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Eisprinzessin

Eisprinzessin

Titel: Eisprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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Aber das ist doch so ähnlich wie Latein.«
    »Sag mir sofort, was das heißt, was du gesagt hast, oder ich raste total aus.«
    »Das Geständnis ist die Königin der Beweismittel.«
    Marlu starrte geradeaus, krallte sich mit beiden Händen am Lenkrad fest und zwang sich, nichts mehr zu sagen, was ihr hinterher vielleicht leidgetan hätte. Meißner sah, wie sie die Zähne zusammenbiss.
    Aber eine schweigende Marlu war ihm immer noch lieber als eine schreiende.
    Es war bereits dunkel, als sie das Gelände der Donau-Kühlung erreichten. Eine Streife stand auf dem Hof, die Außenbeleuchtung war angeschaltet, sonst war von außen nicht viel zu sehen. Wenigstens schien die Presse noch nichts von der Sache erfahren zu haben.
    »Kommst du mit?«, fragte Marlu und steuerte auf die Halle zu.
    »Muss ich jetzt nicht haben«, antwortete er. »Gib mir einfach Bescheid, wenn ihr was findet.«
    »Und was machst du inzwischen?«
    »Ich habe gesehen, dass der alte Helmer noch da ist.« Er deutete zum Bürotrakt hinüber, wo der Seniorchef an einem der Fenster im ersten Stock stand. »Ich wollte ihm sowieso noch ein paar Fragen stellen.«
    Er sah Marlu hinterher, wie sie kopfschüttelnd den Hof überquerte und in die hell erleuchtete Halle schlüpfte. Ein Temperament hatte diese Frau! Dagegen war er ein Kaltblüter.
    »Guten Abend. Schön warm haben Sie’s hier.« Meißner reichte dem Senior die Hand.
    »Wir heizen die Büros mit der Abwärme aus dem Kühlhaus.«
    »Sehr praktisch. Aber was ist das dann oben auf dem Dach der Halle?«
    »Das sind Lüfter, die trockene kalte Luft in die Halle pumpen. Sie sorgen für die richtige Temperatur und Luftfeuchte. Das hilft, Strom zu sparen.«
    »Aber für Notfälle haben Sie bestimmt auch Stromaggregate, oder? Damit Ihnen das Eis nicht wegschmilzt.«
    »Haben wir. Aber die Gefahr ist nicht sehr groß. Selbst bei absolutem, andauerndem Stromausfall beliefe sich der Temperaturanstieg am Tag nur auf maximal ein Grad. Unsere Andockstellen für die Lastwagen haben alle einen Kältevorhang. Alles ist auf dem neuesten Stand der Technik. Die modernen Lkw kühlen bis auf minus achtzehn Grad runter und haben zwölf Zentimeter dicke Wände. So versuchen wir, die Temperaturen möglichst konstant niedrig zu halten. Energie ist teuer.«
    »Interessant«, sagte Meißner. »Wem gehört die Firma eigentlich? Immer noch Ihnen?«
    »Mittlerweile meinem Sohn. Ich habe sie ihm vor zwei Jahren überschrieben. Ich bin nur noch als Privatier hier. Ich habe mein Soll erfüllt und werde mich demnächst zur Ruhe setzen.«
    »Wenn die Villa verkauft ist?«
    »So ist es. Wenn der Verkauf über die Bühne gegangen ist, bin ich weg. Dann sieht mich in der Firma auch keiner mehr so schnell wieder.«
    »Was sagen Sie eigentlich zum Geständnis Ihres Schwiegersohns?«
    »Wenn ich ehrlich bin, traue ich ihm so eine Tat gar nicht zu. Ich glaube auch nicht, dass Charlotte tot ist. Das muss er sich ausgedacht haben. Vielleicht wäre ihm dieses Szenario auch nur lieber, als wenn er einsehen müsste, dass sie ihn verlassen hat. Vielleicht steckt das ja dahinter.« Er sah wieder zum Fenster hinaus. »Meine Tochter ist nicht tot. Das weiß ich.«
    »Sie meinen, Sie wissen es, weil Sie es so empfinden oder weil Sie Beweise dafür haben, dass sie lebt?«
    »Ich spüre es. So wie ich es spüren würde, wenn sie gestorben wäre. Meine Charlotte lebt. Sie ist einfach nur weggegangen. Irgendwohin, wo’s hoffentlich schöner ist als hier. Wärmer. Irgendwann wird sie sich melden. Sie werden schon sehen.«
    »Es tut mir leid, Herr Helmer, dass ich Sie das noch einmal fragen muss, aber wann genau ist Ihre Frau gestorben?«
    »1995, im Oktober.«
    »Zu Hause?«
    »Nein, im Krankenhaus.«
    »Danke, das war’s auch schon, was ich noch von Ihnen wissen wollte. Sie bleiben noch eine Weile hier?«
    »Ich bleibe noch, ja«, sagte Helmer. »Ich hab’s ja schön warm hier. Im Gegensatz zu Ihren Leuten drüben. Lassen Sie sie ausreichend Wärmepausen machen, sonst werden sie Ihnen noch krank.«
    »Mein Kollege wird sich um alles kümmern.«
    Meißner verließ das Gebäude, rief in der JVA Neuburg an und kündigte seinen Besuch an.
    Die Justizvollzugsanstalt lag mitten in der historischen Altstadt von Neuburg, oberhalb der Donau, zwischen Amtsgericht, Touristeninformation und dem Renaissance-Schloss des Pfalzgrafen Ottheinrich, unweit der Geschäftsstelle des Weißen Rings.
    Man hatte Meißner bereits am Telefon gesagt, dass der Häftling

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