Elantris
fremden Sprache. Fjordellisch.
Etwas Dunkles, Großes prallte gegen das Ungeheuer und warf es zurück. Zwei Gestalten kämpften im Dunkeln. Das Wesen heulte auf, aber der Neuankömmling brüllte noch lauter. Benommen richtete Sarene sich auf und beobachtete die dunklen Gestalten. Ein sich näherndes Licht zeigte bald, um wen es sich handelte. Den Krieger mit dem nackten Oberkörper zu sehen, hatte sie erwartet. Den anderen nicht.
»Kiin?«, fragte Sarene.
Ihr Onkel hielt eine gewaltige Axt, so groß wie der Brustkorb eines Mannes. Er ließ sie dem Wesen in den Rücken sausen, als es sich über die Steine schlängelte und nach seinem Schwert griff. Das Wesen fluchte unter Schmerzen auf, obwohl die Axt sich nicht sonderlich tief in das Fleisch grub. Kiin stemmte die Waffe aus der Wunde, holte dann zu einem mächtigen Schlag aus und traf den Dämon mitten ins Gesicht.
Das Geschöpf stieß ein Ächzen aus, bewegte sich aber weiter. Kiin ebenfalls. Er schlug wieder und wieder zu und hackte pausenlos auf den Kopf des Ungeheuers ein, während er mit seiner krächzenden Stimme teoische Schlachtrufe ausstieß. Knochen wurden hörbar zermalmt, und letzten Endes blieb das Wesen reglos liegen.
Als Sarene etwas am Arm berührte, schrie sie auf. Lukel kniete neben ihr und hob seine Laterne. »Komm schon!«, drängte er. Er packte sie an der Hand und zog sie auf die Beine.
Die beiden legten laufend die kurze Strecke bis zu Kiins Anwesen zurück. Sarenes Onkel kam schwerfällig hinter ihnen her. Sie stießen die Türflügel auf und stolperten dann in die Küche, wo eine verängstigte Gruppe auf ihre Rückkehr wartete. Daora stürzte auf ihren Ehemann zu, als Lukel die Tür zudonnerte.
»Lukel, bring den Eingang zum Einsturz!«, befahl Kiin.
Lukel gehorchte. Er betätigte den Hebel, den Sarene immer für eine Fackelhalterung gehalten hatte. Einen Augenblick später ertönte gewaltiges Krachen vom Eingang her, und Staub quoll durch die Küchentür.
Sarene ließ sich in einen Stuhl sinken und starrte in den stillen Raum. Shuden war dort, und es war ihm gelungen, Torena zu finden, die leise in seinen Armen schluchzte. Daorn, Kaise und Adien kauerten zusammen mit Lukeis Frau in einer Ecke. Raoden war nicht da.
»Was ... was sind diese ... Geschöpfe?«, fragte Sarene, die zu Lukel emporblickte.
Ihr Cousin schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Der Angriff hat erst vor Kurzem begonnen, und wir haben uns Sorgen gemacht, dass dir etwas zugestoßen sein könnte. Wir haben draußen gewartet. Bloß gut, dass Vater deine Kutsche am Fuß des Hügels entdeckt hat.«
Sarene nickte. Sie war immer noch ein wenig benommen.
Kiin stand da, seine Frau in einem Arm, und blickte auf die blutverschmierte Axt in seiner anderen Hand hinab. »Ich hatte geschworen, nie wieder zu dieser verfluchten Waffe zu greifen«, flüsterte er.
Daora tätschelte ihrem Mann die Schulter. Obwohl Sarene noch unter Schock stand, erkannte sie die Axt wieder. Sie hatte immer zusammen mit anderen Andenken an Kiins Reisen an der Küchenwand gehangen. Doch er hatte die Waffe soeben mit einigem Geschick geführt. Bei der Axt handelte es sich, anders als sie bisher angenommen hatte, nicht um ein reines Schmuckstück. Sarene betrachtete die Klinge genauer und konnte Einkerbungen und Kratzer erkennen. In den Stahl war ein Wappenaon eingeätzt: das Aon Reo. Das Zeichen für »Strafe«.
»Warum sollte ein Kaufmann mit so einem Ding umgehen können?«, fragte Sarene, beinahe sich selbst.
Kiin schüttelte den Kopf. »Kein Kaufmann.«
Sarene wusste nur von einem einzigen Menschen, der das Aon Reo benutzt hatte, auch wenn es sich mehr um einen Mythos als um einen Mann handelte. »Sie nannten ihn Dreok«, flüsterte sie. »Es war der Pirat Dreok der Eiserne.«
»Das ist schon immer falsch gewesen«, sagte Kiin mit seiner krächzenden Stimme. »Der richtige Name lautete Dreok der Heisere.«
»Er hat versucht, meinem Vater den Thron von Teod zu rauben«, sagte Sarene und blickte empor in Kiins Augen.
»Nein.« Kiin wandte sich ab. »Dreok hat lediglich gewollt, was ihm zustand. Er hat versucht, sich den Thron zurückzuholen, den sein jüngerer Bruder Eventeo gestohlen hatte - den er Dreok unter der Nase weggestohlen hatte, während der sein Leben töricht auf Lustreisen vergeudete.«
Dilaf marschierte in die Kapelle, das Gesicht heiter und zufrieden. Einer seiner Mönche ließ den bewusstlosen Raoden in der Nähe der gegenüberliegenden Wand zu Boden fallen.
»So, mein lieber Hrathen«,
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