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El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco

El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco

Titel: El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malcolm Beith
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Kilometer
von Culiacán entfernt, aufgewachsen. Er gibt zu, dass einige seiner früheren Mitschüler sich dem Drogenhandel verschrieben haben. »Manche sind im Gefängnis, andere sind tot«, sagt er und lächelt traurig. »Und wieder andere sind reich.« 74
    Wie die meisten Mexikaner, die in dieser verarmten Bergregion aufwuchsen, wollte auch der junge Chapo dem Elend entkommen. Sein Vater verprügelte ihn regelmäßig und jagte ihn, kaum dass er ein Teenager war, aus dem Haus. Er zog zu seinem Großvater. Tag und Nacht arbeitete er auf den Feldern. Im Gefängnis bekannte er gegenüber Zulema Hernández, dass er praktisch keine Kindheit gekannt habe. Während er ihr seine Erinnerungen erzählte, presste er sich gegen die kalten Zellenwände, »als mühe er sich verzweifelt, etwas zu vergessen, das ihn für sein ganzes Leben im Würgegriff hielt«. 75
    Doch im Gegensatz zu seinen Vorfahren sah er einen Ausweg. Als er in Sinaloa aufwuchs, entwickelte sich langsam und ohne großes Aufsehen eine neue Industrie. Bereits nach dem Zweiten Weltkrieg, als US-Kriegsversehrte medizinisches Morphium benötigten, während andere den Kick des illegalen Heroins suchten, um ihre Kriegstraumata zu verdrängen, winkte mit dem Opiumanbau und -schmuggel die Fahrkarte aus der entsetzlichen Not. Zudem sorgte die steigende Toleranz gegenüber Marihuana in den sechziger und siebziger Jahren für eine wachsende Nachfrage nach einem weiteren Produkt, das die Sinaloenser anbauen konnten. 76
    Chapos Vater mag sich offiziell als Viehzüchter gebärdet haben, aber laut einigen Ortsansässigen, die sich an die alte Zeit in La Tuna erinnern, war er in Wirklichkeit wie alle anderen im Dorf ein Gomero, ein Opiumfarmer. Obwohl sie für höhere Mächte arbeiteten – damals beherrschten die örtlichen Politiker und Polizeioffiziere das Geschäft –, betrachteten sie den Opiumanbau als Familienbetrieb.

    Alle mussten mitarbeiten. Jeden Morgen bei Tagesanbruch bewältigten die Söhne, zumindest die, die zwischen elf und achtzehn waren, den einige Stunden dauernden Aufstieg zu den Opiumfeldern und begannen mit der Ernte. Sorgfältig ritzten sie den Stempel der Blüte ein, aus dem dann das wertvolle Rohopium als zähe Melasse tropfte. Ein Kilo Melasse brachte der Familie damals achttausend Peso ein, was heute etwa siebenhundert Dollar entspricht. Unterdessen kochten Mütter und Töchter das Mittagessen, das die jüngeren Söhne zur Mittagszeit ihren Brüdern brachten.
    Die Rolle des Vaters bestand nicht nur im Bestellen der Felder, er musste sich auch als Geschäftsmann bewähren und die Ernte zum bestmöglichen Preis an das nächsthöhere Glied in der Verwertungskette losschlagen. Das Rohopium wurde dann nach Culiacán oder in eine andere größere Stadt wie Guamúchil befördert. Im Prinzip funktioniert die Opiumindustrie auch heute noch nach diesen Gesetzen. 77
    Chapos Vater hatte das Glück, durch einen Verwandten namens Pedro Avilés Pérez gute Beziehungen zu den Drahtziehern in der sinaloensischen Hauptstadt Culiacán aufbauen zu können. Avilés Pérez gilt als Schlüsselfigur und Pionier des sinaloensischen Drogenhandels, der neue Transportwege vom Land in die Städte aufbaute. Und er gilt als der Mann, der zum ersten Mal Kokain mit einem Flugzeug in die USA transportierte. 78
    Für eine Familie von Campesinos war das ein gewaltiger Schritt. Als er zwanzig war, hatte sich für den jungen Chapo ein Fenster geöffnet, durch das er der schrecklichen Armut, die seine Vorfahren im Würgegriff gehalten hatte, entfliehen konnte.

    Die Wurzeln der Rebellion
    Wenn Himmel und Erde verschwimmen, Rot und Grün verschmelzen, wenn du vergisst, wie man eine Quadratwurzel zieht, und nicht mehr weißt, wozu dein Kompass gut ist, was du morgen vorhattest oder wozu man die Liebe braucht, dann bist du in Sinaloa gelandet. 79
    ELMER MENDOZA, sinaloensischer Dichter
    Sinaloa war nicht immer eine Drogenhochburg, aber schon lange vor den Narcos und der US-amerikanischen Gier nach Drogen war es eine Hochburg der Gesetzlosigkeit und der Gewalt. »Der Charakter des Sinaloensers schwankt zwischen dem eines Engels und dem eines Teufels«, sagt der Regionalhistoriker und Soziologe Martín Amaral.
    Und oft genug in der Geschichte Sinaloas war der Engel verdammt gut verborgen, oder besser gesagt begraben. 80
    Während der prähispanischen Epoche – also vor 1519 – lebten diverse indigene Stämme in der Sierra. Doch die Gegend war so abgelegen, dass diese Menschen kaum einmal

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