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Eistod

Eistod

Titel: Eistod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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geschoben. Er hatte keine Ahnung, wie sie sich so weit hatten voneinander entfernen können; und noch viel weniger wusste er, wie sie wieder näher zueinander finden sollten.

34
    Der Alte hatte sich geirrt.
    Der Anruf von Lenz erreichte Eschenbach am Sonntag kurz vor fünf im Spital Horgen.
    »Verdammt!«, knurrte der Kommissar in sein Handy. Er war noch keine Stunde bei Kathrin und schon wurde er gestört. Mit Corina hatte er vereinbart, dass sie sich die Besuche bei ihrer Tochter übers Wochenende aufteilen würden. Heute war sein Tag. Aber so besorgt, wie Lenz klang, verhieß es nichts Gutes. Es gäbe eine längere Sache, hatte er sich vage ausgedrückt.
    »Also gut, ich komme.« Mit einem Seufzer beendete Eschenbach das Gespräch.
    »Ist schon gut, Papa. Um sechs bringt die Schwester eh das Abendessen.«
    Eschenbach sah Kathrin an und nickte. Es war ein schlechter Trost.
    Eine knappe Stunde später saßen der Kommissar und Lenz am Arbeitstisch in der kleinen Wohnung in der Mühle.
    Völlig überraschend hatte sich herausgestellt, dass Tobias Meiendörfer alias Tobias Pestalozzi tatsächlich der Neffe von Regierungsrätin Sacher war. »Es tut mir leid, dass ich da falschgelegen bin.«
    »Ich hab’s ja auch nicht gecheckt«, sagte Eschenbach.
    »Trotzdem.« Lenz war es unangenehm. Für ihn waren die eigenen Fehler die härtesten Brocken. Und wie alle Menschen, die zur Perfektion neigten, litt er darunter. »Ich hätte darauf kommen können. Geheimdienstler arbeiten oft so. Der Lebenslauf von Pestalozzi ist eine einzige Täuschung. Den Opernsänger gibt es nicht, auch der Pestalozzi am Lee Strasberg Institute ist ein Fake … ich hätte die paar Anrufe viel früher machen sollen.«
    »Schon gut. Hauptsache, du bist noch draufgekommen.« Lenz sah Eschenbach an, als hätte er eine andere Reaktion erwartet. Ein Moment verstrich. »Weißt du überhaupt, was ich dir zu erklären versuche.«
    »Dass es diesen Pestalozzi nicht gibt.«
    »Nein, das ist es nicht.« Eschenbach zog die Stirn kraus.
    »Das kommt davon, wenn du mir nicht richtig zuhörst.«
    »Also was dann?«
    »Meiendörfer ist Pestalozzi! Das ist der Clou.«
    »Sag mir, worauf du hinauswillst.« Der Kommissar rückte den Stuhl zurecht und sah Lenz aufmerksam an.
    »Verstehst du denn nicht? Der Lebenslauf ist die Fälschung, nicht das Leben.« Lenz fuhr sich mit den Fingern durch die Schnauzhaare. »Das Perfide an Pestalozzi war doch, dass er von Sacher installiert worden war. Diese Annahme haben wir fallen gelassen, nachdem er sich als Mann vom BAP zu erkennen gab und sich als Biochemiker entpuppte. Pestalozzis Lebenslauf im Hinterkopf hatte uns dann genügt, um anzunehmen, dass Meiendörfer also nicht Sachers Neffe ist. Erinnerst du dich jetzt?«
    Langsam dämmerte es dem Kommissar.
    »Und weil es tatsächlich so schien, als gäbe es einen Pestalozzi … die Einträge am Lee Strasberg Institute, der schon fast professionell getürkte Lebenslauf … Deshalb haben wir diese Spur fallen gelassen.«
    Eschenbach nickte bedächtig. »Ein fast perfekter Bluff also.«
    »In der Tat. Es gibt Situationen, da ist die Wahrheit das beste Mittel zur Täuschung.«
    »Du meinst tatsächlich, Sacher steckt dahinter?«
    »Jedenfalls mehr, als wir angenommen haben.« Lenz machte eine Pause. Dann nahm er ein Papier und schrieb den Namen der Regierungsrätin drauf: KLARA SACHER PESTALOZZI. »Sie hat ihren Mädchennamen behalten, schreibt sich ohne Bindestrich. Du weißt schon, das neue Eherecht.«
    »Ich hab’s kapiert, ja.«
    Darunter schrieb Lenz einen zweiten Namen: MERET MEIENDÖRFER-SACHER. »Die beiden sind Schwestern … Zwillingsschwestern übrigens.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt wird’s interessant«, sagte Lenz und fuhr sich erneut aufgeregt über seinen Schnauz. »Nach der Geburt ihres Sohnes erkrankte Meret Meiendörfer schwer. Eine postpartale Depression, die man lange nicht erkannt und auch falsch behandelt hat. Sie entwickelte sich zu einer schizodepressiven Langzeitpsychose, begleitet von mehreren Suizidversuchen … eine lange traurige Geschichte.« Lenz seufzte.
    »Und woher weißt du das? Ich meine, solche Krankengeschichten stehen nicht in der Zeitung …«
    »Manchmal eben doch«, unterbrach ihn Lenz. »Aber dazu komme ich später. Jedenfalls hat sich ihr Mann, Niklaus Meiendörfer, von ihr scheiden lassen. Und obwohl er später wieder geheiratet hat, fiel das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn ihrer Schwester, Klara Sacher, zu. Ein Streitfall, der

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