Eisnacht
Begley.«
Begley war spröde und brüsk, das war schon seinem knappen »Burton« anzuhören, als sie sich über den Resopaltisch hinweg die Hände reichten. Das allein ließ erkennen, was er von Dutch hielt. Noch bevor sie einen Satz gewechselt hatten, hatte Begley klargestellt, dass er ihn für unwichtig hielt. Für den SAC war dies eine reine Formalität, eine protokollarische Notwendigkeit, bevor er den blöden Ortsbullen beiseiteschieben konnte.
Die beschissenen Bundesheinis behaupteten immer, sie würden sich den Kollegen aus den örtlichen Police Departments nicht überlegen fühlen. Offiziell tönte das FBI immer, dass sie vor jedem mit einer Polizeimarke den größten Respekt hätten. Scheiße. Vielleicht würde man tatsächlich irgendwann auf eine Ausnahme stoßen, wenn man alle Ränge und Abteilungen durchging, aber im Allgemeinen hielten sich alle FBIler für Alleswisser und Alleskönner. Punkt. Ende der Geschichte.
»Bitte entschuldigen Sie unser unangemeldetes Kommen«, sagte Wise.
Dutch hatte Wise kurz nach seiner Rückkehr nach Cleary und nach seiner Einführung ins Amt als Polizeichef kennen gelernt. Als sie sich das erste Mal die Hand reichten, hatte Wise verkündet, er sei erleichtert, dass fortan jemand mit Erfahrung an den Vermisstenfällen arbeiten würde. Aber Dutch hatte sein leeres Kompliment durchschaut. Wise wollte ihm nur schmeicheln und ihn gewogen stimmen.
Ritt brachte drei Becher Kaffee. Begley ließ seinen unberührt stehen. Wise riss ein Päckchen Süßstoff auf. Dutch nahm einen Schluck und fragte dann: »Was gibt es denn Dringendes?«
»Sie meinen außer den fünf vermissten Frauen?«, fragte Begley.
Er war wie ein grobkörniges Schleifpapier, das über Dutchs blankliegende Nervenenden scheuerte. Am liebsten hätte Dutch ihm eine reingehauen. Stattdessen sah er den älteren Agenten scharf an, und beide teilten sich wortlos ihre wechselseitige Verachtung mit.
Wise hustete verlegen hinter vorgehaltener Faust und schob die herabgerutschte Brille auf die Nase zurück. »Sir, ich bin sicher, Chief Burton wollte damit nicht sagen, es sei nicht wichtig, die vermissten Frauen zu finden.«
»Das Wetter behindert gegenwärtig meine Ermittlungen.«
»Die worin bestehen?«, fragte Begley.
Als geborener Diplomat formulierte Wise die Frage sofort um. »Vielleicht könnten Sie uns auf den gegenwärtigen Stand Ihrer Ermittlungen bringen, Chief Burton.«
Dutchs Geduldsfaden drohte jede Sekunde zu reißen, aber je eher er die Fragen beantwortete, desto schneller kam er wieder weg. »Seit ich erfahren habe, dass Millicent Gunn verschwunden ist, habe ich alle verfügbaren Männer im County - aus meinem Department, von der Staatspolizei, aus dem Sheriff-Büro und einer ordentliche Zahl an Freiwilligen - zusammengerufen und die Gegend durchkämmen lassen.
Aber in diesem Gelände kommt man nur langsam voran, vor allem, weil ich befohlen habe, unter jedem Zweig und jedem Stein nachzuschauen. Gestern musste ich die Suche abbrechen lassen, weil der Sturm aufzog. Solange sich das Wetter nicht ändert, sind uns die Hände gebunden. Und ich brauche Ihnen nicht zu erklären, was das für mögliche Spuren bedeutet.«
Als er dabei zur Front des Ladens deutete, sah er, wie Wes Hamer und Marilee Ritt aus entgegengesetzten Richtungen dem Eingang zustrebten und gleichzeitig die Tür erreichten. Wes hielt sie Marilee offen und folgte ihr dann schnell herein. Beide lachten leise über den Schnee, der an ihren Kleidern hing. Gleich hinter der Tür stampften sie mit den Füßen auf, um den Matsch von den Stiefeln zu lösen.
Wes setzte den Hut ab und zog die Handschuhe aus. Marilee zog eine Mütze vom Kopf, und er lachte, als sich ihre Haare unter der Spannung aufstellten. Ihre Nasenspitze leuchtete rot, aber Dutch stellte verblüfft fest, wie hübsch und lebhaft sie heute Morgen wirkte.
William rief Marilee zu sich, und sie eilte zu ihm hinter die Kaffeetheke. Wes sah kurz zu der Sitznische, wo Dutch mit den FBI-Agenten zusammensaß. Er schien nicht überrascht, sie hier zu sehen. Ritt in seiner selbst erwählten Rolle als städtischer Herold hatte Wes wahrscheinlich sofort angerufen, um ihm von dem Treffen zu erzählen.
Gestern Nacht waren er und Wes ziemlich aneinandergeraten und anschließend wütend auseinandergegangen. Nach Dutchs Bemerkung über Wes und die Frauen hatte Wes die Beifahrertür des Bronco aufgestoßen und war ausgestiegen. »Du kannst es dir nicht leisten, mich blöd anzumachen, Dutch.
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