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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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von der Wand. Er betrachtete die Stuhlbeine mit kritischem Blick und setzte sich dann vorsichtig. Es gelang ihm gerade noch, sich wieder aufzurichten, als die Holzbeine unter seinem Gewicht zerbarsten. Angewidert schleuderte er den Stuhl fort und ließ sich auf dem Boden nieder.
»Es gibt drei Bezirke in Elantris, Sule, und drei Banden. Der Marktbezirk wird von Shaor beherrscht. Du bist gestern ein paar von seinen Höflingen begegnet, auch wenn sie zu sehr damit beschäftigt waren, den Dreck von deinen Opfergaben zu lecken, um sich vorzustellen. Im Palastbezirk trifft man Karata an; sie ist diejenige, die die Frau heute auf so höfliche Weise um ihr Essen erleichtert hat. Als Letztes ist da noch Aanden. Er verbringt den Großteil seiner Zeit im Universitätsbezirk.«
»Ein Gelehrter?«
»Nein, ein Opportunist. Er war der Erste, dem in den Sinn kam, dass viele ältere Texte in der Bibliothek auf tierischem Pergament stehen. Die Klassiker von gestern sind zum Mittagessen von morgen geworden. Kolo?«
»Idos Domi!«, fluchte Raoden. »Das ist grauenhaft! Die alten Schriftrollen von Elantris sollen unzählige Originale umfassen. Sie sind von unschätzbarem Wert!«
Galladon bedachte ihn mit einem gequälten Blick. »Sule, muss ich meine Predigt über das Hungern wiederholen? Was bringt schon Literatur, wenn dein Bauch so wehtut, dass dir die Tränen in die Augen steigen?«
»Das ist doch kein Argument! Zweihundert Jahre alte Lammlederrollen schmecken gewiss nicht berauschend.«
Galladon zuckte mit den Achseln. »Besser als Dreck. Jedenfalls sind Aanden vor ein paar Monaten die Schriftrollen ausgegangen. Sie haben versucht, Bücher zu kochen, aber das hat nicht sonderlich gut funktioniert.«
»Es überrascht mich ja, dass sie nicht versucht haben, einander zu kochen.«
»Oh, das ist auch schon versucht worden«, sagte Galladon. »Glücklicherweise geschieht während der Shaod etwas mit uns - anscheinend schmeckt das Fleisch eines Toten nicht allzu gut. Ja, es ist so schrecklich bitter, dass es niemand bei sich behalten kann.«
»Es ist reizend, dass die Alternative des Kannibalismus auf so logische Weise ausgeschlossen worden ist«, versetzte Raoden trocken.
»Ich habe es dir doch gesagt, Sule. Der Hunger treibt die Menschen zu den eigenartigsten Dingen.«
»Und das rechtfertigt es?«
Klug wie er war, antwortete Galladon nicht.
Raoden fuhr fort: »Du sprichst von Hunger und Schmerz, als seien das Gewalten, denen man nicht standhalten könnte. Alles ist gerechtfertigt, solange einen der Hunger dazu getrieben hat - man nehme uns unsere Behaglichkeit, und schon werden wir zu Tieren.«
Galladon schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Sule, aber so laufen die Dinge nun einmal.«
»Nicht unbedingt.«
Zehn Jahre waren keine derart lange Zeit. Trotz Arelons schwüler Luftfeuchtigkeit hätte es länger dauern müssen, bis die Stadt derart verfallen war. Elantris sah aus, als sei es vor Jahrhunderten verlassen worden. Das Holz verrottete, Mörtel und Ziegelsteine zerfielen - selbst steinerne Gebäude fingen schon zu zerbröckeln an. Und alles wurde von der allgegenwärtigen dunklen Schmutzschicht überzogen.
Langsam gewöhnte Raoden sich daran, auf dem glitschigen, unebenen Kopfsteinpflaster zu gehen. Er versuchte sich von dem Schmutz rein zu halten, was sich jedoch als unmögliches Unterfangen erwies. Jede Mauer, an der er entlangstrich, und jede Kante, an der er sich festhielt, hinterließen ihre Spuren.
Die beiden Männer schlenderten langsam eine breite Straße entlang; diese Hauptverkehrsader war viel größer als jede vergleichbare Straße in Kae. Elantris war nach gewaltigen Maßstäben erbaut worden, und während die Größe schon von draußen einschüchternd gewirkt hatte, dämmerte es Raoden erst jetzt, wie riesig die Stadt tatsächlich war. Galladon und er waren nun schon stundenlang unterwegs, und laut dem Dula befanden sie sich immer noch ein gutes Stück von ihrem Ziel entfernt.
Doch die beiden beeilten sich nicht. Das war eine der ersten Lektionen, die Galladon ihm erteilt hatte: In Elantris nahm man sich Zeit. Sämtliche Handlungen des Dulas erfolgten mit äußerster Präzision, seine Bewegungen waren entspannt und besonnen. Der leichteste Kratzer, egal wie geringfügig er sein mochte, vergrößerte die Schmerzen eines Elantriers. Je umsichtiger man war, desto länger würde man nicht den Verstand verlieren. Also folgte Raoden Galladon und versuchte, dessen wohlbedachten Gang nachzuahmen. Jedes Mal, wenn Raoden das

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