El Silbador
noch nichts mitgebracht von der Beute. Ich hoffe, du wirst mit mir zufrieden sein.«
»Maschallah!« schrie Baba All aufgebracht. »Allah hat dir den Verstand aus der Stirn geblasen. Wie kann ich mit dir zufrieden sein, wenn du sogar zu faul bist, mir die wenigen Dinge, die du Beute nennst, sofort mitzubringen! Soll ich vielleicht bis morgen früh warten?« »Ich werde eilen wie ein schnellfüßiges Reitkamel, o Sayd, um dir alle Schätze zu Füßen zu legen.«
»Eile denn!« befahl der Daj drohend. »Ein Kamel bist du tatsächlich. Und so soll dir das Laufen nicht schwerfallen.« —
Abu Hanufa hatte den Saal kaum verlassen, als Hussejn wieder eintrat und einen zweiten Besucher meldete, der den Daj zu sprechen wünschte. »Wer ist es?«
»Der Zweite Offizier der »Medina«, Sayd.« Baba Ali wurde nachdenklich.
»Warum kam er nicht herein, solange sein Herr noch hier war?« Hussejn zögerte, dann aber sagte er:
»Er behauptete, dir, o Sayd, einige vertrauliche Mitteilungen über die letzte Beutefahrt der »Medina« machen zu müssen.« »Ah! — Schick ihn herein.«
Abdallah trat näher, verbeugte sich mit über der Brust gekreuzten Händeri tief vor dem Herrscher der Janitscharen und entbot ihm seinen Gruß.
»Salam«, erwiderte Baba Ali kurz. »Was bringst du mir für Kunde, die du für wertvoll genug hältst, mich in meiner wohlverdienten Muße zu stören?«
Abdallah lächelte verschmitzt. Dann verzog er das Gesicht, als litte er an einem Schmerz um seines geliebten Herrn willen, und meinte:
»Keine gute Kunde, Sayd, fürwahr, ich habe die Last auf mich genommen, mich deinem Zorn auszusetzen; aber ich halte es für meine Pflicht, dich auf die Mängel bei der Führung deines stolzen Schiffes »Medina« aufmerksam zu machen.« »Was meinst du? Drücke dich deutlicher aus.«
Abdallah erzählte nun ausführlich von dem Geschick der »Quebec« und betonte vor allem, daß es ein Leichtes gewesen wäre, alle hundertfünfzig Christen zu fangen. Gespannt wartete er auf die Reaktion des Daj. Im Traum hatte er sich bereits als Kapitän des Schiffes gesehen. »Weißt du nicht, daß es die Pflicht eines Gläubigen ist, Menschen, die in Seenot sind, zu helfen? Hast du die Gebote des Korans vergessen? Sagt der Prophet nicht:Tränke den, der Durst hat, so du willst, daß du auch getränkt werdest, wenn du Durst hast?« Abdallah wagte einen schiefen Blick in das Gesicht seines Herrn. Er wußte, daß der Janitscharenfürst oft unberechenbar war. Er legte die Gebote des Korans immer so aus, wie sie ihm selbst am nützlichsten waren, und er war bekannt für seine interessanten Auslegungen, um die ihn jeder Politiker beneidet hätte.
»Sayd«, sagte Abdallah, »schließt der Prophet nicht die sechsundvierzigste Sure mit den Worten: Wer anders wohl soll untergehen als nur die Ruchlosen?«
»Ich sehe, du kennst dich gut aus im Koran«, meinte Baba Ali spöttisch, »aber du hast vergessen, wie die Worte in derselben Sure lauten, die diesen vorangehen, nämlich: »Und du, ertrage alles mit Geduld, so wie auch andere Standhafte alles in Geduld ertragen haben, und wünsche nicht ihre Strafe beschleunigt. An jenem Tage, da sie die ihnen angedrohte Strafe sehen werden, wird es ihnen vorkommen, als hätten sie nur eine Stunde eines Tages in der Welt verweilt«— Ja, Abdallah, du mußt dir schon eine andere Sure aussuchen, wenn du mich davon überzeugen willst, daß Hanufa Unrecht getan hat.«
»Auch die anderen waren Ungläubige, die Allah verderben möge«, versuchte sich Abdallah zu rechtfertigen.
»Ganz richtig. Du sagtest, »die Allah verderben möge«. Fühlst du dich berufen, Allah dieses Geschäft abzunehmen?«
Abdallah sah ein, daß der Daj nicht gesonnen war, seine Geschichte in Gnaden anzunehmen. Und Abdallah hatte Grund genug sich darüber zu wundern; denn er wußte, daß ein ungläubiges Heer von 25 000 Mann von Westen her auf die Stadt zu marschierte. Aus welchem Grund zeigte sich der Daj gegen die Ungläubigen zu diesem gefährlichen Zeitpunkt so mild? Baba Ali ergriff wieder das Wort.
»Ich danke dir, daß du den Mut gefunden hast, mich von dem zu unterrichten, was ich auf alle Fälle wissen mußte. Nun, du hast deine Schuldigkeit getan. Warte einen Augenblick, ich will dich belohnen.«
Abdallah verzog das Gesicht. Kaum konnte er seine Genugtuung verbergen.
»Ich werde es dir zu danken wissen, Sayd. Wenn ich nun einen Wunsch aussprechen dürfte?«
»Sprich; aber fasse dich kurz.«
»Kann ich dir nicht
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