Eisvampire
wir davon ausgehen, daß dieser Dom der Hauptaufenthaltsort der Vampire und ihrer Sklaven ist, dann könnte es sich bei diesen Mulden um Betten, Ruhestätten handeln. Hier schlafen die Dämonen während des für sie tödlichen Sommers.«
Heartley fingerte nervös an seinem Gewehr herum. »Sollten wir nicht besser schon alles vorbereiten? Jetzt, wo wir noch relativ unbehelligt sind?«
Chroschka stimmte zu und deutete auf eine Wanne, die etwas größer als die übrigen wirkte und ziemlich zentral lag. Die drei Männer und die Frau trugen die Benzinkanister dorthin, und Chroschka stöberte in der Tragetasche und brachte eine Rolle isolierten Kabels und ein kleines Gerät zum Vorschein. Dann öffnete er einen Kanister nach dem anderen und ließ das Benzin in die Wanne laufen.
»Hoffentlich reicht das Zeug aus«, murmelte Logan zweifelnd. »Bei der Größe dieser Halle. Und vielleicht gibt es noch mehr davon.«
Chroschka legte ein Kabelende in das Benzinbad und wickelte die Rolle behutsam ab, während er Schritt für Schritt in Richtung Gang zurücktrat.
»Machen Sie sich darum keine Sorgen, Rick«, erklärte er. »Ich glaube, daß diese riesige Höhle einzig und allein durch die von den Vampiren erzeugte Eisschicht stabilisiert wird, und Sie haben bei dem Angriff der Schlange ja gesehen, wie zerbrechlich das Material ist. Die Explosionswirkung und die Hitze des Benzins werden ausreichen, um das gesamte Höhlensystem zum Einsturz zu bringen.«
Logan teilte nicht ganz den Optimismus Enver Chroschkas, aber er gab sich mit diesem Bescheid zufrieden. Mehrmals stampfte er mit den Füßen auf, um die Starre seiner frierenden Glieder zu beenden. Nur dem Umstand, daß es hier unter der Erde keinen Luftzug gab, bewahrte sie davor, in der schneidenden Kälte elend umzukommen.
Das Geräusch eines fallenden Steines drang an Logans Ohr. Er blickte sich um, aber in dem Dämmerlicht konnte er ab einer bestimmten Distanz nur graue Schatten erkennen. Seine Augen richteten sich auf Chroschka, der – gesichert durch Heartley und Sandy – das Zündkabel mit jenem Gerät verband, dessen roter Knopf deutlich die Funktion verriet.
»Haben Sie auch etwas gehört, Bill?« flüsterte Logan unwillkürlich mit gedämpfter Stimme. »Oder du, Sandy?«
Die Angesprochenen schüttelten die Köpfe. Chroschka befestigte einen letzten Kontakt und öffnete eine Klappe im Boden des kleinen Schaltkästchens. Sorgfältig legte er zwei Minibatterien hinein. Zufrieden nickte er dann. »Die Babyzellen sind voll geladen. Einer Sprengung steht nichts mehr im Weg.«
Da – wieder das Geräusch. Logan entsicherte sein Gewehr. »Ich schaue mich einmal kurz um. Ihr wartet hier. Ich bin gleich wieder da.«
Lautlos hastete er auf eine im oberen Drittel geteilte Eisnadel zu – eine schillernde Figur, mehr als fünf Meter im Umfang und kalt, entsetzlich kalt. Von dort war das Geräusch gekommen. Logan sah um die Ecke – und starrte genau in die Fratze eines Zombies.
Die Kreatur fletschte die Zähne und schlug nach Logan, verfehlte ihn, und dann warf sie sich herum und flüchtete in langen Sätzen auf eine bis dahin unsichtbare Tunnelöffnung zu.
Er wird mich zu dem Versteck seiner Artgenossen führen, dachte Logan. Schnell entschlossen nahm er die Verfolgung auf. Der Zombie verschwand im Dunkel des Tunnels, und Logan nahm seinen Scheinwerfer und knipste ihn an. Der Lichtstrahl traf auf den geflüchteten Zombie und auf zwei weitere dieser Wesen. Logan schoß im Laufen. Der Knall hörte sich in der hallenden Höhle wie ein riesiger Gong an. Einer der Zombies wimmerte klagend auf. Getroffen.
Die beiden anderen trennten sich und stolperten aus dem Bereich des Scheinwerferstrahls. Ihre kristallenen Körper funkelten.
Logan feuerte erneut. Ein heiserer Schrei bewies ihm, daß sein aufs Geradewohl abgegebener Schuß sein Ziel gefunden hatte.
Nur noch einer. Wo mochte er stecken? War er tiefer in den Tunnel eingedrungen? Die Lampe zeigte Logan, daß der Stollen nach knapp zwanzig Metern abknickte. Hinter der Ecke? War der Zombie auf den Gedanken gekommen, ihm hinter der Biegung aufzulauern?
Dem Polizeichef blieb keine andere Wahl. Er mußte den Zombie finden und töten – bevor er sie tötete ...
Sandy Vaughn schrie leise auf, als sie den Schuß hörte, der gleich darauf von einem zweiten gefolgt wurde.
»Rick!«
»Offenbar ist er auf Vampire gestoßen«, vermutete Heartley.
»Ich gehe zu ihm«, sagte das Mädchen entschlossen.
Chroschka hielt sie fest.
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