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Eiswind - Gladow, S: Eiswind

Titel: Eiswind - Gladow, S: Eiswind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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überragte ihn zwar in der Körperlänge, war dabei jedoch derart dürr und schlaksig, dass jeder Windhauch ihn umzublasen drohte. Zudem prangte in seinem schmalen Gesicht eine überproportional große, mit Akne übersäte Nase.
    »Ich will, dass hier augenblicklich Schluss ist, klar?!«, befahl Dr. Jakob streng, woraufhin Ferdi und Volker artig nickten.
    Der Lehrer suchte seinen Blick. »Du hast einen guten Bruder«, sagte er, gab Ferdinand einen anerkennenden Klaps auf die Schulter und verließ den Raum.

    Volker und Ferdi standen sich einen Augenblick reglos gegenüber.
    »Du nennst ihn nie mehr meinen Bruder, klar?!«, sagte Ferdi drohend. Seine Stimme bebte, und er war bereit, jeden Moment wieder auf Volker loszugehen.
    »Ist ja gut, Mann«, antwortete Volker beschwichtigend. Sie versetzten sich gegenseitig einen versöhnlichen Faustkick auf die Schulter. Dann drehten sie sich gemeinsam zu ihm um und blickten ihn einen Moment in stiller Übereinkunft an.
    Es schnürte ihm unwillkürlich die Kehle zu. Niemand in der Umkleide sprach ein Wort.
    »So«, sagte Ferdi dann, und seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen. »Dann wollen wir die Drecksau jetzt mal duschen!«

13. KAPITEL
    A nna mochte nicht aufstehen. Sie wollte am liebsten nie wieder aufstehen, zog ihre Decke über den Kopf und versuchte das laute Läuten an der Tür zu ignorieren.
    Hubert war unten im Flur, und sein Bellen dröhnte ihr zusätzlich in den Ohren. Sie hatte sich krankgemeldet, hatte sich nicht imstande gefühlt, ins Büro zu gehen.
    Es klingelte erneut. Offensichtlich war dort unten jemand, der nicht bereit war aufzugeben. Sie rollte sich zur Seite und tastete zwischen den Taschentüchern und den diversen Schachteln Niederegger-Marzipan nach dem Hörer ihrer Gegensprechanlage.
    »Hallo?«, meldete sie sich schließlich genervt.
    »Gott sei Dank!«, vernahm sie Georgs besorgte Stimme am anderen Ende. »Ich hätte hier unten jeden Moment die Tür eingeschlagen, wenn du jetzt nicht gleich drangegangen wärst. Ich habe schon gedacht, dir ist etwas zugestoßen!«
    Sie seufzte.
    »Ich lebe noch, wie du hörst«, sagte sie mit leisem Sarkasmus in der Stimme. »Du kannst also beruhigt wieder gehen.«

    »Ich rühre mich hier nicht vom Fleck, bevor du mir die Tür aufmachst!«, gab er entschieden zurück.
    »Ich will aber nicht mit dir sprechen«, sagte sie störrisch und vergrub ihren Kopf unter dem Kissen.
    »Du machst mir jetzt sofort die Tür auf!«, forderte er, und seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
    »Also gut«, gab sie sich geschlagen und schälte sich aus dem Bett. »Ich muss mir nur schnell was anziehen.«
    Sie streifte sich eine Jeans und einen Pulli über. Ein Blick in den Spiegel verriet ihr, dass sie verheerend aussah. Sie stieg die Treppe hinab, öffnete die Haustür, machte wortlos kehrt und ging in die Küche. Georg folgte ihr. Sie schaltete die Espressomaschine ein und nahm zwei Tassen aus dem Regal.
    »Du willst doch einen, oder?«, fragte sie statt einer Begrüßung, und er nickte.
    »Du siehst grauenvoll aus«, sagte er dann schonungslos, wenngleich er fand, dass sie auch mit ihren verheulten Augen und den strähnigen Locken, die ihr ungekämmt auf die Schultern fielen, immer noch attraktiv war.
    »Vielen Dank für das reizende Kompliment«, antwortete sie ironisch, während sie die Milch aufschäumte. »Da fühle ich mich ja gleich besser.«
    Er nahm am Küchentresen Platz. »Maja hat uns erzählt, was passiert ist«, beantwortete er ihre stille Frage. »Es tut insbesondere Tom wahnsinnig leid, dass du es auf diese Weise erfahren musstest.«
    Sie knallte den Edelstahlbehälter, in dem sie die Milch zubereitet hatte, hart auf die Arbeitsfläche und
herrschte ihn an: »Wie zum Teufel hätte ich es denn sonst erfahren sollen!? Mit mir redet ja niemand!«
    Ihre Stimme überschlug sich fast, und sie kämpfte erneut mit den Tränen. »Ihr habt es alle gewusst!«, fauchte sie. »Ihr habt es verdammt noch mal alle gewusst.« Anna blickte ihn anklagend an und wandte sich dann wieder mit übertriebener Geschäftigkeit ihrer Espressomaschine zu.
    Georg widerstand der Versuchung, aufzustehen und sie in die Arme zu nehmen. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie ihn zurückweisen würde.
    »Natürlich haben wir es gewusst«, sagte er stattdessen sanft. »Aber wie hätten wir uns denn verhalten sollen? Tom wollte es dir sagen, und wir fanden das auch richtig. Es ist …« Er stockte und suchte nach den richtigen Worten. »Es

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