Elantris
wirklich nicht die leiseste Ahnung«, sagte Eventeo, der sich auf das Thema gern einließ. »Es muss etwas Großes sein. Im Norden und Süden werden immer mehr Grenzen dicht gemacht, sodass die teoischen Kaufleute nicht durchkommen, und unsere Botschafter verschwinden einer nach dem anderen. Ich stehe knapp davor, sie alle zurückzurufen.«
»Und deine Spione?«
»Verschwinden beinahe genauso schnell«, sagte ihr Vater. »Ich habe schon seit über einem Monat niemanden mehr nach Velding einschmuggeln können, und nur Domi weiß, was der Wyrn und die Gyorne dort für Ränke schmieden. Spione nach Fjorden zu senden ist derzeit beinahe das Gleiche, als würde man sie in den sicheren Tod schicken.«
»Aber du machst es trotzdem«, sagte Sarene leise, da sie nachvollziehen konnte, woher der traurige Unterton in der Stimme ihres Vaters rührte.
»Ich muss. Was wir herausfinden, könnte Tausenden das Leben retten, auch wenn es die Sache für mich nicht leichter macht. Ich wünschte nur, ich könnte jemanden nach Dakhor einschleusen.«
»In das Kloster?«
»Ja«, sagte Eventeo. »Wir wissen, wofür die anderen Klöster zuständig sind: In Rathbore werden Attentäter ausgebildet, in Fjeldor Spione, und in den meisten anderen einfache Krieger. Dakhor hingegen bereitet mir Kopfzerbrechen. Mir sind ein paar schreckliche Geschichten über dieses Kloster zu Ohren gekommen, und ich begreife einfach nicht, weshalb jemand - selbst ein Anhänger des derethischen Glaubens - so etwas tun würde.«
»Hat es den Anschein, als träfe Fjorden Kriegsvorbereitungen?«
»Schwer zu sagen. Es sieht nicht so aus, aber wer weiß das schon? Der Wyrn könnte quasi von heute auf morgen ein Heer aus mehreren Ländern zu uns schicken. Ein kleiner Trost ist, dass er meiner Meinung nach nicht weiß, dass uns das klar ist. Unglücklicherweise bringt mich dieses Wissen jedoch in eine schwierige Lage.«
»Was meinst du?«
Die Stimme ihres Vaters klang unschlüssig. »Sollte der Wyrn uns den heiligen Krieg erklären, bedeutet das das Ende Teods. Wir können dem vereinten Ansturm der Länder des Ostens unmöglich standhalten, Ene. Ich werde nicht mit ansehen, wie mein Volk abgeschlachtet wird.«
»Du würdest in Betracht ziehen zu kapitulieren?«, wollte Sarene empört wissen.
»Es ist die Pflicht eines Königs, sein Volk zu beschützen. Vor die Wahl gestellt, ob ich meine Untertanen lieber zu einem anderen Glauben übertreten oder sie umkommen lasse, würde ich mich wohl oder übel für die Konversion entscheiden müssen.«
»Dann hättest du genauso wenig Rückgrat wie die Jindos«, sagte Sarene.
»Das jindoesische Volk ist nicht dumm, Sarene.« Die Stimme ihres Vaters nahm eine nachdrückliche Note an. »Sie haben getan, was sie tun mussten, um zu überleben.«
»Aber das würde bedeuten, dass wir aufgeben!«
»Es würde bedeuten, dass wir tun, was wir tun müssen«, sagte ihr Vater. »Vorerst werde ich gar nichts tun. Solange noch zwei Länder übrig sind, besteht Hoffnung. Doch wenn Arelon fällt, werde ich kapitulieren müssen. Wir können nicht gegen die ganze Welt antreten, Ene, genauso wenig, wie ein einzelnes Sandkorn gegen den gesamten Ozean ankommt.«
»Aber ...« Sarenes Stimme verlor sich. Sie konnte nachvollziehen, in welcher Zwangslage sich ihr Vater befand. Fjorden auf dem Schlachtfeld gegenüberzutreten wäre völlig aussichtslos. Sich bekehren zu lassen oder zu sterben - beide Möglichkeiten waren schrecklich, aber der Glaubensübertritt war offensichtlich die logischere Wahl. Eine leise Stimme in ihrem Innern flüsterte ihr jedoch ein, dass es das wert war zu sterben, wenn man auf diese Weise bewies, dass die Wahrheit mächtiger war als militärische Gewalt.
Sie musste dafür sorgen, dass ihr Vater niemals vor diese Wahl gestellt würde. Wenn es ihr gelänge, Hrathen aufzuhalten, könnte sie vielleicht auch den Wyrn aufhalten. Zumindest eine Zeit lang.
»Ich bleibe auf jeden Fall hier, Vater«, erklärte sie.
»Ich weiß, Ene. Es wird gefährlich sein.«
»Das ist mir klar. Wenn Arelon allerdings tatsächlich fallen sollte, dann wäre ich wahrscheinlich ohnehin lieber tot, als mit ansehen zu müssen, was in Teod passiert.«
»Sei vorsichtig und behalte diesen Gyorn im Augen. Ach, und übrigens: Wenn du herausfinden solltest, warum der Wyrn Iadons Schiffe versenkt, lass es mich wissen.«
»Was?«, fragte Sarene bestürzt.
»Das wusstest du gar nicht?«
»Was wusste ich nicht?«
»König Iadon hat beinahe seine gesamte Handelsflotte
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