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El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco

El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco

Titel: El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Beith
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damals etwa einhundert Kilometer weit entfernt, deshalb wurden er, seine Schwestern Armida und Bernarda sowie seine Brüder Miguel Ángel, Aureliano, Arturo und Emilio von durchreisenden Lehrern unterrichtet. Dabei handelte es sich zumeist um Freiwillige, die zwischen drei und sechs Monaten in La Tuna blieben, bis sie abgelöst wurden. Schulbücher und Unterrichtsmaterialien waren Mangelware, im besten Fall erhielten die Kinder bis zum zwölften Lebensjahr Unterricht. Dann mussten sie auf den Feldern mithelfen, die so wenig abwarfen, dass ihre Familien kaum überleben konnten. Ihnen blieb nur, zu beten und auf ein besseres Leben als das ihrer Eltern und Großeltern zu hoffen. 72
    Weiler wie La Tuna prägten in Mexiko schon immer das trostlose Hinterland. Es gibt keine Verwaltung, lediglich ein
Einwohner hält Kontakt zur Gemeindeverwaltung von Badiraguato.
    Und es gibt eine berühmt-berüchtigte Anekdote über einen neu gewählten Kongressabgeordneten, der eines dieser abgelegenen Dörfer in seinem Distrikt besucht. Er tritt vor die Dorfbewohner und nimmt kein Blatt vor den Mund: »Schaut euch mein Gesicht genau an, denn es wird das letzte Mal sein, dass ihr es in diesem Drecksloch von Dorf zu sehen bekommt. « Wie es heißt, hat der Abgeordnete sein Versprechen gehalten. 73
    Die meisten Bewohner von Badiraguato rümpfen über die Menschen aus der Sierra die Nase, genau wie die Bürger von Culiacán auf die Badiragueños herabsehen. Ein Mitarbeiter des Bürgermeisters von Badiraguato war in seinem Urteil über Chapos Heimatdorf besonders krass: »Warum wollen Sie dorthin fahren? Das ist doch im Arsch.«
    Tatsächlich grassieren in der Sierra häusliche Gewalt und Kindesmissbrauch. Nicht selten werden junge Mädchen von ihren Vätern und Onkeln vergewaltigt, überhaupt sind Frauen de facto rechtlos. Zwar werden die Mütter von ihren Söhnen verehrt, doch sind sie einmal verheiratet, beginnt der Zyklus von Gewalt und Missbrauch von neuem. Die meisten der Sierra-Bewohner sind Analphabeten; Alkoholismus ist die Regel. Ein Menschenleben zählt wenig. Solange sie jung sind, drehen sie den Hühnern die Hälse um, sind sie erwachsen, zögern einige nicht, dasselbe auch bei ihren Rivalen zu tun.
    Die sinaloensischen Politiker geben zu, dass die Verhältnisse in der Sierra schlimm sind, doch das heißt noch lange nicht, dass sie bereit sind, etwas dagegen zu unternehmen.
    »Die Leute in der Sierra wenden sich dem Drogenhandel zu, weil wir ihnen keine Alternative anbieten können, die sie lehren würde, dass Verbrechen sich nicht auszahlt«, beklagt der sinaloensische Abgeordnete Aarón Irízar López, der zuvor
Bürgermeister von Culiacán war. Wir hatten uns an einem heißen Sommermorgen zum Frühstück in der Lobby eines Hotels in der Stadt verabredet. »Die Menschen dort oben werden praktisch in den Drogenhandel hineingeboren. Und Menschen sind wie Computer, sie tun das, was man ihnen eingibt. «
    Während ich mit dem Abgeordneten sprach, nahm eine Gruppe Narco-Gattinnen lauthals lachend ihren Brunch zu sich. Mit ihren langen lackierten Fingernägeln und bizarren Frisuren sahen sie aus, als wären sie direkt einem Mafia-Film entstiegen. Die nächsten drei Stunden plauderten sie und schlürften Champagner, ehe sie wieder in ihre Sportwagen und SUVs stiegen, von denen einige nicht einmal Kennzeichen hatten. Das Hotelpersonal bediente sie ruhig und begann erst leise über sie herzuziehen, als sie längst gegangen waren. Die meisten Narco-Frauen stammen aus Culiacán und Umgebung, und es ist allgemein bekannt, dass einen hohen Preis bezahlt, wer sich öffentlich über sie mokiert.
    Irízar, ein freundlich dreinschauender Mann in den Fünfzigern, der klar die Grenzen der Politik kennt, ist in Sinaloa hoch angesehen. Als Bürgermeister stand er für ein kompromissloses Vorgehen gegen bestimmte illegale Machenschaften wie Prostitution und wurde in der Folge mit dem Tode bedroht. Doch trotz seiner Ängste wich er nicht von seiner Politik ab. »Es wäre gelogen zu behaupten, ich hätte keine Angst gehabt. Aber wir müssen Haltung zeigen. Wir leben in einer Zeit, in der die Demokratie den Erwartungen der Öffentlichkeit nicht gerecht wird.«
    Während unserer Unterhaltung traten mehrere Bürger auf ihn zu und begrüßten ihn. Sie schüttelten ihm die Hand und wünschten ihm bei seinen Versuchen, den Dingen eine Wendung zu geben, alles Gute. Lächelnd erwiderte er die Aufmunterungen. Der Abgeordnete ist in einer Kleinstadt, achtzig

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