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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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verfolgen.«
    Der Daj lenkte schnell auf ein anderes Thema über. Er fragte den Kapitän: »Wo hast du diese Männer gefangen?«
    Abu Hanufa besann sich nicht lange und erzählte die Geschichte ziemlich wahrheitsgetreu. »So hast du hundertfünfzig Männer auf dem großen Wasser ungehindert davonsegeln lassen?«
    »Ich--ich--ich habe dafür diese--gebracht, Sayd«, stammelte der Kapitän erschrocken.
    Baba Ali erhob sich und schlug wieder gegen den Gong. Die Wachen verstärkten sich in wenigen Sekunden um das Dreifache.
    »Die beiden abführen«, befahl der Daj, wobei er auf den Kapitän und auf den Steuermann deutete, die blaß geworden waren und wie Espenlaub zitterten. Während man sie aus dem Saal zerrte, rief er ihnen noch nach:
    »Allah hat mir verraten, daß ihr hundertfünfzig Lumpenhunde freigelassen habt, die ihre Brüder, mit denen sie vorher befreundet waren, fingen und gegen Wasser verkauften.« Deste hatte diese Worte verstanden und übersetzte sie flüsternd Michel.
    Baba Ali winkte der Tänzerin, die schweigsam wie eine Mumie immer noch auf ihrem Platz saß. »Isidolada, du wirst jetzt für mich den Dolmetscher machen.«
    Michel und seine Kameraden blickten erstaunt auf, als sie die in ein großes Tuch gehüllte Frau erblickten, von deren Gesicht man allerdings außer der Stirn nichts erkennen konnte.
    Das Mädchen setzte sich auf ein Seitenkissen am Diwan des Daj und wartete regungslos auf die ersten Worte ihres Herrn.
    »Frage sie, aus welchem Lande sie kommen.«
    Das Mädchen fragte mit gedämpfter Stimme in akzentfreiem Englisch:
    »Spricht jemand Englisch von Ihnen?«
    Michel verbeugte sich trotz seiner Fesseln galant und meinte:
    »Wie kommt Ihr hierher, Madam? Ihr seid doch sicherlich keine Eingeborene?«
    »Nein, ich bin auch eine Sklavin und wurde vor nicht allzulanger Zeit von einem
    marokkanischen Mädchenhändler an den Pascha verkauft. Mein Name ist Isolde Hawbury aus Manchester.«
    »Du redest zu lange«, unterbrach sie der Daj scharf. »Was hast du ihn gefragt?« »Deinem Auftrag gemäß, Sayd.« »Woher sind sie also?«
    Die Frage hatte Michel noch nicht beantwortet. Deste machte ihn durch einen Stoß aufmerksam,
    daß die Dame in Verlegenheit war.
    »Woher!« flüsterte er spanisch.
    Michel tat, als müsse er husten und hustete die Worte:
    »Germany — Berlin!«
    Er hoffte, daß sie ihn verstehen würde. Und sie nickte bestätigend. »Deutschland?« fragte der Fürst. »Ich denke, er ist ein Franzose.« Michel erklärte in kurzen Worten, wie es zu diesem Mißverständnis gekommen war. Anschließend sagte er auf Englisch:
    »Hört, Miß Hawbury, könnt Ihr mir während des Gesprächs nicht verraten, wie wir hier wieder herauskommen können?« Sie nickte.
    Dann kam die nächste Frage des Daj, woran sie von sich aus mit unbewegter Stimme die Worte schloß: »Versucht, den Daj vertrauensselig zu machen. Er ist Dingen des Abendlandes sehr zugänglich. Gaukelt ihm etwas vor und — vergeßt mich nicht, wenn Euch das gelingt.« »Ich werde für Euch tun, was ich kann. Wo wohnt Ihr?«
    Sie gab jetzt keine Antwort; denn sie mußte warten, bis der Daj eine weitere Frage stellte, die sie übersetzen sollte.
    »Sagt ihm bitte«, begann Michel wieder, »daß ich ihm die Grüße meines Königs aus Berlin entbiete und mich bei diesem beschweren werde. Ich finde es unwürdig, wie man die Abgesandten eines fremden Monarchen hier in Algier behandelt.« Das Mädchen übersetzte laufend.
    Der Daj riß die Augen auf, wurde aber sogleich wieder mißtrauisch. Michel fuhr fort:
    »Ich bringe nicht nur die Grüße, sondern auch eine Waffe, die mein Herr dem Fürsten von Algier als Gabe bietet, wenn er sich mit ihm verbündet. Ich war mit meinem Schiff hierher unterwegs; aber meine Soldaten meuterten, und wir gerieten in Seenot. Das ist mein ganzes Geheimnis, das ich natürlich nicht vor dem Kapitän und dem Steuermann preisgeben wollte. Ich bin ferner beauftragt, für den Daj von Algier, wenn er das Angebot meines Königs annimmt, die Waffen zu bauen, mit denen man oftmals schießen kann, ohne laden zu müssen. Ich hoffe, von jetzt an behandelt zu werden wie ein Gesandter und nicht wie ein Gefangener.«
    Der Daj konnte das Gehörte nicht so schnell verdauen. Sicher, er war ein primitiver Mensch. Doch seine Bauernschläue ließ ihn irgendeine Finte ahnen. Auch ein Araberfürst wußte, daß ein Gesandter irgendein Beglaubigungsschreiben bei sich haben muß. Er stellte eine dementsprechende Frage.
    Michel

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