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Eiswein (German Edition)

Eiswein (German Edition)

Titel: Eiswein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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Lächeln umspielte die Lippen Annemarie Zellers, die theatralisch die Arme vor der Brust verschränkt hatte. »Wenn Julia Neubauer ihren unzuverlässigen Lover in Misskredit gebracht hätte, wäre er geschäftlich fertig gewesen. Das kann schon mal mörderische Gedanken bei Leuten auslösen, denen das so gar nicht passt.« Sie schaute die beiden Männer herausfordernd an. »Klar?«
    Als sie nicht darauf antworteten, fuhr Annemarie Zeller fort: »Nun ja, ums mal so zu sagen: Wenn Julia Neubauer so was in Umlauf gebracht hätte, wäre es nicht nur für seine Winzerkollegen ein willkommener Grund gewesen, ihn in Misskredit zu bringen, er wäre auch für seine Bank ein Kunde geworden, den sie schnell loswerden wollten. Das dürfte Orthlers Schwester in keinem Fall in den Kram gepasst haben, wenn sie auf weitere Zahlungen aus war.« Sie schaute abwartend von einem zum anderen, bevor ihr noch etwas einfiel: »Haben Sie das mit den Videos im Internet überprüft?«
    »Hab ich. Es gibt keine. Der Orthler ist weder abartig veranlagt noch ein Krimineller!« Braunagel verschränkte jetzt ebenfalls die Arme vor der Brust und schüttelte missbilligend den Kopf. »Jetzt ist also Christoph Orthlers Schwester Ihre Hauptverdächtige. Sehr schön.« Kümmern Sie sich doch selber um sie, hätte er gerne noch angefügt. Aber er behielt es besser für sich. Ein Blick in Norbert Schwarz’ Richtung
    »Sie werden mit seiner Schwester reden«, bestimmte Annemarie Zeller und erhob sich. »Hier ist ihre Adresse.«
    »Ich danke auch artig für Ihre Hilfe und die Tipps, Frau Kollegin. Und was ist jetzt mit Christoph Orthler?«
    »Im Auge behalten. Noch ist er unser Hauptverdächtiger.«
    »Ach. Unser Hauptverdächtiger.« Braunagel schaute finster auf die Tür, die sich hinter Annemarie Zeller geschlossen hatte. »Ja wunderbar.«
    Als er abends an der Straßenbahnhaltestelle gegenüber der Polizeiinspektion auf die Linie 2 Richtung Sanderau wartete, hing er düster seinen Gedanken nach, die sich immer wieder mit dem verflochten, was seit Monaten in seinem Kopf herumspukte. Die Straßenbahn hielt, und Braunagel ließ sich auf einem Platz am Fenster nieder. Er starrte hinaus, ohne wirklich wahrzunehmen, was er draußen sah. Nur die Regentropfen registrierte er, die an den Scheiben herunterliefen. Schräg, als die Straßenbahn fuhr, gerade, als sie anhielt.
    In der Sanderau stieg er aus und machte sich mit hochgezogenen Schultern auf den Weg zu dem Neubau, in dem er wohnte.
    Er warf einen Blick an der Fassade hinauf, und wünschte sich, dass da oben in seiner Zweizimmerwohnung Licht brannte. Dass jemand auf ihn wartete, sich anhörte, was in seinem Kopf herumgeisterte, ihn in die Arme nahm, ihm sagte, dass er sich nicht so viele Gedanken machen solle.
    Alina.
    Braunagel sperrte die Haustüre auf und stieg die Treppen hinauf in den dritten Stock. Nach einem Blick aus dem Fenster im Treppenhaus steckte er den Schlüssel ins Schloss und trat in seine Wohnung. Er strich mit der Hand über den Lichtschalter, wartete, bis das Licht anging, schloss die Tür hinter sich, und steuerte dem Bad zu. Eine lange, heiße Dusche würde ihm guttun. Dann wollte er ins Bett gehen und schlafen. Er war so müde.
    Wenn er vorher eines dieser gelben Dinger schluckte, die ihm sein Psychologe verschrieben hatte, konnte er vielleicht einschlafen, ohne vorher die Flashbacks erleben zu müssen, die ihn üblicherweise davon abhielten.
    Es sollte ihm auch an diesem Abend nicht gelingen.
    Alina.

Donnerstagvormittag
    »Die Obduktion hat eindeutig ergeben, dass Julia Neubauer von schräg hinten oben mit einem runden Stück Fichtenholz niedergeschlagen wurde. Es scheint, als hätte sie auf dem Boden gekniet, als sie dieser Schlag traf«, erklärte der Gerichtsmediziner seine Erkenntnisse.
    »Also doch eine Art Hinrichtung.« Braunagel erinnerte sich verärgert daran, dass Annemarie Zeller einen Ritualmord angesprochen hatte. »Warum sonst sollte jemand bei Temperaturen um die 8°C nackt und freiwillig auf dem Waldboden knien? Oder wie?« Allerdings war ihm dabei nicht klar, warum jemand Julia mit einem Schlag auf den Kopf hingerichtet haben sollte. Da benutzte man erfahrungsgemäß eher eine Schusswaffe.
    »Kann sein. Sie fiel vermutlich nach dem Schlag bewusstlos zu Boden und blieb mit dem Gesicht nach unten liegen. Jemand hat sie umgedreht und ihr Gesicht mit einem Stein zertrümmert. Da hat sie möglicherweise noch gelebt, die Attacke aber bestimmt nicht mitbekommen, sonst

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