Ekel / Leichensache Kollbeck
fertigt eine Tatortskizze und schießt einige Fotos.
Nun trifft der Arzt ein: Er wirft nur einen flüchtigen Blick auf den leblosen Mann in der Küche. Die hellroten Flecke an dessen Körper und die Starre in den Gliedmaßen machen ärztliche Reanimationsmaßnahmen sinnlos. Er vermutet, der Tod sei vor acht bis zehn Stunden eingetreten. Und als der Kriminalist ankündigt, der Leichnam würde sowieso obduziert, unterläßt er die weitere Inspektion und beschränkt sich auf das Ausfüllen des Totenscheins.
Hartloff läßt die Fenster geöffnet, als er eine Stunde später die Wohnungstür versiegelt. In den Räumen, aber auch im Treppenhaus, liegt immer noch ein penetranter, bedrohlicher Geruch. Doch es ist nicht das Gas. Es sind die Warnstoffe, die dem Haushaltsgas beigemischt sind, und die sich nun für längere Zeit im Putz der Wände, in Möbeln und Textilien festgesetzt haben. In sein Dienstzimmer zurückgekehrt, telefoniert Hartloff mit einigen offiziellen Stellen: Er benötigt Auskünfte über den verstorbenen Mann. Dann beantragt er beim Staatsanwalt die gerichtliche Leichenöffnung, die Bestimmung des Blutalkohols sowie chemisch-toxikologische Untersuchungen. Er weiß, daß der Herr der Ermittlungen ohne Murren die offizielle Verfügung dazu erläßt. Beweise für die suizidale Handlung Wallers gibt es ausreichend. Wenn auch die Frage nach dem Motiv deshalb nur noch eine zweitrangige Rolle spielt, der Kriminalist will sie dennoch beantworten.
PdVP
Berlin, 27.05.1980
Abt. Kriminalpolizei
Dezernat II
P r o t o k o l l
zur Todesermittlungssache Joachim Waller, geb. 12.03.1949 in Delitzsch
,
wohnhaft gewesen 1058 Berlin, Schönhauser Allee 73, 2. Seitengebäude
Die am Ereignisort angetroffenen Hausbewohner Zeidler, Paul, geb. 13.12.1911, Schübel, Erna, geb. 11.01.1925, und Rattke, Else, geb. 02.06.1926, sagten übereinstimmend aus, am 27.05.1980 gegen 10.30 Uhr vor der Wohnung des Geschädigten erheblichen Gasgeruch wahrgenommen zu haben. Der Bürger Zeidler habe unverzüglich die Abt. F. verständigt, die gegen 10.40 Uhr die von innen verschlossene Wohnungstür geöffnet habe (s. Protokoll der Befragung Löschmeister Ewald)
.
Die Befragten kennen den Geschädigten nicht näher. Er sei vor ca. einem Jahr eingezogen, sei zu den Hausbewohnern freundlich und hilfsbereit, habe aber ansonsten keine näheren Kontakt im Hause unterhalten. Hinsichtlich der Tätigkeit des Geschädigten machten die Befragten unterschiedliche Angaben. Frau Schübel sagte aus, der W. sei von Beruf Lehrer, während Frau Rattke meinte, er wäre bei der DP beschäftigt
.
Tel. Rücksprache mit dem zuständigen ABV, Gen. Ltn. der VP Albrecht, ergab folgendes: Der Geschädigte ist Antragsteller. Seit 1988 arbeitet er beim Postzeitungsvertrieb. Davor war er als Heimerzieher im Kombinat der Sonderheime Königsheide beschäftigt. Nähere Auskünfte über die Person des W. wären bei der Abt. Inneres zu erlangen
.
Während der EO-Arbeit wurde die Leiche des W. gegen 13.00 Uhr zum GMI überführt. Gegen 13.15 Uhr versiegelte Unterzeichneter die Wohnung des Geschädigten. Über das VPKA Delitzsch wird die Mutter von der Sachlage informiert und gebeten, sich wegen einer Befragung und zur Aushändigung der Wohnungsschlüssel bei Unterzeichnetem zu melden. gez. Hartloff, Ltn. der K
Auszug aus dem Protokoll der Leichenöffnung:
Vorläufiges Gutachten
1. Sektionsergebnis:
Zeichen einer Kohlenmonoxidvergiftung: Rotlivide Farbe der Totenflecke, Speichelabrinnspur aus dem linken Mundwinkel, lachsfarbene Muskulatur, kirschrotes, vollkommen flüssiges Herzblut, positive Wärmebeständigkeitsprobe am Herzblut
.
Die quantitative Bestimmung des Kohlenmonoxidgehalts im Herzblut, durchgeführt in der chemisch-toxikologischen Abteilung des Instituts, ergab 77,9 Prozent CO-Hämoglobin. Zeichen eines plötzlichen Todes: Akute Blutstauung der inneren Organe, Hirnödem
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Beschriebene Hautabschürfung dicht oberhalb der linken Augenbraue ohne korrespondierende Kopfhautunterblutungen, Schädelknochen intakt, Hirnhäute ohne Blutungen, Gehirn ohne Prellungen
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Keine weiteren äußeren oder inneren Verletzungszeichen. Magen mit etwa 150 ml stärker angedautem Speisebrei ohne Anhalt auf Tablettenreste. Harnblase mit etwa 150 ml klarem Urin
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Keine krankhaften Veränderungen der inneren Organe. Zuckerschnellprobe Hirnkammerwasser und Urin negativ. Kein Hinweis auf Alkohol (Widmark/ADH) und Pharmaka (qualitativ/quantitativ)
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2. Organgewichte:
3.
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