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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Figur einer Frau auf, die schon etliche Kinder zur Welt gebracht hatte und daran gewöhnt war, einen Haushalt zu führen. Eine Mutter, keine Maid. Die stark ausgeprägten Linien in ihrem Gesicht zeugten von hart erworbenem Wissen und Mut; und irgendwie machte dieser Umstand es so schwer, ihr zuzusehen. Wenn sich eine solche Frau von Elantris besiegen ließ, welche Hoffnung gab es dann für Raoden?
»Ich habe dir doch gesagt, dass sie eine gute Wahl getroffen hat«, fuhr Galladon fort. »Sie mag um ein paar Pfund Nahrung erleichtert worden sein, aber sie ist unverletzt. Wenn sie sich hingegen nach rechts gewandt hätte - wie du es getan hast, Sule - wäre sie Shaors Männern auf Gedeih und Verderb ausgeliefert gewesen. Wenn sie geradeaus gegangen wäre, hätte Aanden ein Anrecht auf ihre Opfergaben gehabt. Links abzubiegen ist definitiv am besten. Karatas Männer nehmen dir zwar deine Nahrungsmittel ab, aber sie tun dir nur in seltenen Fällen weh. Es ist besser, Hunger zu leiden, als die nächsten paar Jahre mit einem gebrochenen Arm herumzulaufen.«
»Die nächsten paar Jahre?«, fragte Raoden, der sich von dem Platz abwandte, um seinen großen, dunkelhäutigen Begleiter anzusehen. »Du hast doch gesagt, unsere Verletzungen würden uns bis in alle Ewigkeit bleiben.«
»Das nehmen wir nur an, Sule. Zeige mir einen Elantrier, der vor Ablauf der Ewigkeit nicht den Verstand verloren hat, dann können wir die Theorie vielleicht beweisen.«
»Wie lange halten die Leute hier drinnen für gewöhnlich durch?«
»Ein Jahr, vielleicht zwei«, sagte Galladon.
»Was?«
»Hast wohl geglaubt, wir seien unsterblich, was? Bloß weil wir nicht altern, sollen wir für immer existieren?«
»Ich weiß nicht«, entgegnete Raoden. »Ich dachte, du hast gesagt, wir können nicht sterben.«
»Können wir auch nicht«, erwiderte Galladon. »Aber die Schnitte, die Blutergüsse, die geprellten Zehen ... das summiert sich. Irgendwann kann man einfach nicht mehr.«
»Sie bringen sich um?«, wollte Raoden leise wissen.
»Das geht nicht. Nein, die meisten liegen herum und murmeln oder schreien vor sich hin. Die armen Rulos.«
»Wie lange bist du denn schon hier?«
»Ein paar Monate.«
Diese Erkenntnis war ein Schock für Raoden, wenn auch bei Weitem nicht der erste, der ihn hier in Elantris ereilt hatte. Er war davon ausgegangen, dass Galladon mindestens schon ein paar Jahre Elantrier war. Der Dula sprach von seinem Leben in Elantris, als sei er hier bereits seit Jahrzehnten zuhause, und sein Geschick, sich in der gewaltigen Stadt zurechtzufinden, war beeindruckend.
Raoden blickte zu dem Platz zurück, doch die Frau war bereits verschwunden. Vielleicht war sie eine Dienstmagd im Palast seines Vaters gewesen oder die Gattin eines reichen Kaufmanns oder eine einfache Hausfrau. Die Shaod achtete nicht auf Klassenzugehörigkeit, sondern schlug in sämtlichen Schichten gleichermaßen zu. Nun war die Frau verschwunden und hatte den gähnenden Höllenschlund Elantris betreten. Er hätte ihr irgendwie helfen müssen!
»All das für einen einzigen Brotlaib und ein bisschen welkes Gemüse«, murmelte Raoden.
»Jetzt kommt es dir vielleicht noch nicht wie viel vor, aber warte mal ein paar Tage ab. Die einzige Nahrung, die an diesen Ort gelangt, stammt von den Neuankömmlingen. Warte nur, Sule. Du wirst das Verlangen schon auch noch spüren. Man muss wahrlich ein starker Mann sein, um dem Ruf des Hungers zu widerstehen.«
»Dir gelingt es«, gab Raoden zu bedenken.
»Nicht sonderlich gut. Außerdem bin ich erst seit ein paar Monaten hier. Unmöglich zu sagen, zu welchen Untaten der Hunger mich in einem Jahr treiben wird.«
Raoden stieß ein Schnauben aus. »Warte aber wenigstens den Ablauf meiner dreißig Tage ab, bevor du zu einem primitiven Untier wirst, wenn es dir nichts ausmacht. Ich würde mich sehr ärgern, wenn ich das Gefühl hätte, mein Stück Rindfleisch zum Fenster hinausgeworfen zu haben.«
Einen Augenblick hielt Galladon inne, dann lachte er. »Macht dir denn gar nichts Angst, Sule?«
»Im Grunde macht mir hier so ziemlich alles Angst. Ich bin bloß gut darin, den Umstand zu ignorieren, dass ich völlig verängstigt bin. Sollte mir jemals klar werden, wie verängstigt ich bin, wirst du mich wahrscheinlich dort hinten in der Ecke finden, wie ich gerade versuche, mich unter den Pflastersteinen zu verkriechen. Nun erzähl mir aber mehr von diesen Banden.«
Galladon zuckte mit den Schultern, trat von der kaputten Tür zurück und zog einen Stuhl

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