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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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und Her wurde das Fenster wieder geschlossen.
    Â»Wer hat einen Schlüssel zur Wohnung?«
    Â»Der Hausmeister natürlich«, erwiderte Evalina Krauss, als habe sie nur auf meine Frage gewartet. »Der hat einen Generalschlüssel. Sonst …?«
    Â»Hat er den verliehen in letzter Zeit? War er mal vorübergehend verschwunden?«
    Sie sah mich ratlos an. Ich machte mir eine Notiz. Solche Flops passierten immer wieder in der Hektik des Anfangs.
    Â»Für mich ist das ganz klar ein Einbrecher«, mutmaßte Runkel, der – inzwischen wieder wach – auf seinem Stuhl fläzte. »Sie ist aufgewacht, ist ihm im Flur in die Arme gelaufen und zeng …«
    Â»Glaube ich persönlich eher nicht«, unterbrach ihn EvalinaKrauss. »Die kommen normalerweise am Tag. Wenn sie wissen, dass die Wohnung leer ist. Und sie haben normalerweise auch keine Messer dabei.«
    Â»Außer, er hat geglaubt, sie ist nicht daheim …« Runkel klang ein wenig gekränkt, wie so oft, wenn man seine Ansichten nicht teilte.
    Balke versuchte, nach einem unsicheren Seitenblick auf mich, endlich die Diskussionsleitung an sich zu ziehen.
    Â»Und wie machen wir jetzt weiter?«, fragte er in die Runde.
    Â»Ich schlage vor: Zweiter Durchgang bei den Nachbarn.« Kollegin Krauss schob ihr glattes Haar hinters Ohr. »Heute Morgen sind die meisten ja noch halb im Koma gewesen, und einige hatten auch die Klingel abgestellt. In der Zwischenzeit ist dem einen oder anderen vielleicht auch noch was eingefallen.«
    Balke nickte. »Außerdem Telefon, Handy, Internet, die übliche Latte …«
    Â»Hat sie nicht. Kein Telefon, kein Handy.«
    Er starrte sie ungläubig an. »Kein Telefon? Gibt’s so was?«
    Â»Ich nehme an, sie hat ein Handy, und das dürfte in der Handtasche sein.«
    Â»Internet auch nicht?«
    Â»Du sagst es.«
    Der frischgebackene Hauptkommissar Sven Balke war offensichtlich alles andere als glücklich mit seinem ersten Einsatz als Chef. Zufrieden klappte seine Kontrahentin ihr Notebook zu.
    Ich sah sie an. »Sie wollten vorhin noch etwas sagen.«
    Â»Ich?«
    Â»Kurz bevor Ihnen der Computer abgestürzt ist.«
    Sie stutzte, nickte dann. »Das hat ausgesehen, als habe … wie soll ich sagen … als habe sie gar nicht richtig da gelebt. Normalerweise liegt doch in jeder Wohnung Zeug rum, es sammelt sich Trödel an, es hängen Fotos an den Wänden. Das Einzige, was wir bei ihr gefunden haben, war der Mietvertrag. Sie hat übrigens eine Schweinemiete bezahlt. Neunhundertfünfzig Euro für nicht mal vierzig Quadratmeter!«
    Â»Die Wohnung war früher eine Art Privatbordell«, klärte ich sie auf. »Ich glaube aber nicht, dass Frau Bovary sie in diesemSinne genutzt hat. Ich vermute, sie hat auf die Schnelle einfach nichts Billigeres gefunden und wollte nicht lange bleiben.«
    Die junge Kollegin nickte nachdenklich.
    Â»Was ist eigentlich mit dem Erbrochenen im Lift?«, fragte ich, als die Ersten ihre Glieder dehnten und Anstalten machten, sich zu erheben. »Ist eine Probe von dem Zeug im Labor?«
    Â»Nee, oder?«, schnappte Evalina Krauss. »Das meinen Sie jetzt aber nicht …« Sie brach ab und wurde über und über rot. »Scheiße!«, murmelte sie dann und legte beide Hände flach auf den Tisch. »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«
    Â»Ich glaub«, meinte ein Kollege neben ihr nicht weniger betreten. »Also, ich glaub fast, das hat der Hausmeister schon weggeputzt.«
    Als könnte er den Fehler so wiedergutmachen, zückte er sein Handy, drückte eilig einige Tasten, und Sekunden später hatten wir Gewissheit: »Ist sogar extra noch mit einem scharfen Reinigungsmittel hinterher, damit es nicht mehr so stinkt. Die ganze Sauerei hat er ins Klo gespült, und den Eimer hat er natürlich auch schon ausgewaschen.«
    Â»Na, super!« Stöhnend legte Balke den Kopf in den Nacken. »Das darf ja wohl nicht wahr sein!«
    Â»Du hättest letzte Nacht gerne kommen können und die Kotze zusammenkratzen!«, fauchte Oberkommissarin Krauss ihn an. Zum ersten Mal seit Beginn der Besprechung sah sie ihm direkt ins Gesicht.
    Â»Haben Sie früher mal was mit ihr gehabt?«, fragte ich Balke, als wir später allein waren. »Oder wieso ist sie so sauer auf Sie?«
    Â»Eher umgekehrt«, erwiderte er mit verkniffenem Blick.

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