was sollte ich machen …«
    Fabricius legte das schmale Gesicht in die gepflegten Hände und atmete zweimal tief durch. Dann sprang er plötzlich auf.
    Â»Kaffee?«
    Â»Falls Sie haben, Cappuccino bitte.«
    Fünf Minuten später standen die Tassen auf dem Tisch. Er selbst schlürfte an einem überdimensionalen Latte Macchiato.
    Â»Und wie ich denke, jetzt bin ich sie endlich los«, fuhr er fort, »die blöde Trutsche, da legt die überhaupt erst richtig los! Sie ist schon fast in der Tür, da dreht sie sich noch mal um. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass die so ausgekocht ist, die ach so nette und harmlose Anita.«
    Fabricius blies sich in die Hände, als wäre ihm kalt. Das rechte Knie wippte wieder auf höchster Frequenz.
    Â»Dreißigtausend seien eigentlich doch ein bisschen wenig, meint sie auf einmal. Was das heißt, habe ich sie gefragt. Dass andere viel, viel mehr abzocken, und sie findet, das sei doch eine Riesenungerechtigkeit. Und dann ist sie endlich damit rausgekommen: hunderttausend. Ich hab gedacht, ich fall vom Dach. Ich habe ihr gesagt, sie spinnt und soll Leine ziehen. Sie gibt mir drei Tage, hat sie ganz cool geantwortet, und sie ruft mich an.«
    Â»Und dann haben Sie bezahlt.«
    Â»Was sollte ich machen?«, fragte er aufgebracht. »Die hätte mich wirklich fertiggemacht! Die hat nicht die leisesten Skrupel gehabt, diese elende Nutte. Hat sich wohl eingebildet, sie sei endlich mal auf der Gewinnerseite. Das hat sie übrigens fast wörtlich gesagt: sie will mal auf der Seite stehen, wo die großen Scheine gewechselt werden und nicht immer nur Kleingeld.«
    Â»Wie lief das mit der Geldübergabe?«
    Â»Ã–ffentlich, das war ihr wichtig. Diese Anita war wirklich tausendmal gerissener, als ich je gedacht hätte.«
    Â»Dann hat sie Sie ja am Ende doch noch überrascht.«
    Â»Was?« Fabricius sah mich verwirrt an und lachte dann eine Spur zu laut. »Da haben Sie recht, weiß Gott. Die Geldübergabe lief wie in einem schlechten Film: Wir haben uns auf dem Marktplatz getroffen, an der Straßenbahnhaltestelle, nachmittags um fünf, mitten im dicksten Trubel. Wahrscheinlich hat sie Angst gehabt, ich dreh ihr den Hals um, wenn wir allein sind.Was vielleicht in dem Moment gar nicht so abwegig war. Sie ist aus der Bahn gestiegen, ich habe ihr die Tasche gegeben, sie ist wieder eingestiegen, und weg war sie. Und meine hunderttausend.«
    Â»Sie müssen eine ziemliche Wut auf sie gehabt haben.«
    Â»Die habe ich noch immer!«
    Â»Haben Sie damals schon daran gedacht, sich zu rächen?«
    Fabricius war wirklich alles andere als dumm. »Was soll das jetzt heißen?«, fragte er mit hellwachem Blick. »Was heißt das: damals schon?«
    Â»Sie mussten damit rechnen, dass sie sich früher oder später wieder melden und noch mehr verlangen würde.«
    Â»Natürlich habe ich damit gerechnet. Aber was sollte ich machen? Sagen Sie mir, was sollte ich machen?«
    Â»Hat sie sich wieder gemeldet?«
    Â»Zum Glück nicht. Sonst hätte ich vielleicht wirklich noch …« Plötzlich völlig ruhig, sah er mir ins Gesicht. »Aber trotz allem: Ich habe sie nicht umgebracht. Okay, es gab Momente, da habe ich tatsächlich daran gedacht. Ich habe einen Riesenhass auf sie geschoben. Aber ich habe sie nicht angerührt. Ist nicht mein Stil, sorry. Sie müssen sich leider einen anderen suchen.«
    Vor dem Fenster brummte ein Bus vorbei. Meine Tasse schepperte leise auf dem Tisch und erinnerte mich daran, dass sie noch nicht leer

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