El Silbador
besser dienen, wenn ich selbst die »Medina« führe? Ich werde alle Reichtümer der Erde für dich zusammentragen. Ich werde in die Kapitänskajüte einziehen, nur um für dich, meinen Herrn, zu kämpfen und Beute zu machen.«
Auf Baba Alis Gesicht zeigte sich plötzlich ein faunisches Grinsen. Er erhob sich, nahm einen stoffumwickelten Klöppel auf und schlug dreimal an einen Gong, daß es weithin schallte. Auf einmal standen die Wachen mit ihren weißen Janitscharenrnützen im Saal und warfen drohende Blicke auf Abdallah. Der Daj lachte.
»Ich werde dir eine Kabine zuweisen, in der du wahrhaftig dein eigener Kapitän sein wirst und in der du vor allen Dingen Zeit haben wirst, den Koran aufmerksamer zu studieren. — Führt ihn ab!« schrie er die Wachen an.
Abdallah war weiß wie die Wand geworden. Aber er versäumte nicht, bevor er den Saal verließ, noch eine tiefe und ehrfurchtsvolle Verbeugung zu machen.Der Daj rief ihn nochmals zurück. »Du sagtest doch, daß jene Deutschen, die Abu Hanufa mit Wasser versorgte, die vier Spanier und den Franzosen eigens dazu gefangen haben, um sie gegen das kostbarste Getränk auf dem Erdball auszutauschen, war es nicht so?«
»Ja, Herr, du wirst meine Worte bestätigt finden, wenn du die Sklaven verhörst.« »Gut. Dann brauchst du dich in deiner Zelle nicht lange zu grämen. Ich nehme an, daß du sehr bald Gesellschaft bekommen wirst. Schafft ihn fort, den Kerl, bei dem man nicht weiß, ob er ein Jude oder ein Mohammedaner ist. Ich kann sein verschlagenes Gesicht nicht länger sehen.«
Nach kurzer Zeit kam Abu Hanufa mit seinem Steuermann und den fünf Gefangenen. Die Wachen, die die Sklaven führten, gingen nicht gerade zärtlich mit ihnen um. »Verbeugt euch vor dem mächtigen Herrscher von Al-Dschesair!« flüsterte Ibn Kuteiba Michel ins Ohr.
Aber Michel blieb aufrecht stehen. Und die anderen taten, als hätten sie nicht verstanden.
»Wollt ihr mir kein Salam erweisen, ihr Hunde?« fuhr der Daj sie an.
Michel nickte freundlich, als ihm Ibn Kuteiba die Worte übersetzte.
»Sage ihm, wir würden ihm gern die Hand schütteln; aber leider sind wir gefesselt.«
Ibn Kuteiba zögerte.
»Was sagt der Giaur?« schrie der Daj.
»Er würde dir gern die Hand geben, wenn er nicht gefesselt wäre.« Baba Ali lief rot an vor Zorn. Sein dickliches Gesicht bebte. »In den Staub vor mir, ihr Christenhunde!«
»Fällt uns nicht ein!« brüllte ihn Michel mit dem gleichen Stimmaufwand an.
Der Daj verlor seine Beherrschung, ergriff den Klöppel und wollte ihn Michel Baum auf den Kopf schlagen.
Da ließ ein durchdringender Pfiff sein Blut in den Adern gerinnen.
Michel hatte die Lippen gespitzt und stieß die Luft mit unheimlicher Kraft aus. Die Töne wirkten wie Messer auf die Araber. Sie hatten derartiges noch nie gehört. Auch der Kapitän und der Steuermann waren erschrocken; denn Michel hatte sich bisher wohlweislich gehütet, auch nur Andeutungen seiner Kunst zu geben, geschweige denn, sie vorzuführen.
Er ließ nicht nach. Immer neue Wirbel und Passagen kamen aus seinem Munde. Die lauschenden Janitscharen konnten ihre Angst kaum verhehlen; denn es gibt keinen Araber, der nicht abergläubisch wäre. Nur mit Mühe hielten die Palastwachen diesen Tönen stand. Die Gewehre in ihren Fäusten zitterten, und ihre Münder waren weit aufgerissen.
Baba Ali wich Schritt um Schritt vor dem Gefangenen zurück, der keine Fußfesseln umhatte und ihm daher ungehindert folgen konnte. Als der Fürst auf seinen Diwan niederfiel, beugte sich Michel über ihn und biß ihn in die Nase, daß der Daj einen Ruf des Schreckens ausstieß.Michel trat wieder zurück und stellte sich nun in die Reihe der vier Freunde, die trotz der ernsten Lage mühsam gegen ein Lachen ankämpften.
Baba Ali beruhigte sich allmählich. Seine Wut und seine Schlauheit waren mit einem Schlag
verflogen. Sein Gesicht sah töricht aus.
»Wer ist dieser Mensch?« fragte er den Steuermann.
»Der Arzt«, erwiderte dieser benommen.
»Von wem hat er dieses Flöten gelernt?«
Ibn Kuteiba fragte. Michel antwortete:
»Vom Teufel persönlich, der mein Verbündeter ist und der euch alle verderben wird, wenn ihr mir und meinen Genossen auch nur ein Haar krümmt.« Kuteiba übersetzte.
Die Erklärung schien dem Herrn von Algier doch ein wenig zu plump. Er grinste und fragte:
»Warum befreit ihn der Schejtan nicht, wenn er sein Bruder ist?«
»Er wird mich nicht befreien, aber alle, die sich an mir vergreifen, wird er
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