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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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die Liebe in ihren Augen sehen. Konnte diese törichte Verehrung tatsächlich ernst gemeint sein? Woher war dieser Mann so plötzlich gekommen? Und wie war es ihm gelungen, Sarene, die normalerweise so scharfsichtig war, für sich einzunehmen?
    Wie dem auch sei, offenkundig hatte sie ihm ihr Herz geschenkt. Hrathen wusste, dass seine Eifersucht logisch betrachtet töricht war. Seine eigene Beziehung zu dem Mädchen hatte auf Gegnerschaft beruht, nicht Zuneigung. Warum sollte er auf einen anderen Mann eifersüchtig sein? Nein, Hrathen musste einen klaren Kopf behalten. Es blieb nur ein Monat, bis die vereinten derethischen Heere Arelon überfluten und die Menschen abschlachten würden - Sarene eingeschlossen. Hrathen musste schnell vorgehen, wenn er einen Weg finden wollte, um das Königreich in so kurzer Zeit zu bekehren.
    Hrathen ließ sich zurückfallen, als Raoden mit der Krönungszeremonie begann. Schon so mancher Monarch hatte als ersten königlichen Erlass die Einkerkerung seiner Feinde angeordnet, und Hrathen wollte den Hochstapler durch seine Anwesenheit lieber nicht auf falsche Gedanken bringen.
    Allerdings stand er weit genug vorn, um die Verwandlung mit anzusehen. Der Anblick stürzte Hrathen in Verwirrung. Die Shaod erfolgte plötzlich, aber nicht derart plötzlich! Die seltsamen Umstände zwangen ihn dazu, seine Annahmen zu überdenken. Was wenn Raoden gar nicht gestorben war? Was wenn er sich die ganze Zeit über in Elantris versteckt gehalten hätte? Hrathen hatte einen Weg gefunden, um vorzutäuschen, Elantrier zu sein. Was wenn dieser Mann das Gleiche getan hatte?
Die Verwandlung schockierte Hrathen, doch sein Entsetzen war noch größer, als die Adeligen Arelons keinen Widerstand leisteten. Sarene hielt ihre Rede, und die Leute standen bloß wie gelähmt da. Sie hinderten die Prinzessin nicht daran, den elantrischen König zu krönen.
    Hrathen war übel. Er wandte sich ab und bemerkte zufällig, wie Dilaf aus der Menge schlüpfte. Hrathen folgte ihm. Zum ersten Mal teilte er Dilafs Abscheu. Es überraschte ihn, dass sich die Bewohner von Arelon derart unlogisch verhielten.
    In dem Augenblick sah Hrathen seinen Irrtum ein. Dilaf hatte recht gehabt: Wenn Hrathen sich mehr auf Elantris konzentriert hätte, wären die Leute zu angewidert gewesen, um Raoden die Königswürde zu gewähren. Hrathen hatte es versäumt, seinen Gefolgsleuten einen echten Sinn für Jaddeths heiligen Willen einzuflößen. Um Menschen zu bekehren, hatte er sich nicht von der Doktrin leiten lassen, sondern davon, was beim Volk Anklang fand. Das Ergebnis war eine wankelmütige Gemeinde, die genauso schnell wieder auf den alten Pfaden wandelte, wie sie sie verlassen hatte.
    Es ist diese verfluchte Frist!, dachte Hrathen auf dem Weg durch Kaes abendliche Straßen, in denen es schnell dunkler wurde. Drei Monate waren nicht genug Zeit, um eine feste Gefolgschaft aufzubauen.
Vor ihm bog Dilaf in eine Seitenstraße ein. Hrathen hielt inne. Das war nicht der Weg zur Kapelle, sondern der Weg in die Stadtmitte. Hrathens Neugier siegte über seine grüblerische Stimmung; er bog ebenfalls ab und folgte dem Artethen. Allerdings blieb er so weit zurück, dass das metallene Klirren, das seine gepanzerten Füße auf dem Kopfsteinpflaster verursachten, ihn nicht verraten würde. Er hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Der Arteth schritt fest entschlossen durch die immer schwärzer werdende hereinbrechende Nacht und drehte sich kein einziges Mal um. Kapitel 58

Große Teile des Marktplatzes lagen bereits im Schutz der Dunkelheit da. In dem düsteren Licht verlor Hrathen Dilaf aus den Augen. Er blieb stehen und ließ den Blick über die stillen Zelte schweifen.
    Auf einmal tauchten um ihn her Lichter auf.
Wohl hundert Fackeln loderten zwischen den zahlreichen Zelten auf. Hrathen runzelte die Stirn. Dann riss er die Augen weit auf angesichts der Männer, die aus den Zelten strömten. Ihre bloßen Rücken glänzten im Schein der Fackeln.
Entsetzt taumelte Hrathen zurück. Er kannte diese entstellten Gestalten. Arme wie knorrige Baumäste. Straff gespannte Haut über eigenartigen Wülsten und unsagbaren Symbolen.
Mitten in der stillen Nacht heulten Erinnerungen in Hrathens Ohren. Die Zelte und Kaufleute waren eine List gewesen. Deshalb waren so viele Fjordeller trotz des politischen Chaos auf den Areloner Markt gekommen, und deshalb waren sie geblieben, als andere längst abgereist waren. Es waren gar keine Kaufleute, sondern Krieger. Die

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