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Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Eisseele - Schlieper, B: Eisseele

Titel: Eisseele - Schlieper, B: Eisseele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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hin. »Willst du den nicht?«
    »Ich mag keine Himbeeren.«
    Die Pause unterbricht Zoe mit der Ankündigung: »Ich gehe jetzt auf Toilette. Und zwar im Ruderclub. Von hier aus sehe ich echt nicht genug.«
    Saskia ist völlig perplex, als Zoe vor ihr steht. Ihre Hand putzt immer weiter dieselbe Stelle, während sie die Freundin anstarrt. »Was machst du denn hier?«
    »Ich war hier nur kurz pinkeln. Julian und ich machen eine Radtour und er wollte unbedingt runter zum See. Ich bin echt froh, dass es hier Klos gibt. Sonst hätte ich in die Büsche gemusst. Und so kahl wie die noch sind, wäre das kein Vergnügen geworden«, plaudert Zoe und gibt Saskia die Chance, sich von dem Schrecken zu erholen.
    »Und ihr macht hier schön alles sauber?«
    »Äh ja. Die ganzen Boote müssen wieder fit gemacht werden«, antwortet Saskia langsam und guckt auf ihre schaumigen Hand, als sei die ein Fremdkörper.
    »Genau, der Winterschlaf ist vorbei«, schaltet sich der Typ jetzt in die Unterhaltung ein. »Ich bin übrigens Fynn.«
    »Hi, Fynn. Ich bin Zoe.«
    Sie mustert ihn. Er hat nicht nur eine Pudelfrisur. Er sieht generell aus wie ein Hund. Wie ein Welpe, um genau zu sein. Seine Arme und Beine sind zu lang und zu dünn für die großen Hände und Füße. Zoe schätzt ihn auf vierzehn. Allerhöchstens. Fragend guckt sie zu Saskia. Doch die hat ihre Scheuerarbeit wieder aufgenommen.
    »Ich gehe dann mal wieder zu Julian«, sagt Zoe zu Saskias Hinterkopf. Die nickt nur.
    »Ich weiß echt nicht, was die mit dem will. Der ist so jung, der hat bestimmt noch Captain-Sharky-Bettwäsche.«
    Zoe lässt sich neben Julian auf die Decke fallen.
    »Vielleicht Uno spielen. Oder Flaschen drehen«, mutmaßt Julian. »Oder unsere gute Saskia ist eigentlich in den älteren Bruder verknallt und versucht jetzt über diesen Fynn an den Schwarm ranzukommen«, überlegt er weiter.
    »Das könnte sein. Oder dieser Fynn ist einfach ein lustiger Typ, und es steckt sonst gar nichts dahinter«, beschließt Zoe das Thema. Es widerstrebt ihr, mit Julian über die Freundin zu reden. Gar zu lästern.
    »So und jetzt komm. Dein Triathlon besteht schließlich nicht aus den Disziplinen Chillen, Quatschen, Weingummi-essen.«
    Ein paar Meter vor ihrer Haustür trifft Zoe auf Johnny samt Frauchen.
    »Hallo, Zoe. Schau mal, wer wieder da ist!«
    Stolz zeigt Frau Bruns auf das Tier. Sie ist gerade damit beschäftigt, die Suchanzeigen wieder von den Bäumen zu nehmen.
    »Heute Morgen stand mein Johnny wieder vor der Tür. Er war völlig verstört, wollte nichts essen und nichts machen. Hat sich in die letzte Ecke verzogen und da stundenlang gelegen.«
    Zoe guckt das Tier an. Der Hund drückt sich an Frau Bruns, guckt ängstlich zurück. Oder bildet sich Zoe das nur ein?
    »Der hatte sich bestimmt nur verlaufen«, sagt sie schließlich.
    »Verlaufen? Niemals. Den hat jemand geklaut. Bestimmt so Leute, die kosmetische Versuche an hilflosen Tieren ausprobieren. Aber Johnny ist zu schlau für die. Der ist denen einfach wieder entwischt.«
    Zoe nickt abwesend.
    »Hauptsache, er ist wieder da. Sie müssen vielleicht noch besser auf ihn aufpassen«, sagt sie schließlich.
    »Das werde ich tun, Kindchen. Meinen Johnny werde ich jetzt beschützen. So etwas passiert nicht noch mal.«
    Zoe ist sich da nicht so sicher.
    Am Abend lässt sie sich von Youtube in eine irreale Welt ziehen. Sie klickt sich von Link zu Link, surft auf einer leichten Welle. Schweren Herzens taucht sie nach fast zwei Stunden wieder auf. Wirklich gelacht hat sie nicht. Sich amüsiert auch nicht. Vieles ist so platt, so vorhersehbar. Ihr ist ein bisschen zu viel Schadenfreude im Spiel. Oder Unvermögen. Sie zieht ihre Schullektüre für Deutsch aus dem Regal. Vielleicht kann sie diese Tragikkomödie genügend ablenken von sich selber. Es gelingt ihr nicht. Der Besuch der alten Dame regt sie auf. Regt sie an. Das Rachemotiv fasziniert sie immer mehr. Eigentlich sollte sie bis morgen nur ein weiteres Kapitel gelesen haben. Zoe liest die halbe Nacht. Sie bewundert diese Frau, die so kühl ihren Weg geht. Die sich ein solch perfides Spiel ausgedacht hat, Vergeltung will. Zoe kennt dieses Gefühl nur zu gut. Nur, dass sich ihr Rachegefühl gegen sich selber richtet. Sie ist Claire Zachanassian und Alfred Ill in einer Person. Sie ist Richter und Gehängte, ihre eigene Bedrohung. Und ganz nebenbei leider auch für andere. Als sie vom Zähneputzen kommt und eigentlich ins Bett will, geht sie noch kurz bei Franzi

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