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El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco

El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco

Titel: El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Beith
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merkwürdige Vorgänge nach draußen. Puente Grande wurde zum nationalen Gespött, und das in einem Land, dessen Gefängnissystem sowieso dringend reformiert gehörte. Bis zum heutigen Tag halten sich hartnäckig Gerüchte, wonach Chapo regelmäßig gestattet wurde, am Wochenende das Gefängnis zu verlassen, um in der Nähe Familienangehörige, Freunde und Komplizen zu besuchen. José Antonio Bernal Guerrero, ein örtlicher Menschenrechtsaktivist, hat öffentlich erklärt, Chapo habe während seiner Haft nach Belieben im Gefängnis ein und aus gehen können. 29
    Mexikos Gefängnisse standen nie in dem Ruf, sicher und seriös geführte Institutionen zu sein, aber das Puente Grande der Neunziger war ein Witz.
    »Als Chapo eintraf«, erinnert sich der Wärter Claudio Julián Ríos Peralta, »brachen Sicherheit und Disziplin in Cefereso No. 2 zusammen. Es gab zwar eine Art Disziplin, aber die ging nicht vom Wachpersonal aus.«
    Für den seltenen Fall, dass Geld allein nicht ausreichte, einen Wärter oder Mithäftling dazu zu bringen, Chapos Anordnungen zu folgen, wurde mittels Drohungen sichergestellt, dass sie dennoch kollaborierten. Diejenigen, die sich weigerten, für Chapo zu arbeiten, wurden Jaime Leonardo Valencia Fontes gemeldet, einem Häftling, der als Chapos rechte Hand agierte.
    Valencia ging dann auf den Wärter oder Häftling zu und sagte: »Hör mal, es heißt, du bist von uns genervt und weißt unsere Freundschaft nicht zu schätzen. Mach dir keine Sorgen, hier haben wir …«
    Dann pflegte er ein Notebook oder einen Organizer hervorzuholen und dem Widerspenstigen unter die Nase zu halten.
    »… die Adresse von dir und deiner Familie. Wie du siehst, alles kein Problem.«

    Daraufhin spielten fast alle mit. Eine Truppe Baseballschläger schwingender Schwergewichte, die sich »The Batters« nannte, kümmerte sich um die ganz hartnäckigen Fälle.
    Chapo und seine Männer hatten auch jederzeit Zugang zu Frauen von innerhalb und außerhalb des Gefängnisses. Es gab sogar ein regelrechtes Verfahren, um Prostituierte einzuschleusen. Einer von Chapos Leuten ging abends in eine Bar in Guadalajara und wählte mehrere Frauen aus, die zu einem Treffpunkt in der Nähe von Puente Grande gefahren wurden. Dort übernahm sie ein höherrangiger Wärter, der für seine Rolle als Hilfszuhälter dreitausend Dollar im Monat einstrich, und brachte sie in einem Truck ins Gefängnis. Seine Anwesenheit garantierte, dass es keine Durchsuchungen gab; dennoch hatte er stets etwas Bargeld dabei, um gegebenenfalls seine Untergebenen ruhigzustellen oder Alkohol und Drogen mitzubringen.
    Am Abend sperrten Chapo und seine Narco-Vertrauten für zwei Stunden den Speisesaal ab, um in Ruhe Sex mit den ausgewählten Frauen zu haben. Ein Wärter gab an, »der Speisesaal sei in eine Art Hotel umfunktioniert worden«. Manchmal kamen die Frauen auch mit hinauf in die Zelle. Die für intime eheliche Besuche vorgesehenen Räumlichkeiten standen dagegen meist leer. 30
    Die Frauen, die in Puente Grande beschäftigt waren, galten ebenfalls als leichte Beute, zumal Chapo durchaus als Charmeur bekannt war. In einem Interview aus dem Jahr 2001 erzählte die Küchenhilfe Ives Eréndira Arreola, wie der Drogenbaron ihr den Hof gemacht hatte. Es hatte im Juni des vorherigen Jahres begonnen, als sie im Zellentrakt 2 arbeitete. Seinen Mithäftlingen zufolge war Chapo bereits einen Monat zuvor auf die achtunddreißigjährige Eréndira aufmerksam geworden und hatte sich umgehend nach ihr erkundigt. Woher stammte sie? Hatte sie Familie, Kinder? Konnte man sie in Zellentrakt 3 versetzen, wo er untergebracht war?

    Als er sich schließlich der schüchternen Küchenhilfe näherte und sie ansprach, merkte Eréndiras Chefin sofort, worauf er hinauswollte. Sie und ihre Kolleginnen ermunterten Eréndira, auf die Avancen einzugehen. Immerhin war es eine gute Gelegenheit, an Geld zu kommen, und Eréndira war eine alleinerziehende Mutter, die aus einem ärmlichen Dorf in der Nähe stammte. Dabei schwang unausgesprochen mit, dass es sie in Schwierigkeiten bringen konnte, Chapo einen Korb zu geben.
    Andererseits war ihr bewusst, dass sie gefährliches Terrain betrat, wenn sie sich mit ihm einließ. Als er sie schließlich fragte, ob sie während der für intime Treffen reservierten Stunden in seine Zelle kommen wolle, lehnte sie ab.
    »Ich werde nicht zu Ihnen hochkommen«, erklärte sie höflich. »Ich habe Kinder, lebe allein und möchte nicht, dass die Leute über mich

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