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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Muskeln ausgestreckt hast und noch immer ein Brennen oder eine Taubheit fühlst, kommst du sofort zurück.«
    »Abgemacht.«
    Sie zog ihre Filzstiefel an und nahm sich den Mantel von der Bank zwischen ihnen. Da sie befürchtet hatte, in der warmen Luft ins Schwitzen zu kommen, hatte sie nicht ihre volle Bekleidung getragen. Wenn sie in ihrem Anzug schwitzte, würde die Feuchtigkeit auf ihrer Haut ihr die Körperwärme nehmen, was eine direkte Einladung an den Tod wäre.
    Aus demselben Grund trug Brian weder die Jacke noch die Handschuhe oder Stiefel. »Ich bin nicht so geschmeidig wie du. Aber wenn du rausgehst und mir mehr Platz läßt, werde ich es schon schaffen.«
    »Du bist viel zu steif und hast viel zu starke Schmerzen, um es allein zu schaffen. Ich helfe dir.«
    »Ich komme mir wie ein kleines Kind vor.«
    »Unsinn.« Sie tätschelte ihren Schoß. »Leg deinen Fuß hierher. Einen nach dem anderen.«
    Er lächelte. »Du wärest bestimmt eine wunderbare Mutter.«
    »Ich bin schon eine wunderbare Mutter für jemanden. Für Harry.« Sie schob den Stiefel über seinen leicht geschwollenen Fuß. Als Brian das Bein ausstreckte, stöhnte er vor Schmerz; seine Gelenke fühlten sich an, als baumelten sie wie dekorative Plastikperlen an einer Kette hinab.
    »Na ja«, sagte Rita, als sie die Schnürsenkel durch die Ösen zog und festband, »wenigstens hast du jetzt jede Menge Material für deine Zeitungsartikel.«
    Er war selbst überrascht, als er sich sagen hörte: »Ich habe mich entschlossen, auf die Artikel zu verzichten. Ich werde statt dessen ein Buch schreiben.« Bis zu diesem Augenblick war seine Besessenheit eine Privatangelegenheit gewesen. Indem er sie nun jemandem enthüllt hatte, den er respektierte, hatte er sich gezwungen, sie weniger als Besessenheit und mehr als Verpflichtung zu betrachten.
    »Ein Buch? Darüber denkst du besser noch mal in Ruhe nach.«
    »Ich habe in den letzten Wochen tausendmal darüber nachgedacht.«
    »Es ist eine schwere Prüfung, ein Buch zu schreiben. Du weißt, ich habe drei Stück geschrieben. Du mußt vielleicht dreißig Zeitungsartikel verfassen, um auf den Umfang zu kommen, den ein Buch hat, aber wenn ich du wäre, würde ich Artikel schreiben und es nicht darauf anlegen, ›Schriftsteller‹ zu sein. In den kürzeren Werken steckt nicht halb so viel Qual wie im Schreiben eines Buches.«
    »Aber die Idee hat mich mitgerissen.«
    »Oh, ich weiß, wie es ist. Wenn du das erste Drittel des Buches schreibst, ist es beinahe wie eine sexuelle Erfahrung. Aber dieses Gefühl verlierst du wieder. Glaub es mir, es stimmt. Im zweiten Drittel versuchst du nur noch, dir selbst etwas zu beweisen. Und wenn du zum letzten Drittel kommst, ist es nur noch eine Frage des Überlebens.«
    »Aber ich habe mir genau überlegt, wie ich alles zusammenfügen werde. Ich habe mein Thema.«
    Rita zuckte zusammen und schüttelte traurig den Kopf. »Also bist du schon zu weit gegangen, um noch auf vernünftige Argumente zu hören.« Sie half seinem rechten Fuß in den Stiefel aus Robbenfell. »Was ist dein Thema?«
    »Heldentum.«
    »Heldentum?« Sie verzog das Gesicht und band die Schnürsenkel zu. »Was in Gottes Namen hat Heldentum mit dem Projekt Edgeway zu tun?«
    »Wahrscheinlich alles, glaube ich.«
    »Du wirst albern.«
    »Im Ernst.«
    »Ich habe hier noch keine Helden gesehen.«
    Brian war von ihrem anscheinend echten Erstaunen überrascht. »Hast du schon mal in einen Spiegel geschaut?«
    »Ich? Ein Held? Mein lieber Junge, ich bin alles andere als das.«
    »Nicht in meinen Augen.«
    »Ich habe die meiste Zeit über ganz beschissene Angst.«
    »Menschen können Angst haben und trotzdem Helden sein. Das macht sie ja gerade zu Helden — daß sie trotz ihrer Furcht handeln. Und dieses Projekt ist ein heldenhaftes Unternehmen.«
    »Es ist Arbeit, mehr nicht. Gefährlich, ja. Töricht, vielleicht. Aber heldenhaft? Das siehst du viel zu romantisch.«
    Er schwieg, bis sie seine Stiefel zugeschnürt hatte. »Na ja, es ist keine Politik.«
    »Was ist keine Politik?«
    »Was ihr hier tut. Euch geht es nicht um Macht, Vorteile oder Geld. Ihr seid nicht hier draußen, weil ihr Menschen beherrschen wollt.«
    Rita hob den Kopf und erwiderte seinen Blick. Ihre Augen waren wunderschön — und so tief wie das dunkle Polarmeer. In diesem Moment wußte er, daß sie ihn verstand, besser, als irgendwer sonst ihn je verstanden hatte, vielleicht sogar besser, als er sich selbst kannte. »Die Welt glaubt, in deiner

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