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El Silbador

El Silbador

Titel: El Silbador Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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lachte wie über einen guten Witz.
    »Fragt ihn doch, ob er wirklich glaubt, daß mir meine meuternden Soldaten dieses Schreiben gelassen haben. Es wäre doch eine Legitimation gewesen, und ihr ganzer Schwindel wäre an diesem Schreiben gescheitert, wenn man es bei mir gefunden hätte.«Das sah der Daj ein. Wieder gongte er die Wachen herbei und gab einige Anweisungen. Die Augen des Mädchens leuchteten hinter dem Schleier hervor.
    »So ganz überzeugt habt Ihr ihn noch nicht. Er läßt Euch aber Räume anweisen, allerdings mit dem strengen Befehl für die Wachen, auf jeden Eurer Schritte achtzugeben.« Michel atmete auf. Der Trick war zur Hälfte gelungen. Das andere würde man schon noch in irgendeiner Art zu meistern wissen.
    Der kleine Jardin lag bequem ausgestreckt auf einem seidenüberspannten Diwan. Mit sichtlichem Genuß knabberte er süße Mandeln und nippte hin und wieder an dem starken Kaffee. Das faule Herumliegen auf den Polstern tat nach den vergangenen Wochen der Spannung und der aufreibenden Kämpfe gut.
    »Hier könnte ich es aushalten. Senor Capitan. Ich wünschte es bliebe immer so.« Porquez hatte sich erholt. Der Schlaf in ruhiger Geborgenheit hatte ihn gekräftigt und gestärkt. Jetzt, da die Morgensonne ihren ersten Strahl in die herrlich ausgestatteten Räume warf, reckte er sich und richtete sich auf.
    »Nein«, er schüttelte den Kopf, »ewig möchte ich hier nicht bleiben. Obwohl ich eigentlich alt genug wäre, um der Seefahrt den Rücken zu kehren, möchte ich doch wenigstens hin und wieder ein schönes Schiff sehen. Und zudem geht mir auch meine »Trueno« nicht aus dem Kopf. War eine stolze Galeone. Möchte für mein Leben gern noch einmal auf ihren Planken stehen.«
    Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, doch so, daß es Jardin, Deste und Ojo nicht bemerkten.
    »Eure Sorgen möchte ich haben, Senores«, warf Deste ein. »Mir wäre es viel wichtiger, einen Weg zu finden, der uns aus dieser verteufelten Lage herausbringt. Was macht wohl der Silbador jetzt?«
    Ojo starrte trübsinnig vor sich hin. »Das möchte ich auch wissen. Weshalb mögen sie ihn überhaupt von uns getrennt haben?«
    Alfonso Jardin stand auf und schritt auf dem kostbaren Bodenmosaik nachdenklich auf und ab. »Wir haben einen Fehler begangen mit unserer Behauptung, daß wir seine Gehilfen seien. Nun glauben diese Burschen wahrscheinlich, ohne uns würde ihm ein Teil seines Handwerkszeugs fehlen — — oder er sei ohne uns nicht mächtig genug — — oder — — oder — — «. Wildes Geschrei erscholl auf dem Platz vor dem Palast und unterbrach Jardins Gedankengänge. Die vier Männer schauten stumm zu den über ihnen liegenden Bogenfenstern empor. Ojo sprang als erster auf den Diwan und blickte durch das tausendfach mit Arabesken geschmückte Bogengitter, das das Fenster nach innen abschloß und gleichzeitig einen großen Teil der Ausstattung des Raumes bildete.
    »Teufel!« schrie Ojo plötzlich auf. »Kommt herauf, das müßt ihr selbst sehen!« Außer dem Kapitän sprangen alle auf den Diwan.Draußen hielt ein Zug wild aussehender Janitscharen, der sechs gefangene, zu Tode erschöpfte Soldaten in spanischen Uniformen mit sich führte. Die Janitscharen waren zu Pferde. Die Spanier waren mit den Händen an die Sättel gefesselt. Wahrscheinlich hatten sie einen Dauerlauf hinter sich, den sie nie im Leben vergessen würden.
    »Demonio! Teufel! Welch eine Schande! Ich könnte diese Schurken umbringen!« rief Jardin leidenschaftlich und schlug mit der Faust gegen das Gitter.
    »Nicht so laut, Senor, es wäre ja immerhin möglich, daß einer unserer Wächter genügend spanisch verstünde, um Eure Worte dem Pascha oder Sultan oder Daj — wie sich der Kerl nennt — weiterzumelden.«
    »Caramba!« stieß Ojo zwischen den Zähnen hervor, »wie können sie es wagen, gute Christenmenschen so zu schinden!«
    Draußen band man den Gefangenen die Hände los und stieß sie in den Palast. Die umherstehenden Araber ließen es nicht an Beschimpfungen fehlen. Immer wieder spien sie den Spaniern ins Gesicht.
    »Was werden sie mit ihnen machen?« fragte Jardin.
    Deste trug ein grimmiges Gesicht zur Schau. Viel übrig hatten die braven Korsaren des Kapitäns Porquez nie für ihre uniformierten Landsleute gehabt. Sie hätten sie lieber gehen als kommen sehen. Aber hier fühlten sie sich ihnen verbunden. Es waren Menschen wie sie, sie redeten dieselbe Sprache, redeten und beteten in derselben Sprache zu einem Gott, den

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