Eiswein (German Edition)
hätte sie sich gewehrt. Gestorben ist sie jedenfalls an den Gehirnblutungen, die der Schlag auf ihren Kopf ausgelöst hat.«
Braunagel hatte aufmerksam zugehört. Er erinnerte sich daran, in unmittelbarer Nähe des Opfers ein paar abgebrochene Pfosten gesehen zu haben, die vermutlich aus einem Wildzaun stammten, der erneuert worden war. Die Spurensicherung hatte die Hölzer gründlich untersucht, aber keine Blutspuren gefunden.
»Wer auch immer das getan hat, hat vermutlich denselben Knüppel zum Umdrehen verwendet, mit dem er sie erschlagen hat«, hörte er den Rechtsmediziner sagen. »Wir haben Fichtenholzsplitterchen an den Armen und der Brust gefunden, wo das Ding als Hebel angesetzt worden ist. Deshalb wissen wir mit Sicherheit, dass sie nackt war. Zumindest, als sie umgedreht wurde.«
»Ihr Mörder wollte die nackte Frau nicht anfassen.« Braunagel schüttelte den Kopf. »Abartig.«
Im Hörer herrschte Schweigen. Dazu gab es nichts zu sagen.
»Wie viel Zeit ist zwischen dem ersten Schlag und dieser - Attacke auf ihr Gesicht vergangen, wissen Sie das? So ungefähr.« Wenn es tatsächlich so etwas wie eine Hinrichtung war, ein Ritualmord, dann könnte die Klärung dieser Frage wichtig sein, ging Braunagel dabei durch den Kopf. »Ich meine, waren es eine Stunde oder ein paar Minuten?«
»Das könnte ziemlich zeitnah zum Schlag auf ihren Kopf passiert sein, also eher im Minutenbereich«, hörte er den Mediziner sagen. »Allerdings haben die Wunden im Gesicht nicht mehr stark geblutet, soweit wir das nachvollziehen können. Deshalb gehe ich auch davon aus, dass sie bereits tot war, als ihr Gesicht zerschlagen wurde.«
»Ich danke Ihnen«, schloss Braunagel das Gespräch.
»Keine Ursache. Der Bericht folgt auf dem üblichen Weg.«
Braunagel legte nachdenklich das Telefon auf die Ladestation zurück.
»Was sagt er?«, wollte Schwarz wissen, der aufmerksam zugehört, aber nur einen Teil des Gesprächs mitbekommen hatte.
Braunagel fasste das Gehörte kurz zusammen.
»Sieht so aus, als hätte die Zeller mit ihrem Ritualmord in eine mögliche Richtung gedacht«, gab er dann zu. »Hinrichtung. Wer aber hätte diese Frau denn hinrichten sollen und warum? Der junge Orthler?«
»Christoph Orthler sagte, sie war schön. Warum hätte er ihr Gesicht zerstören sollen?«, fragte Schwarz halblaut vor sich hin.
»Gute Frage. Ich danke dir.« Braunagels sarkastischer Ton war nicht zu überhören. »Übrigens: Seine Schwester hat ein bezeugtes Alibi für die Tatzeit, die fällt als Täterin eindeutig weg.« Seine Genugtuung war nicht zu überhören. »Sie lag mit einer Blinddarmreizung im Krankenhaus. Aber Julias Exmann sollten wir dringend besuchen.«
»Ich hab hier seine Adresse, wir können sofort losfahren.«
»Ruf erst noch die Kollegen in Freudenstadt an und frag, ob was gegen Robert Steiner vorliegt.«
»Was ist mit diesem Sven?«, hakte Schwarz nach.
»Ich glaube kaum, dass der sich die Mühe gemacht hat, ihr nachzuspionieren, um sie dann umzubringen.«
Schwarz hatte bereits die Telefonnummer der Polizeidirektion in Freudenstadt gewählt und darauf gewartet, dass dort jemand das Gespräch annahm. Jetzt drückte er die Leitung wieder weg.
»Wieso nicht?«
»Aaaach!« Braunagel warf seinem Kollegen einen gereizten Blick zu. »Blödsinn.«
»Na ja?«
»Du wirst unprofessionell, Schwarz. Sven wollte sie haben , nicht verlieren .«
»Vielleicht wollte er nicht, dass er sie an Christoph Orthler verlor, der nicht sehr viel älter ist als er selber. Wenn er sie nicht haben konnte, dann auch dieser Winzer nicht.«
»Du schaust dir zu viele Krimis an, Mann!«, knurrte Braunagel. »Nein, nein. Das ergibt keinen Sinn. Der hätte in dem Fall doch eher den Winzer umgebracht! Zu dem jungen Steiner passt vielmehr die Tatsache, dass er zusammen mit seinem Vater versucht hat, Julia Neubauer das Hotel wegzunehmen. Wer erbt das jetzt eigentlich?«
»Ach so ja, hätte ich fast vergessen. Der Anwalt von Julia Neubauer hat mir am Telefon gesagt, dass Karl 40% Firmenanteile besitzt, und dass die übrigen 60% im Falle von Julias Ableben ebenfalls an ihn übergehen.«
»Aber Karl würde Julia nicht umbringen, um auf diesem Weg schneller an das Hotel zu kommen. Er mag ein guter Mitarbeiter sein, aber er überschätzt seine Fähigkeiten als Manager auf keinen Fall. Nein, der kommt für mich nicht infrage. Außerdem hat er ein Alibi.«
»Das sehe ich auch so«, pflichtete ihm Schwarz bei.
»Also fallen erst mal alle weg, die
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