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Eismord

Eismord

Titel: Eismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Ventilation?«
    »Wir sind überaus gründlich, nicht wahr? Wieso recherchieren Sie über mich?«
    »Natürlich wegen des Lokalkolorits.«
    »In dem Artikel stand keine Adresse.«
    »Soll das ein Witz sein? Es war ein Bild von Ihnen drin, auf dem Sie vor dem Haus stehen. Man kann dieses Gebäude vom Government Wharf aus sehen.«
    Die Tür des Lifts öffnete sich zum dritten Stock.
    »Sie sehen aus, als ob Sie einen Drink vertragen könnten«, sagte er, als sie in seiner Wohnung waren. »Whisky?« Er hängte ihre Mäntel auf und ging in die Küche. »Eis?«, rief er ihr zu.
    »Ja, bitte. Imposante Aussicht haben Sie hier.«
    Cardinal goss zwei Whiskys ein, brachte die Gläser ins Wohnzimmer und reichte ihr eines. Sie nahm einen Schluck und betrachtete das Glas. »Was ist das?«
    »Roggen. Hätten Sie lieber was anderes?«
    »Nein, der ist gut. Hab ich noch nie getrunken – muss eine kanadische Spezialität sein. Was sind das für Lichter da drüben?« Sie zeigte auf einen Sprühnebel silberner Pünktchen, die sich die Bucht entlangzogen.
    »Stadtgebiet namens Ferris. Was glauben Sie, wer Ihnen gefolgt ist?«
    »Gott, keine Ahnung. Ich hoffe, es war nur ein zufälliger Perverser und kein verdammter Russe.«
    »Es war weit und breit niemand zu sehen.«
    »Hey, der war vielleicht zwanzig Meter hinter mir – ich hab mir den Kerl nicht eingebildet.«
    »Hab ich auch nicht behauptet.«
    Sie trank den Whisky aus. »Jetzt kommen mir selber Zweifel. Halten Sie es für möglich, dass er mich gar nicht verfolgt hat?«
    »Das ist ziemlich wahrscheinlich.«
    »Kann ich mich wirklich so dämlich angestellt haben?«
    »Das hat nichts mit Dämlichkeit zu tun. Sie schreiben über Kerle, die Leute wie Sie töten. Kann ich Ihnen noch einen bringen?«
    Sie reichte ihm ihr leeres Glas. »Ich könnte mich an das Zeug gewöhnen.«
    Cardinal ging in die Küche und goss zwei Mal nach.
    »Genauer gesagt«, rief sie ihm hinterher, »könnte ich mich an Ihr ganzes Land gewöhnen. Alle hier sind so höflich, alle scheinen irgendwie auf Valium zu sein, nur Sie nicht. Wie Sie die Waffe gezogen haben – ich dachte, meine letzte Stunde hätte geschlagen.«
    Cardinal brachte die Drinks und reichte ihr einen, bevor er sich aufs Sofa setzte. Donna saß auf seinem Lieblingssessel, dessen Lehne sie halb zurückgekippt hatte. Sie hatte kleine Füße und vollkommen weiße Socken.
    »Was haben Sie noch beim
Lode
herausgefunden? Ich gehe mal davon aus, dass Sie nicht Ihre ganze Zeit damit verbracht haben, etwas über mich zu lesen.«
    »Lokalnachrichten aus der Pelzbranche – das Internet hat mir nicht weitergeholfen. Ein paar Dinge könnten Sie interessieren. Haben Sie gewusst, dass die Pelzauktion früher von einer anderen Gruppe gemanagt wurde als der jetzigen?«
    »Ja. Die erste war nicht sonderlich erfolgreich.«
    Donna griff nach ihrer Tasche auf dem Boden neben dem Sessel und bot ein großzügiges Dekolleté dar. Einerseits wirkte sie auf Cardinal wie ein kalter Mensch – trocken, analytisch, arbeitsbesessen –, doch dahinter spürte er zugleich starke Emotionen, die sie unterdrückte, auch wenn er nicht die leiseste Ahnung hatte, welcher Art.
    Donna lehnte sich zurück und schlug ihr Notizbuch auf. »Ein Mann namens Rivard – Donald Rivard – wird in diesem einige Jahre alten Artikel zitiert: ›Es sind nicht nur die niedrigen Preise. Gewisse Leute, die großen Einkäufer, sitzen auf ihren Geldern. Wir müssen die Pelze lagern, und die lassen sich reichlich Zeit, uns zu bezahlen. In der Zwischenzeit müssen wir aber alle Trapper auszahlen, ganz zu schweigen von unseren Mitarbeitern. Man kann nicht von Versprechungen leben.‹«
    Cardinal nickte. »Über Rivard wissen wir Bescheid.«
    »Na ja, wenn Sie nicht an die russische Mafia glauben – wäre das immerhin eine Möglichkeit, oder?«
    Donna beugte sich vor, und der Liegesessel verwandelte sich in eine normale Sitzgelegenheit zurück. »Und jetzt haben Sie es mit noch einem Mord zu tun – noch mehr Leute, die Sie befragen müssen, noch mehr Spuren zu verfolgen. Helfen Sie mir ein wenig auf die Sprünge. Ein oder zwei Namen.«
    »Tut mir leid. Laufende Ermittlungen.«
    »Das hatten wir doch schon. Ich werde nichts veröffentlichen, bevor Sie eine Verurteilung haben. Ich schwör’s.« Sie erhob sich aus dem Sessel, kam zum Sofa herüber und setzte sich ihm rittlings auf den Schoß. Bevor Cardinal etwas sagen konnte, legte sie ihm die Hände um den Nacken. Warme, kleine Hände.

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