Eisseele - Schlieper, B: Eisseele
gewesen war. So richtig und wichtig. Sie stellt sich vor, wie Saskia und Kim leicht grinsen, wenn sie es lesen.
Beide Nachrichten kommen sofort zurück. Mit dem Vermerk Ungelesen . Saskia und Kim haben Zoe auf die PNG-Liste gesetzt. Auf die Persona-Non-Grata-Liste. Das heißt: Alle Nachrichten von Zoe kommen postwendend zurück. Sie ist unerwünscht. Zoe löscht die Mailadressen der ehemaligen Freundinnen, ihre Handynummern und ist am Freitag pünktlich beim Salsa. Enya Alt freut sich offensichtlich, sie zu sehen. Wieder tanzen sie zusammen. Kommen sich nahe. Und wie geplant schafft Zoe es, mit der Lehrerin danach wieder in die »Wunder-Bar« zu gehen. Sie muss Enya Alt gar nicht groß überreden. Wie verabredet sitzt Carl schon da. Er tut ein bisschen zerknirscht.
»He Zoe, ich wollte dich einfach noch sehen heute Abend.«
Enya Alt soll nicht eine Sekunde lang denken, er sei wegen ihr hier.
»Das sollte eigentlich ein Mädelsabend werden«, zickt Zoe, guckt Enya an und verdreht die Augen.
»Vielleicht hat Carl ja genug weibliche Anteile, um sich zu unserem Mädelsabend zu gesellen«, sagt diese schließlich und lächelt Zoe zu. Ihr Blick sagt: Sei nicht so. Wenn er halt so verliebt in dich ist. Ist doch süß.
Das Trio sucht sich einen Tisch im Garten. Carl achtet darauf, dass es nicht unter einem Baum ist. Zoe braucht gleich jeden Lichtstrahl, den es noch gibt. Schließlich wird sie nicht blitzen können, das würde die Lehrerin wohl merken. Er hat ihr extra erklärt, wie sie die Belichtungszeiten einstellen muss, um trotz der anbrechenden Dunkelheit noch gute Bilder zu schießen. Zoe wartet bis das Essen da ist. Alle drei haben sich noch einen Salat bestellt.
»Bin gleich wieder da«, sagt Zoe schnell und steht auf.
Wie besprochen ist die Kamera in einer Tasche an der Garderobe. Sie schnappt sie sich, verlässt die Wunder-Bar und schleicht sich in den Nachbargarten. Von da hat sie den besten Blick auf Carl und die Lehrerin. Zoe grinst, Carl macht es super. Er hat sich weit vorgelehnt, durch das Objektiv sieht es sogar aus, als sei der Abstand der beiden Gesichter minimal. Als Carl etwas mit der Gabel aufpiekst und Enya Alt hinhält, entfährt Zoe ein leises Lachen. Die perfekte Verführung. Der zärtliche Blick von Carl, der leicht geöffnete Mund der Lehrerin, das schummrige Licht.
Als Zoe zurückkommt, meckert Carl sie spielerisch an. »Dein Essen kann zwar nicht kalt werden, aber welk.«
Sie stopft lustlos die Blätter in sich rein. Der Job ist getan. Sie will jetzt nach Hause. Die Luft ist raus, das Kribbeln hat sich Schlafen gelegt.
»Ich kriege übrigens noch 68 Euro von dir. Das hat die Reparatur der Kamera gekostet«, sagt Carl kühl. Enya Alt hat sich bereits vorher verabschiedet und sich sogar noch für den netten Abend bedankt. Als sei es nett, dass ihre Schüler sie in der Freizeit ausführen.
»Bring ich dir morgen mit«, sagt Zoe müde. Ein bisschen hatte sie gehofft, dass er irgendwas Nettes sagen würde. Sie hat so lange nichts in der Richtung gehört. Geächtet von den Freundinnen, von den Eltern in einen Abgrund gestoßen, fremd in sich selber. Sie steht unentschlossen vor ihm, spürt, wie gerne sie einfach ihren Kopf gegen seine Brust lehnen würde. Sie will ihn nicht küssen, nicht seinen Speichel schmecken. Sie will nicht, dass er seinen Körper gegen ihren presst. Sie will sich nur mal kurz anlehnen, eingraben. Im besten Fall legt er ihr die Hand über die Augen. So wie sie das manchmal bei sich selber macht, wenn sie sich zu verloren fühlt. Natürlich untersagt sie sich die Annäherung. Niemals würde sie ihm diese Schwäche zeigen. Schlimm genug, dass sie so fühlt. Sie hebt die Hand zum Abschied und geht. Sie vergräbt die Hände tief in den Taschen, hat die Schultern hochgezogen. Sie versucht, so wenig wie möglich da zu sein. Mit der Zoe, die mit geradem Rücken, schwingenden Armen und erhobenem Kopf durchs Leben schritt, hat sie nichts mehr zu tun.
Aus der Vogelperspektive
E igentlich wollte sie nicht zum Schulfest gehen. Nachdem sie vom Dance-Akt ausgeschlossen wurde, gibt es für sie keinen Grund mehr, da aufzukreuzen. Es zieht sie trotzdem hin. Sie schlendert über den Schulhof, quatscht ein bisschen Nichtssagendes mit Nichtssagenden, holt sich einen Milch-Shake und trifft in der großen Pausenhalle auf Carl. Nicht zufällig, aber das weiß sie nicht.
»Musst du dich nicht umziehen für dieses Gehopse?«
»Ich hopse nicht mit.«
Er tut überrascht. »Dann komm
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