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Eiswind - Gladow, S: Eiswind

Titel: Eiswind - Gladow, S: Eiswind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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zurückzufahren. Ich werde auch brav artig sein …«, er blickte ihr erneut tief in die Augen und fügte nach einer kleinen Pause hinzu: »… müssen.«
    Anna schluckte. Sie hatte plötzlich einen Kloß im Hals, und ihr Herz pochte. »Georg, ich …«
    Er legte zärtlich den Zeigefinger seiner rechten Hand auf ihre Lippen und schüttelte den Kopf. »Nichts sagen«, hauchte er heiser.
    Sie stellte widerwillig fest, dass sie sich nach seiner Berührung sehnte.
    »Sabine und die Kinder sind nicht umsonst allein nach Sylt gefahren«, sagte Georg nach einer kleinen Weile und starrte auf seinen Teller. »Es ist nicht so, dass wir uns getrennt hätten. Das wäre zu viel gesagt. Es ist nur so, dass wir beide ein bisschen Abstand brauchen.«
    Anna schluckte erneut. Ihr wurde bewusst, dass sie in letzter Zeit vor allem an ihre eigenen Gefühle gedacht, sich aber nicht einen einzigen Moment lang gefragt hatte, wie es Georg ging, geschweige denn ihn danach gefragt hätte.
    »Das tut mir leid«, sagte sie nun betroffen, und erneut entstand eine Pause. Ihr Hunger war wie weggeblasen, und sie schob ihren Teller von sich.

    »Jetzt habe ich dir den Appetit verdorben«, sagte Georg und stand unvermittelt auf, um eine weitere Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank zu holen.
    »Und warum?«, fragte Anna, während sie Georg beim Öffnen zusah.
    »Weil mein Glas schon wieder leer ist«, gab er zurück.
    »Du weißt, was ich meine!« Sie stocherte lustlos auf ihrem Teller herum, den sie wegen ihres schlechten Gewissens wieder herangezogen hatte.
    »Warum?«, wiederholte er ihre Frage und zuckte mit den Schultern, während er an den Tisch zurückkam. »Ich weiß es nicht genau«, fügte er traurig hinzu.
    »Irgendwann wacht man auf und stellt fest, dass jemand mehr zu seiner Vergangenheit als zu seiner Zukunft gehört, denke ich«, sagte er betrübt, und Anna spürte, dass er nicht weiter auf das Thema eingehen wollte. Da sie wusste, was er meinte, nickte sie nur.
    Sie sahen einander an. Georg entdeckte einen kleinen Kartoffelrest über Annas Oberlippe und lächelte. »Sie haben da was, Fräulein Hildegard!«, spielte er auf den bekannten Loriot-Sketch mit der Nudel an und wischte ihre Lippe mit dem Daumen sauber. »Essen Sie schon länger?«
    »Ich übe noch«, gab sie verlegen zurück, und sie blickten einander an.
    »Hast du jemals darüber nachgedacht, wie alles geworden wäre, wenn wir damals zusammengekommen wären?«
    Anna schüttelte den Kopf. »Ich hab mich eher gefragt, woran es liegt, dass es nie passiert ist.«

    »Irgendwie hat es nie gepasst«, gab Georg zurück. »Einer von uns war immer gebunden. Gerade du warst quasi nie Single.«
    »Natürlich war ich auch Single!«, protestierte Anna entschieden.
    »Ja, und das war ein verdammt harter Tag, was?«, fragte Georg ironisch, und beide mussten lachen.
    »Du bist gemein«, sagte sie dann. Anna spürte, dass ihre Wangen glühten. Versonnen nahm sie einen weiteren Schluck Wein und sah Georg zum ersten Mal an diesem Abend an, ohne ihren Blick abzuwenden.

22. KAPITEL
    E s war quälend für ihn, die beiden beobachten zu müssen. Dennoch erlag er dem ständigen Zwang, es zu tun.
    Er hasste Ferdi für seinen Erfindungsreichtum, wenn es darum ging, das Internatsgelände zu verlassen und Ina irgendwohin zu entführen. Nicht immer war es ihm gelungen, ihnen zu folgen.
    Einmal hatte er tatenlos mit ansehen müssen, wie Ferdi gemeinsam mit ihr eine nahe dem Haupteingang abgestellte Vespa bestiegen hatte und wer weiß wohin gefahren war. Tränen der Wut hatten ihm auf den Wangen gebrannt, während er Ferdis Zimmer nach Hinweisen auf ihren Aufenthaltsort durchsucht, jedoch nichts gefunden hatte. Es waren quälende Stunden der Ungewissheit gewesen, in denen er seine Fingerkuppen als Strafe dafür zerbissen hatte, dass er selbst so unfähig war.
    Die jährlich stattfindende Herbstreise der Leichtathletikmannschaft stand unmittelbar bevor. Ferdi und Ina waren als Mitglieder des Sportkaders berechtigt, an der Reise teilzunehmen. Die Vorstellung, sie über zehn Tage nicht im Auge behalten zu können, erschien ihm unerträglich, zumal er wusste, was Ferdi vorhatte.
    Ferdi wollte Sabrina nageln, so hatte er jedenfalls vor seinen Freunden in der Umkleidekabine geprahlt. Er hatte das
Gespräch von einer der Klokabinen aus belauscht. Mit an den Körper gepressten Beinen hatte er auf einer Kloschüssel gehockt und vor Angst, entdeckt zu werden, gezittert wie Espenlaub.
    Er musste es um jeden Preis

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