El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco
wird gut.‹« 33
Und Chapo hielt sein Versprechen. 2003 wurde Hernández aus Puente Grande entlassen und schloss sich einer kleinen Bande von Drogenschmugglern an. Zwar wurde sie binnen eines Jahres wieder verhaftet, doch Chapos Anwälte sorgten dafür, dass ihre Strafe verkürzt wurde. 34
Allerdings herrschte, was Chapos Beziehungen zu Frauen anging, in Puente Grande nicht immer eitel Sonnenschein, und schon gar nicht war stets von romantischer Liebe die Rede. Während der Zeit, die Chapo und seine Komplizen dort einsaßen, gab es immer wieder Berichte über Vergewaltigungen und Missbrauch der eingeschmuggelten Prostituierten. Menschenrechtsvertreter und die Staatsanwaltschaft untersuchten bei mehr als einer Gelegenheit die im Raum stehenden Vorwürfe. 35
Doch nur wenige dieser Verdachtsmomente sollten sich jemals erhärten, denn alle standen auf Chapos Gehaltsliste, und kaum jemand war bereit zu reden.
Warnzeichen
Obwohl Chapo eigentlich Häftling war (zumindest eine Art Häftling), war er gleichzeitig immer noch einer der größten Drogenschmuggler, weil er sein Geschäft auch innerhalb der Gefängnismauern weiterbetrieb. Vor seiner Verhaftung hatte er einem seiner wichtigsten Leutnants Geld übergeben, um sicherstellen, dass alles glatt lief, solange er sich hinter Gittern befand. Chapo und seine Männer verfügten über Mobiltelefone, außerdem schienen sie auch Notebooks
zu besitzen, mit denen sie buchhalterische Aufgaben wahrnahmen.
DEA und PGR zufolge war die operative Kontrolle über den sinaloensischen Drogenhandel 1995, als Chapo nach Puente Grande verlegt wurde, an seinen jüngeren Bruder Arturo übergeben worden. Durch seine Anwälte ließ Chapo seinem Bruder Anweisungen übermitteln, denn offenbar kontrollierte Chapo weiterhin den Bau von Schmuggeltunneln unter den US-amerikanischen Grenzanlagen hindurch. Diese Tunnel waren inzwischen sein Markenzeichen geworden, und er stellte sicher, dass sein Bruder das Geschäft fest im Griff hatte.
Es wirkte sogar, als ob sein Einfluss noch wuchs. 1996 hatte ein Spitzenbeamter der DEA, Thomas Constantine, vor einem Untersuchungsausschuss des Kongresses ausgesagt, dass Miguel Caro Quintero, der vom an der US-Grenze gelegenen mexikanischen Bundesstaat Sonora aus operierte, den sinaloensischen Drogenschmuggel kontrollierte. 36
Ein Jahr darauf hatte Constantine allerdings seine Meinung geändert und wies seine Regierung auf die Existenz Chapos hin: »Gegenwärtig sitzt er zwar in Mexiko in Haft, trotzdem betrachten ihn sowohl die US-amerikanischen als auch die mexikanischen Behörden als bedeutenden internationalen Drogenschmuggler. Das Sinaloa-Kartell ist durch Guzmán Loeras Inhaftierung weder aufgelöst noch ernsthaft in seiner Handlungsfähigkeit beschränkt worden. Guzmán Loeras Komplizen sowie seine engsten Geschäftspartner sind in Mexiko entlang der US-amerikanischen Südwestgrenze aktiv, wie auch in den Regionen des amerikanischen Westens und Mittelwestens sowie in Zentralamerika.« 37
Im folgenden Jahr warnte Constantine erneut vor Chapos Machtfülle:
»Guzmán Loera wird von den Justizbehörden in Mexiko und den USA nach wie vor als schwere Bedrohung eingestuft.« 38
Bis zum heutigen Tag ist unklar, ob Chapo aus freien Stücken so lange in Puente Grande blieb, zumal angenommen werden kann, dass er bereits früher mit ebenso wenig Aufwand hätte fliehen können.
1995 war er einer intensiven psychologischen Untersuchung und Beratung unterzogen worden. Obwohl man eine soziopathische Persönlichkeitsstörung diagnostizierte, sprach er offenbar auf die Behandlung an. Während der dreiundsechzig Sitzungen, die sein Therapeut mit ihm in seiner Zelle abhielt, hatte er sich bereiterklärt, über seine Familie zu sprechen, und sein Interesse betont, sein Verhalten zu ändern, falls man dies von ihm verlangte.
Sowohl seine Fähigkeit, mit Enttäuschungen umzugehen, als auch seine Impulskontrolle verbesserten sich im Laufe der Therapie. Chapo lernte, seine Affekte zu kontrollieren, so zumindest das psychologische Gutachten. Es bescheinigte ihm ebenfalls eine gesteigerte Fähigkeit zur kritischen Selbsteinschätzung und eine Zunahme seines Urteilsvermögens. Er lernte aus der Erfahrung. Zudem hatte Chapo einen Plan für seine Zukunft entworfen, der Therapeut glaubte, er wolle nach seiner Entlassung in der Landwirtschaft arbeiten. 39
Zulema Hernández zufolge kannte Chapo die Risiken, die er einging, wenn er Puente Grande verließ. Während ihrer
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