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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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weiter von Bedeutung war.
Schließlich schlenderte der Herzog von dannen, und Sarene warf ihm einen verärgerten Blick nach. Wenn es eine Sache gab, die sie nicht ausstehen konnte, dann ignoriert zu werden. Nach einer Weile seufzte sie und drehte sich wieder ihrem Begleiter zu. »Also gut, Lord Shuden, ich möchte mich ein wenig unters Volk mischen. Hrathen hat eine Woche Vorsprung, aber Domi sei verflucht, wenn ich es dabei belasse!«
Es war spät. Shuden hatte schon vor Stunden gehen wollen, aber Sarene war entschlossen gewesen, sich weiter voranzukämpfen, Hunderte Leute zu durchpflügen und wie eine Verrückte Bekanntschaften zu schließen. Sie hatte Shuden dazu gebracht, sie jedem seiner Bekannten vorzustellen, und die Gesichter und Namen hatten schon bald angefangen miteinander zu verschwimmen. Doch mit der Zeit würden sie ihr gewiss vertraut werden.
Irgendwann ließ sie sich dann von Shuden zurück zum Palast bringen. Sie war mit dem Verlauf des Abends zufrieden. Shuden half ihr aus der Kutsche und wünschte ihr erschöpft eine gute Nacht, wobei er behauptete, froh zu sein, dass Ahan als Nächster an der Reihe sei, sie zu einem Ball mitzunehmen. »Eure Gesellschaft war reizend«, erklärte er, »aber ich kann einfach nicht mit Euch Schritt halten!«
Manchmal hatte Sarene Schwierigkeiten, mit sich selbst Schritt zu halten. Sie taumelte geradezu in den Palast, so schläfrig vor Müdigkeit und Wein, dass es ihr kaum gelang, die Augen offen zu halten.
In der Eingangshalle hallte lautes Rufen wider.
Sarene runzelte die Stirn und bog um eine Ecke, wo Mitglieder der königlichen Wache hin und her eilten, einander anbrüllten und auf diese Weise an ihren Nerven zerrten.
»Was ist denn hier los?«, fragte sie und hielt sich den Kopf.
»Diese Nacht ist jemand in den Palast eingedrungen«, erläuterte ein Wächter. »Hat sich geradewegs durch die königlichen Gemächer geschlichen.«
»Ist jemand verletzt?«, fragte Sarene, die auf einmal in Sorge war. Iadon und Eshen hatten das Fest Stunden vor Shuden und ihr verlassen.
»Domi sei Dank, nein«, sagte der Wächter. Dann wandte er sich zwei Soldaten zu: »Bringt die Prinzessin auf ihr Gemach und bezieht vor der Tür Wache!«, befahl er. »Gute Nacht, Eure Hoheit. Macht Euch keine Sorgen, sie sind längst fort.«
Sarene seufzte angesichts der Wächter, die herumschrieen und geschäftig hin und her eilten und deren Rüstungen und Waffen klirrten, während sie in regelmäßigen Abständen durch die Gänge hasteten. Sie bezweifelte, dass sie bei all dem Lärm eine gute Nacht haben würde, ganz egal, wie müde sie war.
Kapitel 15
    Nachts, wenn alles zu einheitlichem Schwarz verschmolz, konnte Hrathen beinahe die Pracht von Elantris erahnen. Als Silhouetten vor dem sternenbevölkerten Himmel warfen die heruntergekommenen Gebäude ihren Mantel der Verzweiflung ab und wurden zu Erinnerungen; Erinnerungen an eine Stadt, die mit Geschick und Sorgfalt erschaffen worden war, eine Stadt, in der jeder einzelne Stein ein kleines Kunstwerk war; Erinnerungen an Türme, die in den Himmel aufragten gleich Fingern, die die Sterne berührten, und an Kuppeln, die sich wie ehrwürdige Hügel inmitten des Stadtbildes erstreckten.

Aber es war alles nur eine Illusion. Unter der ganzen Erhabenheit waren nichts als Ruinen, eine ekelhafte Wunde, die nun offen klaffte. Wie leicht es doch war, Ketzereien zu verkennen, wenn sie golden glänzten. Wie einfach es gewesen war anzunehmen, dass äußerliche Stärke von innerer Rechtschaffenheit zeugte.
    »Träum weiter, Elantris«, flüsterte Hrathen und begann seinen Spaziergang oben auf der großen Mauer, die die Stadt umgab. »Erinnere dich an das, was du einst gewesen bist, und versuche, deine Sünden unter der Decke der Dunkelheit zu verbergen. Morgen wird die Sonne aufgehen, und erneut wird wieder alles offen zutage treten.«
    »Mylord? Habt Ihr etwas gesagt?«
Hrathen drehte sich um. Er hatte den Wächter mit dem schweren, an die Schulter gelehnten Speer und der fahlen, beinahe niedergebrannten Fackel kaum wahrgenommen, als dieser auf der Mauer an ihm
    vorübergegangen war.
»Nein. Ich habe nur etwas vor mich hin geflüstert.«
Der Wächter nickte und drehte weiter seine Runde. Allmählich waren sie an Hrathens Gegenwart
    gewöhnt. Im Laufe der Woche war er beinahe jede Nacht hergekommen und gedankenverloren auf der Mauer umhergewandert. Zwar war er heute aus einem besonderen Grund hier, aber auch sonst kam er des Nachts, einfach um allein zu sein

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