Eiswind - Gladow, S: Eiswind
vollen Kassen einstellen können?«
»Schon gut«, winkte Nino ab. »Ich hab sie gesehen am Donnerstag. Sie war mit den zwei anderen Mädchen hier. Hab aber keinen Namen.«
Bendt sah ihn erneut scharf an.
»Ehrlich nicht«, beteuerte Nino und unterstrich seine Äußerung, indem er seine Hände gen Himmel streckte.
»Haben die Mädchen mit jemandem gesprochen?«, forschte Bendt weiter. »Mit irgendwelchen Typen vielleicht, die du kennst?«
»Leute«, Nino verdrehte die Augen, »ich habe eine Bar, klar? Ich bin nicht der Gesprächsleiter eines Debattierclubs. Hier war wie immer die Hölle los. Da hab ich echt keine Zeit, mir zu merken, wer hier mit wem blöde rumquatscht.«
Bendt ließ nicht locker. »Solche Mädels«, sagte er, »werden doch garantiert permanent angesprochen.«
»Logisch!«, rief Nino ungeduldig. Seine in Falten gelegte Stirn dokumentierte deutlich, was er von Polizeibeamten hielt.
»Natürlich werden die angequatscht«, wiederholte er dann. »Solche Schnitten brauch ich hier auch, sonst kämen ja die Kerle nicht. Das waren alles echte Sahneschnitten.« Er küsste die Fingerkuppen seiner rechten Hand, bevor er fortfuhr. »Echt knackig und frisch und immer appetitlich verpackt, die Girls.«
»Und«, Bendt hob die Brauen, »wie haben sich die Sahneschnitten so benommen?«
Nino stützte jetzt beide Ellenbogen auf den Tresen und verdrehte die Augen. »So«, setzte er an, »wie sie es alle tun. Sehen aus, als wollten sie einen Aufriss machen, und wenn einer sie anquatscht, tun sie so, als hätte man sie auf der Couch beim Fernsehen gestört.«
»Kann das ein alter Mann wie ich ein bisschen genauer hören?«, fragte Hauptkommissar Braun dazwischen.
»Also«, fuhr Nino fort. »Wenn die Mädels einer gefragt hat, ob es sie stört, wenn er raucht, dann haben die geantwortet, dass es sie nicht mal stört, wenn er brennt, okay?«
Der Hauptkommissar konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
»Sie hier«, Bendt deutete auf das Bild, »soll aber kein Kind von Traurigkeit gewesen sein.«
»Mag sein«, gab Nino zurück, »aber dann musste auch schon einer aussehen wie James Dean, und der ist eben nicht jeden Donnerstag dabei.«
»Völlig klar«, antwortete Bendt. »Wie stand es denn nun an diesem Donnerstag? Was Interessantes?«
»Da ist so eine Bohnenstange um die Mädels rumgeschlichen«, antwortete Nino. »Hat mich genervt, weil er sich den ganzen Abend an einem Bier festhielt. Ansonsten haben die getanzt, was weiß ich, mit wem.«
Bendts Blick war zu entnehmen, dass er Nino nicht glaubte.
»Is’ so!«, bekräftigte dieser jedoch seine Äußerung, und Bendt wusste, dass es wenig sinnvoll war, weiter nachzuhaken.
»Okay«, sagte er darum. »Wenn dir noch was einfällt«, er reichte ihm eine Visitenkarte, »weißt du, wo du uns findest.«
»Ist schon möglich«, schaltete Hauptkommissar Braun sich nochmals ein, »dass wir Ihre Bedienung
noch mal befragen wollen. Wäre also nett, wenn Sie uns die Personalien aufschreiben könnten.«
»Muss ich raussuchen«, gab Nino zurück. »Hab ich jetzt nicht hier, muss ich erst ins Büro.«
»Macht nichts«, sagte Bendt resigniert. »Dann werd ich mich morgen melden.«
Nino beobachtete die Kommissare durch das Fenster, während sie zum Wagen gingen. Christoph hatte genug Ärger mit den Bullen und war mit Sicherheit kein Mörder. Warum also seinen Namen rausrücken?
9. KAPITEL
A lexander Jensen schnippte eine weitere Zigarettenkippe in den See. Er blickte auf das Wasser und verfolgte den Weg der Kippe, die im friedlichen Takt der Wellen davonschwappte. Der Steg, auf dem er saß, reichte bis weit in den Müritzsee.
Hinter ihm lag das zum Ferienhaus umgebaute ehemalige Bootshaus. Die auf Pfählen errichtete Hütte der Eltern seines Freundes Sebastian war vor wenigen Wochen winterfest gemacht worden. Er hatte geholfen, das Segelboot ins Winterquartier zu bringen, und war deshalb sicher, dass Sebastians Eltern das Haus in den kommenden Monaten bestimmt nicht nutzen würden. Überdies gab es auch für die Polizei keine Anhaltspunkte, ihn hier zu vermuten.
Die Hütte lag relativ abgelegen mitten im dichten Schilfgras, und er hätte sich an der winterlichen Idylle erfreuen können, wenn die Angst ihm nicht gnadenlos im Nacken gesessen hätte.
Jeder Einkauf, jeder Schritt in die Öffentlichkeit bedeutete Gefahr. Soweit erforderlich, holte er das Fahrrad aus dem Schuppen, um in den umliegenden Supermärkten das Nötigste einzukaufen. Den Wagen konnte er
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