Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eistod

Eistod

Titel: Eistod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
Vom Netzwerk:
stellen oder ihn am Kragen packen sollte. Schließlich ließ er ihn wortlos passieren. »Sie hören noch von mir«, rief er ihm nach. »Darauf können Sie sich verlassen!«
    Bevor der Arzt das Schwesternzimmer verließ, drehte er sich noch einmal um: »Es gibt eine ärztliche Schweigepflicht, Herr Kommissar. Daran halte ich mich. Aber wenn Sie wollen, fragen Sie doch Ihren Freund, den Dr. Burri. Er kann Ihnen sicher weiterhelfen.«
    »Was zum Teufel soll Christoph damit zu tun haben?«
    »Er hat den Test angeordnet.«

33
    Eschenbach saß in seinem Büro und telefonierte. Burri war nicht aufzutreiben. In der Praxis hieß es, er habe diverse Meetings » … bei der Stadtverwaltung in irgendeinem Ausschuss«. Außerdem müsse er zur Visite, ins Spital Horgen und nach Wollishofen, in die Klinik im Park. Aber wann genau, das wusste Frau Dürler auch nicht. Burris Sekretärin war ein Ausbund an Freundlichkeit.
    Nachdem der Kommissar seinem Freund auf dem Handy eine Nachricht hinterlassen hatte, starrte er missmutig auf seinen Bildschirm. Was um alles in der Welt veranlasste Christoph, bei Kathrin nach Tetrodotoxin zu suchen?
    Speed war der erste Begriff, den der Kommissar in die Internet-Suchmaschine GOOGLE eingab. Und was er las, entsprach im Wesentlichen dem, was Schwalb auch schon gesagt hatte. Natürlich hatte er ihm ein paar hässliche Details erspart, aber das hätte der Kommissar an seiner Stelle auch getan. Eschenbach fand weitere Begriffe, bekannte und weniger bekannte Drogen. Er notierte sie auf einem Blatt Papier und schon bald stellte er erstaunt fest, wie schnell seine Liste wuchs:

    SPEED – AMPHETAMINE – ECSTASY – KOKAIN – CRACK – LSD – MDMA – GHB – CANNABIS – HEROIN – KETAMIN – MESKALIN – DMT – PCP – BENZODIAZEPINE – METHADON – BUPRENORPHIN.

    Ein weites Feld rauscherzeugender Substanzen tat sich auf. Und als verlöre er sich selbst darin, googelte der Kommissar durch den Vormittag. Er las Erfahrungsberichte von Drogenabhängigen und Szenegängern, überflog Expertenberichte und orientierte sich über Nebenwirkungen und Spätfolgen. Mit jedem Klick stieg seine Sorge um Kathrin und plötzlich sah er seine Tochter vor sich, im Haus an der Wallstrasse, wie sie mit ausdruckslosem Gesicht vor der Durchreiche stand und ihm für ein Essen drei Franken entgegenstreckte.
    Er rief in der Klinik an. Die Stationsschwester versicherte ihm, dass es Kathrin besser ging. Sie habe das Frühstück restlos aufgegessen und sei danach wieder eingeschlafen. Und nun brauche sie Ruhe, hatte sie hinzugefügt. Eschenbach wurde das Gefühl nicht los, alles schon einmal gehört zu haben.
    Er musste sich unbedingt mit Corina treffen, dachte er. Zumindest was Kathrin betraf, gab es einiges, das sie besser machen konnten.
    Es klopfte und Rosa kam herein.
    »Nicht jetzt«, sagte er.
    »Ich dachte nur, Sie brauchen das.« Sie legte ihm den Drogenbericht der Weltgesundheitsorganisation auf den Tisch. Er hatte ihn irrtümlicherweise über den Printer im Sekretariat ausgedruckt.
    »Ach so.«
    Rosa nahm die Post, die noch immer unerledigt im Eingangskorb lag, und verließ ohne einen weiteren Kommentar das Zimmer.
    Eschenbach surfte weiter durchs Netz. Beim Begriff Utopiate blieb er hängen. Er gefiel ihm, eine Zusammensetzung aus Utopie und Opiate. Wenn er alles richtig verstand, waren ein paar Molekularbiologen drauf und dran, eine Tür zu zimmern, die zurück ins verlorene Paradies führte. Ein gleichsam verlockendes und erschreckendes Vorhaben, fand er. Erschreckend deshalb, weil dieses Szenario umso realistischer wurde, je mehr er darüber las.
    Eschenbach klickte sich durch eine Reihe von Artikeln und Foren und landete beim Hudson Institute, New York. Auf dessen Seite fand er ein Interview mit Winter.
    Der Professor berichtete, dass sie an der ETH mit der Chromatografie und Spektroskopie über Techniken verfügten, bekannte psychoaktive Moleküle zu spalten. So konnten biologisch aktive Bestandteile von Pflanzen und niedrigen Wirbeltieren isoliert werden. »Denken Sie an die starken Nervengifte, die in der Natur vorkommen. Durch eine Veränderung ihrer molekularen Struktur eröffnen sich neue Welten.«
    Eschenbach suchte im Interview den Namen Tetrodotoxin, fand ihn aber nicht. Stattdessen fand er bereits erforschte Substanzen wie das 2 C-B oder DIPT – Wirkstoffe zur Gefühlssteigerung, zur Freisetzung von Kindheitsfantasien und zur Entfesselung von Kreativität: »Stellen Sie sich unsere Alltagswelt vor

Weitere Kostenlose Bücher