El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco
reden … Selbst wenn ich nur auf ein Schwätzchen mit nach oben ginge, würden die Leute sagen, ich hätte was mit Ihnen gehabt.«
Allem Anschein nach nahm Chapo die Abfuhr gelassen auf, bot ihr daraufhin seine Freundschaft an und beteuerte, nichts weiter von ihr zu wollen. Doch als Eréndira am nächsten Tag nach Hause kam, fand sie einen riesigen Strauß Rosen vor. Ein Kärtchen war nicht beigelegt, aber Eréndira wusste, wer ihn geschickt hatte. Dann rief Chapo sie auf ihrem Handy an, obwohl sie die Nummer niemandem gegeben hatte. »Haben dir die Rosen gefallen?«
Die Rosensträuße kamen auch weiterhin, und im Juli gab Eréndira Chapos Drängen nach. Ihren ersten Geschlechtsverkehr hatten sie in einem Zimmer im Gefängnis, das eigentlich für Besuche von Anwälten, Psychologen und Priestern reserviert war. Ihre Affäre zog sich über mehrere Monate hin, und Chapo erwies sich als der perfekte Gentleman, der immer dafür sorgte, dass seine Zelle oder die anderen Räume, in denen sie sich trafen, sorgsam zurechtgemacht waren. Er achtete
auf saubere Laken, ließ Blumen kommen und Vorhänge anbringen, um ihre Intimität zu schützen. Dennoch fürchtete Eréndira sich vor den Konsequenzen ihres Techtelmechtels. Im September entschied sie, dass es das Beste sei, ihren Job in Puente Grande zu kündigen.
Doch Chapo ließ sie so leicht nicht vom Haken. Ich kaufe dir ein Auto. Nein, antwortete Eréndira. Ein Haus? Wieder nein. Chapo versprach sogar, ihr ein kleines Geschäft einzurichten und dafür zu sorgen, dass ihre Kinder eine Zukunft hatten. Dennoch blieb Eréndira standhaft.
Und obwohl es ihr gelang, seine monetären Avancen zurückzuweisen, so konnte sie doch der Art dieses Mannes nicht widerstehen. Nachdem sie ihre Arbeit in Puente Grande aufgegeben hatte, besuchte sie ihn regelmäßig und verbrachte die Nacht bei ihm im Gefängnis. Ihre Beziehung wurde enger. Am 11. November, ihrem Geburtstag, schickte Chapo einen seiner Männer zu ihr nach Hause, der ihr tausend Dollar als Geschenk überreichte. Für einen Mann wie Chapo war das nicht viel. Aber was zählte, war die Geste.
Natürlich gab es auch noch andere Frauen. Chapos Ehefrauen Alejandrina und Griselda hatten Codenamen und spezielle Handynummern, über die sie jederzeit erreichbar waren und ins Gefängnis bestellt werden konnten. 31
Um seine Libido zu stärken, ließ Chapo sich regelmäßig größere Mengen Viagra liefern. 32
Und dann war da noch Zulema.
Obwohl er Eréndira nachstellte und sich mit seinen beiden Frauen vergnügte, verliebte er sich überdies noch in einen weiblichen Mithäftling, die siebenundzwanzigjährige Zulema Yulia Hernández Ramírez, eine ehemalige Polizistin aus Sinaloa, die wegen eines Drogendelikts verurteilt worden war.
Dabei hatte Hernández ihre Karriere als vorbildliche Polizistin begonnen. Sie hatte die Polizeischule mit Bravour abgeschlossen, und ihre Vorgesetzten waren stets voll des Lobes
gewesen. Doch auch sie war den Versuchungen des Narco-Universums erlegen und hatte sich vom Geld und La Vida Loca verführen lassen. So war sie schließlich als eine von nur fünf weiblichen Häftlingen im Hochsicherheitsgefängnis von Puente Grande gelandet. Sie war eine beeindruckende Erscheinung: Knapp 1,70 Meter groß, schlank, mit kastanienbraunen Haaren, dunkelbraunen Augen und heller Haut, stach sie unter ihren Mitgefangenen heraus. »Sie hatte einen nahezu perfekten Körper«, erinnerte sich ein Journalist. Kein Wunder, dass sie das große Los war. Und keine Frage auch, wem dieses Los zufiel.
Wie Chapo stammte auch sie aus Sinaloa, und beide kannten die bittere Armut der Bergdörfer, die ein Leben zerstörte, noch ehe es gelebt wurde. Beide waren in den Drogenhandel involviert. Und beide waren sie in Puente Grande hinter denselben trostlosen Mauern gelandet. Zwischen Chapo und ihr funkte es. Sie fand Trost in seinen Armen, er in den ihren.
»Wir verstanden einander, weil ich in derselben Situation war wie er«, erinnerte sich Hernández in einem Interview, das sie 2001 dem mexikanischen Autor Julio Scherer gewährte. »Ich durchlebte dieselbe Hölle wie er. Ich wusste, wie es ist, in einer engen Zelle auf und ab zu tigern. Ich wusste, wie es ist, wach zu liegen und zu warten, ich kannte diese Schlaflosigkeit, ich kannte das alles … wir wollten uns beim Sex verzehren, mit unseren Händen und Mündern verbrennen, die Seele aufrauchen, die Zeit aufrauchen … und er wusste, dass ich es wusste.«
Ihre Liebesaffäre
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