Ekel / Leichensache Kollbeck
kostenlosen Abgabe von Ovulationshemmern (Verhütungsmitteln) und das 1972 in Kraft getretene Gesetz über die Schwangerschaftsunterbrechung brachten für einige Jahre eine spürbare Abnahme der Kindestötungen, die aber alsbald wieder das gleiche Ausmaß erreichten wie vor dieser Gesetzgebung.
Der Tatbestand der Kindestötung verlangte, daß die Täterin ihr neugeborenes Kind vorsätzlich tötete. Wann sie diesen Vorsatz faßte, war rechtlich unerheblich, so daß die grundsätzliche Schuldminderung auch dann zuerkannt wurde, wenn die Täterin bereits lange Zeit vor der Geburt zur Tat entschlossen war.
Die Durchschnittstäterin lebte in äußerlich sozialer Angepaßtheit, wobei prinzipiell keine ernsthaften wirtschaftlichen Konfliktsituationen bestanden. Aus schwerwiegenden sozialen Konflikten resultierende Tatmotive waren daher höchst selten geworden. Mit der Stabilisierung der allgemeinen sozialen Verhältnisse hing insofern ein Strukturwandel in der Motivbildung der Kindestötungen zusammen
Die scheinbaren sozialen Unauffälligkeiten standen in den meisten Fällen größeren Konflikten im Lebensbereich der Täterinnen gegenüber. Häufig betrafen diese die Partnerschaftsbeziehungen.
Psychologisch gesehen ist die Kindestötung das Resultat einer Anpassungsstörung, die durch Beeinflußbarkeit, Durchsetzungsschwäche, mangelnde Entschlußkraft, Egozentrik und sexuelle Triebhaftigkeit gefördert werden kann. Das werdende Leben wird infolge fehlender innerer Bereitschaft und sozial-ethischer Bezüge aus dem persönlichen perspektivischen Gedankengut der Täterin total isoliert. Dadurch entsteht eine diffuse autosuggestive Haltung, die zwingend die gegen das werdende Leben entschiedene Einstellung manifestiert und die Motivbildung zur späteren Tötung begünstigt. Durch die ständige innere Abwehrhaltung der Mutter bilden sich die typischen äußeren Schwangerschaftsmerkmale mitunter nur unzureichend aus. Sie können von anderen Personen durchaus fehlgedeutet werden, insbesondere dann, wenn zusätzliches Schnüren des Leibes dessen Umfangszunahme optisch beeinträchtigt.
Die nahende Geburt schwebt wie ein Damoklesschwert über der Täterin. Sie wird als höchst bedrohliches Geschehen empfunden. Infolgedessen fehlen die üblichen ehtischen und medizinischen Vorbereitungen. Die Geburt erfolgt meist überraschend. Das bedingt auch die spontane Auswahl des Geburtsortes.
Im gegenwärtigen Kriminalitätsbild besitzt die Kindestötung keineswegs mehr die Bedeutung wie in den vergangenen Epochen. Dennoch entfallen etwa 13 Prozent aller vollendeten vorsätzlichen Tötungsdelikte immer noch auf diesen Tatbestand.
Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland erlosch die Wirksamkeit des Strafrechts der DDR und damit auch die des § 113 Abs. 1 Ziffer 2 StGB. Seitdem gilt auch für die neuen Bundesländer das modifizierte alte deutsche Strafgesetzbuch, wonach bei Kindestötung die Erfüllung des Tatbestandmerkmals der Nichtehelichkeit wieder gefordert wird. Der Wortlaut des § 217 StGB ist damit abermals identisch mit dem des § 217 StGB des Deutschen Reiches vom 15. Mai 1871.
In Anbetracht der rechtlichen und sozialen Position der Frau in unserer Gesellschaft sowie der modernen Erkenntnisse in der Psychologie und Medizin dürfte diese Tatsache allerdings eher ein Rückschritt in das vergangene Jahrhundert sein.
Serientäter
(Aktenzeichen I A - 66/85; BSI - 22/85 SMOG-Bedes DDR-Militärobergerichts Berlin, 1. Strafsenat)
Nach mehrtägiger Verhandlung verurteilt der 1. Strafsenat des Berliner Militärobergerichts am 19. November 1985 den 23jährigen Berufsunteroffizier einer NVA-Spezialeinheit, Feldwebel Mirko Steinitz, wegen des fünffachen vollendeten, eines versuchten und des zwanzigfach vorbereiteten Mordes gemäß § 112 Abs. 1 und 3 StGB zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und dauernder Aberkennung der staatsbürgerlichen Rechte.
Gefaßt nimmt der mittelgroße, unauffällig und schüchtern erscheinende junge Mann mit den rotblonden Haaren das Urteil entgegen.
Sodann wird er in die Strafvollzugsanstalt Torgau überstellt, in der er sich noch heute befindet.
Mit dieser Verurteilung endet die kriminelle Karriere eines sadistischen Triebtäters, der in den Jahren von 1983 bis 1984 die Bürger zwischen Neubrandenburg und Berlin in Angst und Schrecken versetzte.
Was ist das für ein Mann, dem es trotz eines gigantischen Sicherheitsaufgebots und des engen konspirativen Bespitzelungsnetzes der DDR gelang,
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