El Chapo - Beith, M: Chapo - The Last Narco
dieser jedoch in Guadalajara sowohl bestens vernetzt war als auch höchste Protektion genoss, gingen ihre Anstrengungen ins Leere. Ein Killerkommando nach dem anderen wurde losgeschickt – alle blieben erfolglos.
Mitte Mai 1993 Setzte sich Francisco Javier Arellano Félix selbst an die Spitze einer Killertruppe und flog nach Guadalajara.
Aber Chapo hatte alle nur erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Er benutzte diverse Zimmer im Holiday Inn oder schlüpfte in einem seiner Verstecke unter. Dann wieder checkte er in ein anderes Hotel ein.
So war auch Francisco Javier kein Erfolg beschieden. Nachdem sie tagelang vergeblich versucht hatten, Chapo aufzuspüren, entschlossen sie sich am 24. Mai, die Suche aufzugeben. Francisco Javier checkte bereits für seinen Rückflug nach Tijuana ein, als er hörte, dass Chapo sich auf dem Parkplatz des Flughafens befinde, weil er am Nachmittag nach Puerto Vallarta fliegen wolle.
Francisco Javiers Männer stürmten sofort nach draußen und schossen wild um sich. Eine andere Truppe schoss zurück.
»Plötzlich brach die Hölle los, und der ganze Flughafen war Schauplatz einer Schießerei«, erinnert sich ein DEA-Agent, der das Geschehen miterlebte. Francisco Javiers Männer entdeckten ein Fahrzeug, einen weißen Ford Mercury Grand Marquis, in dem sie Chapo vermuteten, da es sich um ein Modell handelte, das gerne von Narcos benutzt wurde. Sie rissen die Türen auf und feuerten ins Innere.
Doch im Wagen befand sich nicht Chapo, der saß in einem dunkelgrünen Buick ganz in der Nähe. Im Mercury Grand Marquis befand sich Kardinal Juan Jesús Posadas Ocampo, der Erzbischof von Guadalajara. Inmitten des Getümmels schlich Chapo sich davon, setzte sich in ein Taxi und fuhr zu einem sicheren Unterschlupf. Der Kardinal dagegen war tot, sein Körper von vierzehn Kugeln durchsiebt.
Francisco Javier indes nahm seinen Platz in der ersten Klasse des Flugzeugs nach Tijuana ein. Direkt neben ihm saß Jorge Hank Rhon. 150 Das Flugzeug hob zwanzig Minuten später ab, und die Behörden gaben nie eine Erklärung ab, warum es eine Starterlaubnis erhalten hatte.
So zumindest lautet die eine Version über die Ereignisse dieses schicksalsträchtigen Tages. Einige Beamte innerhalb der PGR glauben, dass die Arellano-Félix-Brüder bereits im Vorhinein wussten, dass Chapo am Flughafen sein würde. Sie nehmen auch an, dass die Brüder die Farbe seines Wagens kannten. Deshalb wird vermutet, dass sie es auf den Kardinal abgesehen hatten – doch beweiskräftige Indizien gibt es dafür nicht. Einige Zeugen haben zudem ausgesagt, Benjamín Arellano Félix habe sich am Schauplatz der Schießerei befunden.
Allerdings werden diese Erklärungen von anderen Ermittlern zurückgewiesen. Diese gehen davon aus, dass die Behauptungen und Ermittlungen der PGR in die falsche Richtung
zielen, möglicherweise wegen der Komplizenschaft der PGR mit Chapo selbst.
»Lügen, alles Lügen«, schreit ein Beamter und deutet auf den PGR-Bericht über die Flughafen-Schießerei. »Man kann hier niemandem trauen – den Journalisten nicht, den Sekretärinnen nicht, den Kardinälen nicht. Das ist alles eine ganz große Scheiße. Die Wahrheit würde dich umbringen. Wenn ich dies jetzt offen sage, wird die PGR mich fertigmachen«, fährt er fort, »wenn ich das sage, werden sie mich auch fertigmachen. Die bringen mich um.«
Dabei greift er sich an die Kehle, als wolle man ihn erwürgen.
Ein anderer ehemaliger Ermittler fragt sich ebenfalls, wie jemand zu dem Schluss kommen konnte, die Arellano-Félix-Killer könnten Chapos Wagen mit dem des Kardinals verwechselt haben. Denn offenbar war ihnen die Farbe von Chapos Wagen bekannt. »Wie konnten sie auf einen weißen Wagen schießen, wenn Chapo sich in einem grünen befand? Wie kann so etwas passieren?«
Chapos Flucht änderte selbstverständlich nichts am Verlauf des Drogenkrieges, der Mord an Kardinal Posadas Ocampo dagegen schon. Die Regierung war wegen des Todes einer angesehenen und hochrangigen religiösen Persönlichkeit außer sich und ordnete an, alles zu unternehmen, um der Top-Narcos des Landes habhaft zu werden. Für Hinweise, die zu einer Verurteilung von Chapo und anderen Größen des Drogengeschäfts führten, setzte sie eine Belohnung von fünf Millionen Dollar aus.
Chapo floh nach Mexiko-Stadt und blieb zwei Tage dort. Er traf sich mit einem seiner Männer, dem er zweihundert Millionen Dollar überreichte, damit im Falle seiner Verhaftung für die Familie
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