Eisnacht
aus. Er schälte ein Heftpflaster aus der Verpackung. »Wir schneiden dünne Streifen aus den Klebestreifen. Die kannst du kreuz und quer über den Schnitt kleben. Das ist zwar nicht so gut wie vernäht, aber vielleicht hilft es, die Wunde zu schließen.«
Seine Finger passten nicht in die Grifflöcher der winzigen Schere. »Warte, lass mich.« Sie nahm ihm Pflaster und Schere ab, schnitt lange Streifen aus dem Klebestreifen und klebte sie wie von ihm gewünscht über die Wunde. »Jetzt blutet es so gut wie nicht mehr«, sagte sie, als sie fertig war.
»Nun deckst du alles mit einer dieser Bandagen ab.«
So sanft wie möglich platzierte sie eines der sterilen Gazepäckchen aus dem Set auf der Wunde. »Wenn wir das wieder abnehmen, reißt es dir alle Haare aus.«
»Ich werd's überleben.« Dann änderte sich sein Tonfall abrupt. »Hoffentlich.«
Kapitel 7
Seine grimmige Miene verunsicherte sie so, dass sie fragte: »Wieso sagst du das? Hast du Verletzungen, von denen ich nichts weiß?«
»Vielleicht. Meine ganze linke Körperhälfte ist blau und grün. Die Rippen fühlen sich an, als hätte jemand versucht, sie mit einer Spreizzange zu öffnen, aber ich glaube nicht, dass was gebrochen ist.«
»Das ist doch gut, oder?«
»Schon, aber vielleicht ist innerlich was kaputtgegangen. Niere, Leber, Milz.«
»Würdest du es nicht spüren, wenn du innere Blutungen hättest?«
»Sollte man meinen. Aber ich habe schon gehört, dass Menschen an unerkannten inneren Blutungen gestorben sind. Wenn sich mein Bauch aufbläht, ist das ein ziemlich sicherer Hinweis darauf, dass sich die Bauchhöhle mit Blut füllt.«
»Fühlt sich dein Bauch angespannt an oder ist er überempfindlich?«
»Nein.«
Sie zog die Unterlippe zwischen die Zähne. »Wenn die Gefahr besteht, dass du innerlich blutest, hättest du kein Aspirin nehmen sollen.«
»So wie sich mein Kopf anfühlt, bin ich gewillt, dieses Risiko einzugehen.«
Er rutschte vorsichtig vom Barhocker, trat an die Spüle und hob den gefüllten Krug heraus. »Angenommen, ich überlebe , werden wir für unbestimmte Zeit Trinkwasser brauchen. Was für Behälter hast du noch?«
Gemeinsam durchsuchten sie die Hütte und begannen, alles zu füllen, was Wasser aufnehmen konnte. »Zu dumm, dass es hier nur eine Dusche gibt«, stellte er fest. »Sonst hätten wir die Badewanne vollaufen lassen können.«
Nachdem sie alle Töpfe, Pfannen und sogar den Putzeimer gefüllt hatten, begannen sie sich über andere Probleme den Kopf zu zerbrechen. »Woher bezieht ihr euren Strom und wie heizt ihr?«, fragte er.
»Mit Propangas. Wir haben einen unterirdischen Tank.«
»Wann wurde er das letzte Mal gefüllt?«
»Soweit ich weiß im letzten Winter. Weil ich die Hütte verkaufen wollte, habe ich ihn in diesem Herbst nicht auffüllen lassen. Und ich glaube nicht, dass Dutch es getan hat.«
»Das Gas könnte also ausgehen.«
»Nehme ich an. Je nachdem, wie viel Dutch davon verbraucht hat, als ich nicht hier war.«
»Wann warst du das letzte Mal hier oben?«
»Abgesehen von dieser Woche ist das Monate her.«
»Hast du die Woche über hier oben gewohnt?«
»Ja.«
»Mit Dutch?«
Plötzlich drehte sich ihr Gespräch nicht mehr darum, wie viel Gas im Tank war. »Das geht dich nichts an, Tierney.«
»Das heißt ja.«
»Nein«, fuhr sie ihn gehässig an.
Er hielt ihren Blick mehrere Atemzüge lang gefangen, dann drehte er sich um und trat vor das Thermostat an der Wand. »Ich werde die Temperatur runtersetzen, damit das Propan länger hält. Okay?«
»Gut.«
»Wenn der Tank leer ist, sind wir ausschließlich auf den Kamin angewiesen. Ich hoffe, ihr habt nicht nur das Holz, das auf der Veranda liegt.«
Sie verübelte ihm die Anspielung, dass sie immer noch mit ihrem Exmann schlief, aber sie saßen hier oben fest, und hier war es zu eng, um wütend aufeinander zu sein. Sie ließ die Sache auf sich beruhen. »Im Schuppen liegt noch mehr Feuerholz.« Sie deutete in die entsprechende Richtung. »Es gibt einen kleinen Weg durch…«
»Ich weiß, wo er ist.«
»Der Schuppen? Ach, wirklich?« Der kleine Lagerraum war aus unbehandeltem Holz gezimmert und so aufgestellt worden, dass er weder von der Straße, noch von der Hütte aus zu sehen war. Er fügte sich nahtlos in die Umgebung ein und war praktisch unsichtbar. Hatte sie wenigstens geglaubt.
»Woher weißt du von dieser Hütte, Tierney?«
»Du hast mir letzten Sommer davon erzählt.«
Sie wusste ganz genau, was sie ihm erzählt hatte,
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