Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eiswind - Gladow, S: Eiswind

Titel: Eiswind - Gladow, S: Eiswind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gladow
Vom Netzwerk:
besprechen, aber ich dachte, Sie hätten vielleicht auch Hunger.« Sie versuchte, so unschuldig wie möglich auszusehen. »Es ist immer anstrengend, mit Vorgesetzten auszugehen«, ergänzte sie, um ihre ablehnende Haltung gegenüber Tiedemann zu erklären.
    Bendt ersparte es sich, darauf hinzuweisen, dass der Oberstaatsanwalt nicht danach ausgesehen hatte, als habe er ein Fachgespräch mit seiner Kollegin führen wollen.
    Anna wiederum hatte wenig Lust zu erklären, dass sie einen unsäglichen Abend mit ihrem Vorgesetzten beim Italiener verbracht hatte. Tiedemann hatte keine Gelegenheit ausgelassen, in ihrem Privatleben herumzustochern.
Zuweilen war es Anna fast so vorgekommen, als säße sie auf einer Prüfbank für moralische Integrität.
    »Also, was halten Sie zum Beispiel von einem Fischbrötchen?«, riss Bendt sie schließlich aus ihren Gedanken, und Anna stimmte dankbar zu.
    Sie verließen das Gebäude und schlugen die Straße in Richtung Hafen ein.
    Aus seinem Büro blickte Oberstaatsanwalt Tiedemann ihnen noch lange nach.

25. KAPITEL
    E s war kurz vor acht Uhr morgens. Er stand hinter einer dicken Eiche verborgen und wartete. Jede Faser seines Körpers war gespannt. Er fühlte sich wie ein wildes Tier, das seiner Beute auflauert.
    Der Wind hatte in den vergangenen Tagen eine Menge Laub von den Bäumen gefegt, das sich nun schwer und feucht auf dem vom Morgentau nassen Erdboden sammelte. Er genoss die Erregung, die ihn bei dem Gedanken durchzuckte, dass sie jeden Moment auftauchen könnte.
    In den vergangenen Wochen hatte er sie beobachtet und wusste, wann sie laufen ging. Sie war stolz darauf, so sportlich zu sein. Sie hatte ihm im Chat davon berichtet. Es war der Ausgleich, den sie angesichts ihrer sitzenden Tätigkeit im Büro brauchte, wie sie schrieb.
    Obwohl es in der Nacht den ersten Frost gegeben hatte und sehr kalt war, fror er nicht. Die Erwartungen an sein Vorhaben wärmten ihn mehr als die zerschlissene dunkelbraune Daunenjacke, die er trug. Er lauschte angespannt und richtete seinen Blick auf den nahe gelegenen Parkplatz, als er ein Fahrzeug heranfahren hörte. Aus seiner Position konnte er nicht erkennen, ob
es ihr Wagen war. Doch kurz darauf erhielt er die Antwort.
    Sie sprang aus dem Wagen, schloss ihr Auto ab und überquerte die kleine Lichtung, die umsäumt von hohen Eichen in den Wald hineinführte. Nach einigen kurzen Aufwärmübungen begann sie ruhig und rhythmisch zu laufen. Ihre Brust hob und senkte sich im gleichförmigen Takt ihres Atems. Sie war wunderschön, genau wie die anderen.
    Ihr Hund lief voraus, blieb aber immer in ihrer Nähe. Er nahm einen letzten tiefen Zug aus seiner Zigarette, warf sie zu Boden und sah zu, wie die Glut langsam und friedlich erlosch. Wie ein Leben, dachte er.
    Er warf noch einen Blick zum Parkplatz und vergewisserte sich, dass ihm niemand folgte, bevor er aus seiner Deckung heraustrat und ihr ohne jede Hast in das Waldstück nachging.
    Ihre langen schlanken Beine trugen sie voran, während ihre Silhouette sich immer mehr in der Ferne verlor. Er folgte langsam ihrem Pfad, bog schließlich, nachdem er einige Minuten gegangen war, vom Weg ab und begab sich in das Dickicht.
    In seine Tasche greifend, zog er die Plastiktüte heraus, in der er seine Köder verstaut hatte. Er warf ein erstes Stück des verheißungsvoll duftenden Fleisches in unmittelbarer Nähe des Weges zu Boden. Dann ging er tiefer in das Gehölz, bis hin zu der Stelle, die er für sein Vorhaben vorgesehen hatte. Auf seinem Weg ließ er vereinzelt weitere Fleischbrocken zurück.
    Schließlich blieb er stehen, als er den erwählten Platz
erreicht hatte, und wartete. Er frohlockte, als er sie nach ihrem Hund rufen hörte, und wusste, dass sie bereits in seiner Nähe war.
    Endlich konnte er den Vierbeiner ausmachen. Das Tier folgte artig der ausgelegten Fährte, während seine Schnauze ruhelos suchend über den Waldboden huschte. Schließlich erreichte der Hund das Endziel und schnappte nach dem gewaltigen Knochen.
    Erwartungsgemäß wollte der Hund seine Beute mit sich ziehen, um den nun lauter werdenden Rufen seiner Herrin zu gehorchen. Doch darauf war er vorbereitet und hielt die etwa fünf Meter lange Leine, an der er den Köder befestigt hatte, fest in der rechten Hand.
    Der Hund folgte seinem Instinkt und grub seine Zähne gierig in das rohe Fleisch. Was für ein herrlicher Anblick. Niemand handelt verlässlicher als ein Tier, dachte er.
    Endlich hörte er, wie ihre Rufe näher kamen. Sie

Weitere Kostenlose Bücher