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Eiswind - Gladow, S: Eiswind

Titel: Eiswind - Gladow, S: Eiswind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
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geantwortet, dass sie es für absolut normal halten würde, wenn Sophie in ihrem Alter einen Freund hätte. Tiedemann hatte ihr daraufhin einen Vortrag über den Verfall der Moral und Sitten gehalten, bei dem Anna sich zunächst gefragt hatte, ob Tiedemann sie auf den Arm nehmen wollte. Er meinte es aber bitterernst, wie Anna erkennen musste.
    »Wir sind schon komplett«, sagte Sophie nun zufrieden und riss sie aus ihren Gedanken.
    Aus dem Augenwinkel hatte Anna erkannt, dass bei ihrer Frage ein undefinierbares Zucken über Tiedemanns Gesicht gehuscht war. Sie fragte sich unwillkürlich, wie Sophie ihrem Vater den Anlass und die Umstände ihrer Einladung geschildert hatte und ob vielleicht sogar der Eindruck entstanden war, sie selbst sei die treibende Kraft dieses Unternehmens gewesen.
    »Sie haben es wirklich hübsch hier«, sagte Anna erneut, um die Gesprächspause zu überbrücken, die entstanden war, während ihr Blick die in peinlicher
Ordnung aufgestellten Weingläser in der Vitrine streifte.
    »Ja«, antwortete Oberstaatsanwalt Tiedemann. »Jetzt wissen Sie, wie wir wohnen.«
    »Ich habe meinem Vater erzählt«, schaltete sich Sophie eifrig ein, »dass Sie gern einmal sehen wollten, wie wir so leben.«
    Anna versuchte, sich das Gespräch mit Sophie in Erinnerung zu rufen, und fragte sich, ob sie wirklich eine Äußerung in dieser Richtung gemacht hatte, konnte sich aber nicht daran erinnern. Ihr schwante voller Unwohlsein, dass Sophie ihrem Vater das Zustandekommen von Annas Besuch völlig falsch dargestellt hatte. Während sie einander zuprosteten, richtete sie sich innerlich auf einen sehr anstrengenden Nachmittag ein.
    »Ich mach gleich mal mein Geschenk auf!«, sagte Sophie nun und begann damit, das Paket umständlich auszuwickeln.
    »Ich hoffe, es gefällt dir«, gab Anna zurück, froh darüber, für eine kleine Weile Gesprächstoff zu haben.
    Sophie freute sich über die Kosmetik, und so konnte Anna ein paar Minuten lang mit ihr über Make-up fachsimpeln. Sophie sah glücklich aus und wurde nicht müde, im Beisein ihres Vaters Lobeshymnen auf Annas Aussehen und Geschmack zu singen.
    »Wir sollten ins Esszimmer gehen«, schlug Oberstaatsanwalt Tiedemann schließlich vor und ging in den kleinen Raum voraus, in dem bereits der Kaffeetisch gedeckt war.
    Anna nahm sich die Zeit, einige der Fotos auf der
Fensterbank und der Anrichte anzusehen, auf denen Sophie und vereinzelt auch ihr Vater abgebildet waren. Es war kein einziges Bild von Sophies Mutter oder irgendwelchen anderen Personen darunter, stellte sie verwundert fest.
    Sie nahm gegenüber dem Hausherrn an der kleinen und ersichtlich mit Liebe gedeckten Kaffeetafel Platz, und Sophie legte Anna ein großes Stück Kuchen auf den Teller, während sie stolz verkündete, diesen selbst gebacken zu haben.
    »Schmeckt fantastisch«, lobte Anna.
    »Ja, nicht?«, antwortete Sophie mit einem Augenzwinkern. »Wenn man die einzige Frau im Haus ist, muss man so etwas eben sehr früh lernen. Mein Vater ist ja leider solo.« Und dann fügte sie hinzu: »Das muss aber nicht so bleiben.«
    Tiedemann räusperte sich unbehaglich.
    »Sie sind doch auch nicht verheiratet, oder?«, fragte Sophie ungeniert weiter, und Anna hätte die Kuppeleiversuche sicher als niedlich und belustigend empfunden, wenn sie den Eindruck gewonnen hätte, Sophies Vater empfände deren Vorstoß als ebenso absurd wie sie selbst. Aber irgendetwas in seinem Gesichtsausdruck verriet ihr, dass er recht dankbar darüber zu sein schien, dass Sophie seine Kollegin eingeladen hatte.
    Für Anna erschien eine Verbindung zu ihrem Vorgesetzten unabhängig von dem beträchtlichen Altersunterschied von zwanzig Jahren nahezu absurd. Nicht im Traum hätte sie auch nur einen Moment lang daran gedacht, dass er das anders sehen könnte.

    Sie blickte verstohlen auf ihre Uhr. Es war vier. Vor halb sechs konnte sie sich unmöglich verabschieden, ohne unhöflich zu wirken.
    Bald hatten sie alle Gesprächsthemen angefangen von Sophies Schullaufbahn über das reizende Geschirr bis hin zur Wetterlage erschöpfend behandelt, und Anna fühlte sich in ihrer Annahme bestätigt, dass der Oberstaatsanwalt und sie sich mit Ausnahme juristischer Themen letztlich nicht viel zu sagen hatten.
    »Ich treffe mich heute Abend noch mit einer Freundin«, sagte Sophie schließlich.
    »Ach, wie nett«, sagte Anna und wollte gerade die Gelegenheit nutzen, um sich zu verabschieden, als Tiedemann einhakte.
    »Ich bin ein schlechter Koch«,

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