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Eisnacht

Eisnacht

Titel: Eisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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wenn er überleben wollte, sah er einen Ast neben seinem Kopf zersplittern. Eine Tausendstelsekunde später hörte er einen Schuss knallen.
    Er warf sich in den Schnee und wälzte sich hinter einen Felsbrocken.
    »Geben Sie auf, Tierney«, rief Dutch Burton. Er war nicht so töricht, seinen Kopf über den Felsen zu heben, um ihre Position auszumachen, doch er spürte, wie sie von Baum zu Baum eilten und sich dabei näher heranarbeiteten. Einer kam von rechts, der andere von links. So oder so rückten sie auf. Er saß in der Falle.
    Jetzt, wo er nicht mehr floh, merkte er, wie weh ihm alles tat. Jede Zelle seines Körpers schrie unter Qualen. Er bekam kaum noch Luft. Et war ausgehungert.
    »Wir wissen, dass Sie Blue sind. Das FBI hat Sie mit dem Zeug, das sie in Ihrer Hütte im Motel gefunden haben, festgenagelt.«
    Das hatte sich Tierney bereits gedacht. Es waren nur Indizienbeweise, aber sie reichten als Rechtfertigung für einen eifersüchtigen Exmann, ihn erst abzuknallen und sich später den Kopf darüber zu zerbrechen, welche Folgen sein Verstoß gegen das Gesetz nach sich ziehen würde.
    Tierney wagte nicht zu sprechen und dadurch seine Position zu verraten. Er atmete kaum noch. Er hörte nichts mehr von den beiden. Sie kamen nicht mehr auf ihn zu. Offenbar hatten sie beschlossen zu warten, bis er sich verriet. Mehrere Minuten lang harrten die drei in absoluter Stille aus.
    Schließlich durchbrach ein Geräusch die Stille, das Tierney als drittes Schneemobil identifizierte. Das Brummen war noch in weiter Ferne, und weil es sich an Millionen von Flächen brach, bevor es seine Ohren erreichte, war es unmöglich festzustellen, aus welcher Richtung es kam.
    Obwohl keiner etwas sagte, ahnte er, dass auch Dutch und Wes angespannt lauschten. War jemand zu Fuß auf den Berg gekommen und hatte sich eines ihrer Schneemobile unter den Nagel gerissen? Fragten sie sich, wie sie seine Leiche in den Ort transportieren sollten, falls ihnen nur noch ein Motorschlitten zur Verfügung stand?
    Sie wären blöd, wenn sie den Lärm nicht zu ihrem Vorteil genutzt hätten.
    Und dass sie blöd waren, konnte man ihnen nicht unterstellen.
    Über dem leiser werdenden Brummen des Schlittenmotors hörte er das unverkennbare Knacken eines zertretenen Zweiges. Einer näherte sich von rechts. Er war noch dreißig Meter entfernt, vielleicht etwas mehr. Vielleicht etwas weniger. Nicht einmal ein miserabler Schütze würde ihn auf diese Entfernung verfehlen.
    Von links drang ein gedämpfter Laut heran. Ein Schneeklumpen, der mit einem leichten Plumps auf den Boden fiel. Hatte der Wind ihn heruntergeblasen, oder war einer von ihnen an einen Zweig gestoßen und hatte ihn heruntergeschubst?
    Er hielt den Atem an und lauschte. Das Schneemobil war nicht mehr zu hören. Er hörte nicht einmal mehr seinen eigenen Atem. Außerdem hatte er den Schal vor den Mund gelegt, damit der kondensierende Atem nicht seine Position verriet.
    Wo sie auch waren und wie weit sie von seinem Versteck auch entfernt waren, sie schienen mit ihrer Position zufrieden zu sein. Sie rührten sich nicht. Sie konnten abwarten.
    Das taten sie auch. Alle drei. Schweigend. Sie warteten darauf, dass sich jemand rührte.
    Dann zerriss das nächste Geräusch die Stille. Das Rattern eines Hubschrauberrotors. Die Polizei von Cleary hatte hundertprozentig keinen eigenen Hubschrauber. Er musste von der Staatspolizei oder vom FBI sein. Auf jeden Fall würde Dutch ihn nicht kaltblütig vor irgendwelchen Zeugen abknallen. Wes Hamer zählte nicht. Der würde seinem Kumpel die Stange halten, zu seinem Schutz Meineide schwören, einfach alles für ihn tun. Genau wie umgekehrt.
    Bis zu diesem Moment hatte der Wald Tierney geschützt, indem er ihm Deckung bot. Plötzlich lag der Vorteil auf Dutchs Seite. Er konnte jetzt schießen und später erklären, dass sich Tierney der Verhaftung entzogen und ihm keine Wahl gelassen hätte, als ihn mit einer Kugel aufzuhalten. Oder er konnte aussagen, dass Tierney sie angegriffen und gezwungen hätte, sich zu verteidigen. So oder so wäre er tot, und sie hätten nichts zu befürchten.
    Nein, wenn er Lillys schießwütigem Ex entkommen wollte, musste er es ins freie Gelände schaffen, wo ihn jeder, der in diesem Hubschrauber saß, sehen konnte.
    Er beschwor eine Karte des Gipfels vor seinem inneren Auge herauf und schätzte seine Position zwischen den beiden Straßen, der Hauptstraße und der Straße auf der Westflanke, ab. Er hatte sich von der Straße im

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